Wieso haben es die Klimaaktivisten aufs Rollfeld des Frankfurter Flughafens geschafft?
Am Donnerstagmorgen hat die "Letzte Generation" den Frankfurter Flughafen kurzzeitig blockiert. Warum die Aktivisten drei Zäune überwinden konnten und was dagegen getan werden soll.
Für ihre Blockade-Aktion am Donnerstag, 25. Juli, sind die Aktivisten der "Letzten Generation" früh aufgestanden. Um kurz vor 5 Uhr schnitten sie am Frankfurter Flughafen Löcher in drei Zäune, gelangten aufs Rollfeld und klebten sich auf mehreren Zufahrten zu den Startbahnen fest.
Die Aktion hat eine erneute Diskussion um die Sicherheit deutscher Flughäfen ausgelöst. Wie konnten die Aktivisten die Zäune so einfach überwinden? Und warum wurden sie nicht gestoppt, bevor sie sich festkleben konnten?
Klimaaktivisten der "Letzten Generation" blockieren Flughafen Frankfurt – Polizei zieht Bilanz
Diese Fragen sind nicht einfach zu beantworten, schon allein deshalb, weil mehrere Stellen und Behörden zuständig sind. Das Flughafengelände selbst muss der Betreiber sichern, in diesem Fall die Fraport AG. Klappt das nicht, wird die Bundespolizei alarmiert, um Eindringlinge dingfest zu machen.

Das wiederum hat aus Sicht von Jörg Martienßen am frühen Donnerstagmorgen gut geklappt. Er ist Polizeihauptkommissar bei der Bundespolizei und zuständiger Sprecher für den Frankfurter Flughafen. Laut Martienßen seien die Aktivisten um kurz vor 5 Uhr auf das Flughafengelände eingedrungen, wenig später, "gegen 5 Uhr" sei die Bundespolizei alarmiert gewesen. Anfangs sei jedoch noch nicht klar gewesen, wie viele Aktivisten aufs Rollfeld gelangt sind, das sei erst im Laufe des Tages festgestellt worden.
Blockaden der "Letzten Generation" am Flughafen Frankfurt: Was die Klimaaktivisten bewirken wollen
Dennoch: Erst mal festgeklebt, hatten die Klimaaktivisten einiges an Zeit. So etwa Joel Schmitt, der auf der Plattform X einen Videoblog veröffentlicht hat, in dem er seelenruhig über seine Situation spricht. "Ich werde wahrscheinlich gleich irgendwie gelöst, dann wird mich die Polizei mitnehmen... Das ist jetzt alles auch nicht angenehm", erzählt er mit ruhiger Stimme, während im Hintergrund Polizisten stehen.
Ähnliche Videos haben auch andere Aktivisten hochgeladen. Mit ihrer Aktion will die "Letzte Generation" nach eigenen Angaben einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen erreichen und auf die Klimaschäden aufmerksam machen, die durchs Fliegen entstehen.
Aktion der "Letzten Generation" am Flughafen – Aktivisten müssen abgelöst werden
Martienßen verteidigt das Vorgehen beim Ablösen der festgeklebten Aktivisten. "Ich muss dort mit Lösungsmittel, aber oftmals auch mit Werkzeug wie Hammer und Meißel arbeiten." Wichtigstes Ziel sei, die Personen nicht zu verletzen. "Deswegen dauert es ein wenig, bis so jemand gelöst ist", sagt Martienßen. "Wir gehen da mit Bedacht vor." Um 10.15 Uhr sei die letzte Person vom Asphalt getrennt worden.
Dass es so schnell ging, liegt laut dem Polizeihauptkommissar daran, dass die Bundespolizei sich auf Flughafen-Blockaden vorbereitet hat. Man habe etwa die neueste Pressekonferenz der "Letzten Generation" "sehr aufmerksam" verfolgt. "Es war klar, dass weitere Flughafenaktionen passieren."
Geübte Einsatzkräfte am Flughafen: Vorgehen gegen Klimakleber
Bereits im vergangenen Jahr hat die Bundespolizei außerdem eine große Übung gemacht, gemeinsam mit dem Flughafen-Betreiber, der Feuerwehr und der Landespolizei. Dabei sei genau das, was am Donnerstag passiert ist, simuliert worden, unter anderem auch, wie man die Klimakleber ablöst. "Ich bin froh, dass wir diese Übung durchgeführt haben. Dabei haben wir wichtige Erfahrungen gesammelt."
