Kanzlerwahl von Friedrich Merz: So läuft die Abstimmung ab
CDU-Chef Friedrich Merz will sich am Dienstag im Bundestag zum zehnten Bundeskanzler wählen lassen. Er rechnet damit, dass ihm das im ersten Wahlgang gelingt. Danach werden die Bundesminister vereidigt.
Die Bildung einer neuen Bundesregierung von CDU, CSU und SPD soll am Dienstag abgeschlossen werden – genau ein halbes Jahr nach dem Bruch der Ampel-Koalition. Im Bundestag beginnt um 9 Uhr die Sitzung, in der CDU-Chef Friedrich Merz sich für das Amt des Bundeskanzlers zur Wahl stellt.
Das Polster der schwarz-roten Koalition zur erforderlichen „Kanzlermehrheit“ von 316 Stimmen ist, mit zwölf Stimmen recht dünn. Dennoch haben sich sowohl Merz als auch der SPD-Chef und designierte Vizekanzler Lars Klingbeil zuversichtlich gezeigt, dass nichts mehr schiefgehen kann.
Union und SPD vollzählig bei Kanzlerwahl von Friedrich Merz
Alle 208 Unionsabgeordneten und die 120 Abgeordneten der SPD sollen anwesend sein, wie die Deutsche Presseagentur (dpa) berichtet. Nach einem Zählappell teilte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger (CDU), nach Angaben von Sitzungsteilnehmern mit, die Union sei vollzählig. Auch die SPD-Fraktion war beim Zählappell vor der Bundestagssitzung vollzählig.
Merz hatte deutlich gemacht, dass er mit einer Wahl zum Kanzler im ersten Wahlgang rechnet. Der CDU-Vorsitzende muss mindestens die Stimmen der Mehrheit der Bundestagsmitglieder erhalten – das sind bei 630 Abgeordneten mindestens 316. CDU/CSU (208) und SPD (120) verfügen zusammen über 328 Mandate, also nur über zwölf mehr, als sie unbedingt brauchen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ernennt am Dienstag Bundesminister
Sollte es im ersten Anlauf entgegen allen Erwartungen nicht klappen, wären weitere Wahlgänge möglich. Läuft alles wie geplant, werden Merz und seine 17 Bundesministerinnen und -minister bis zum Nachmittag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nacheinander ernannt und im Bundestag vereidigt. Deutschland hat dann wieder eine Regierung, die eine Mehrheit im Bundestag hinter sich hat und voll handlungsfähig ist.
Erste Kabinettssitzung im Bundestag mit Streichliste für Beauftragte
Die erste Kabinettssitzung soll bereits am Abend stattfinden (18 Uhr). Zum Auftakt will Schwarz-Rot ein erstes Versprechen aus dem Koalitionsvertrag einlösen: die drastische Kürzung der Sonderbeauftragten, Beauftragten und Koordinatoren.
Nach der Beschlussvorlage, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, sollen 25 dieser Posten gestrichen werden. Zuerst hatten „Politico“ und die „Süddeutsche Zeitung“ darüber berichtet. Auf der Streichliste stehen unter anderem die Beauftragten für die Meere, den Radverkehr, die feministische Außenpolitik, die „Planung der Zeitenwende“ und für die internationale Klimapolitik.
Alexander Dobrindt will sofort Grenzkontrollen verschärfen
Deutlich mehr Aufmerksamkeit wird bekommen, was der designierte Innenminister Alexander Dobrindt zur Eindämmung der irregulären Migration angekündigt hat. „Die ersten Entscheidungen werden nach Amtsantritt an diesem Mittwoch getroffen. Dazu werden die Grenzkontrollen hochgefahren und die Zurückweisungen gesteigert“, hat der CSU-Politiker in der „Bild am Sonntag“ angekündigt.
Am selben Tag absolviert Merz seine ersten Antrittsbesuche in den Nachbarländern Frankreich und Polen. Warschau ist alles andere als begeistert von den deutschen Plänen zur Kontrolle der Grenzen. Das dürfte Thema beim Treffen von Merz mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk sein.
Amtsübergabe im Kanzleramt für Dienstagnachmittag geplant
Die Amtsübergabe im Kanzleramt ist für Dienstagnachmittag geplant – unmittelbar nach der Vereidigung des Kabinetts. Der scheidende Kanzler Olaf Scholz war dann 1.245 Tage im Amt. Am Montagabend wurde er auf dem Paradeplatz des Verteidigungsministeriums von der Bundeswehr in Anwesenheit von Merz mit einem großen Zapfenstreich verabschiedet. Das Stabsmusikkorps spielte zum Abschied Beatles, Bach und den Soul-Klassiker „Respect“ für den 66-jährigen SPD-Politiker.
Auf der Tribüne saßen neben seiner Frau Britta Ernst viele Weggefährten seiner drei Regierungsjahre. Einer fehlte aber. Der frühere Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner, den Scholz im erbittert geführten Ampel-Streit über den Haushalt entlassen hatte, blieb der Abschiedszeremonie fern. „Meine Abwesenheit hat keinen politischen Hintergrund. Heute Abend gehen väterliche Pflichten vor“, schrieb er auf X zur Begründung.
„Keineswegs normal“: Olaf Scholz äußert sich zur Machtübergabe an Friedrich Merz
Den unmittelbar bevorstehenden Regierungswechsel nannte Scholz in seiner Rede einen „Ausdruck demokratischer Normalität“. Es sei in diesen Zeiten „keineswegs normal, dass sich ein solcher Wechsel so zivilisiert, so kollegial und so anständig vollzieht, wie wir das in diesen Tagen hier in Deutschland erleben“, sagte er.
Scholz wird nun vom Kanzleramt auf die Hinterbank des Bundestags wechseln und will dort als direkt gewählter Abgeordneter in seinem Wahlkreis Potsdam auch die ganze Legislaturperiode bleiben.
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