Ohne die Großübung hätte eine Blockade den Flughafen laut Martienßen "sicherlich" für längere Zeit lahmgelegt. Kurz nach 7 Uhr sei die erste Landebahn wieder freigegeben worden, um 7.50 Uhr sei das für die restlichen Landebahnen passiert. "Das ist verhältnismäßig schnell dafür, dass sich sieben Menschen auf dem Vorfeld festgeklebt haben."
Frankfurter Flughafen nennt keine Details zu Sicherheitsmaßnahmen
Ähnlich sieht es ein Sprecher des Flughafenbetreibers Fraport. Die 30 Kilometer Zaun würden durch technische Maßnahmen gesichert, per Kamera überwacht und es gebe Streifen, die das Gelände ablaufen. Der Fokus liege darauf, den Flugbetrieb schnell einzustellen und die Eindringlinge schnell zu fassen, damit niemand verletzt wird, betont der Sprecher. "Das ist gestern geschehen." Die Alarmketten hätten funktioniert. "Natürlich sind wir in ständigem Austausch mit den Sicherheitsbehörden." Genaue Details zu den Sicherheitsmaßnahmen nenne man nicht.
Faeser will Gefängnisstrafe für Flughafen-Eindringlinge
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die Blockade-Aktion als „gefährlich, dumm und kriminell“ bezeichnet. „Wer Landebahnen blockiert, riskiert nicht nur sein eigenes Leben, sondern gefährdet auch andere und schadet allen Reisenden“, schreibt sie auf der Plattform X. Solche Taten müssten härter bestraft werden.
Erst kürzlich hatte die Bundesregierung beschlossen, das Eindringen auf ein Flughafengelände als Straftat zu werten und mit einer Gefängnisstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe zu belegen. Bisher ist nur ein Bußgeld fällig.
Aber auch auf die Flughafen-Betreiber dürften schärfere Sicherheitsvorschriften zukommen. "Es wird demnächst tatsächliche Standards für die Betreiber kritischer Infrastruktur geben", kündigte Faeser vergangene Woche an. "Dazu gehören auch die Flughäfen, und das wird auch zu einer besonderen Sicherheit der Flughäfen weiterhin führen."
Flughäfen stemmten sich gegen mehr Schutz – Rechtsverordnung soll sie zwingen
Das Bundesinnenministerium konkretisiert das auf Anfrage unserer Redaktion. Aktuell werde der Schutzstandard an Flughäfen für "nicht ausreichend erachtet". Die Zaunanlagen müssten mit modernen Signal- und Videoanlagen ausgestattet werden. "Ziel ist, das Eindringen auf das Flughafengelände zu erschweren und eine unverzügliche Intervention sicherzustellen."
Eigentlich wollte die Innenministerin mit den Flughäfen einen Deal aushandeln. Sie sollten sich selbst dazu bereiterklären, Schutzmaßnahmen hochzufahren. Das sei allerdings "am Widerstand von zwei deutschen Großflughäfen" gescheitert, heißt es aus dem Ministerium. Deshalb will Faeser die Flughäfen nun per Rechtsverordnung zwingen, Zäune und Zufahrten besser zu sichern.
Meterhohe Stahlzäune gibt es in Frankfurt schon, aber nicht überall
Nach einem Bericht des "Hessischen Rundfunks" tut sich in dieser Hinsicht bereits etwas. So gebe es am Frankfurter Flughafen an einigen Stellen bereits neuartige Stahlzäune, die mehrere Meter hoch sind und quasi nicht durchtrennt werden können. Sie sollen laut dem Bericht schrittweise um den gesamten Flughafen herum angebracht werden.
Es gebe jedoch noch immer Stellen, die nur mit einfachen Zäunen geschützt werden. Dort habe die "Letzte Generation" nur eine kleine Kneifzange gebraucht, um auf das Flughafengelände zu kommen. Wegen des Vorfalls wurden rund 250 Flüge gestrichen, es gab zahlreiche Verspätungen.
Keine Auswirkung auf Flugbetrieb bei Protest-Aktion in Stuttgart
Am selben Tag machten Klimaaktivisten der "Letzten Generation" auch in Stuttgart auf sich aufmerksam: Mehrere Aktivisten protestierten im Abfertigungsgebäude des Stuttgarter Flughafens, indem sie auf Ticketschalter kletterten und Banner aufhängten. Auswirkungen auf den Flugbetrieb gab es nicht. Der Fall ist anders gelagert als der Protest in Frankfurt: Das Flughafenterminal kann von jedermann betreten werden.



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