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Kanzlerschaft endet mit SPD-Niederlage: Bitterer Wahlausgang für Olaf Scholz

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Er wollte unbedingt selbst noch einmal antreten. Jetzt hat Bundeskanzler Olaf Scholz der SPD eine katastrophale Niederlage bei der Bundestagswahl beschert.

Von Tobias Peter

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Es müssen bittere Minuten für Olaf Scholz sein. Als um 18 Uhr die erste Prognose am Wahlabend über die Bildschirme flimmert, herrscht Stille im Atrium des Willy-Brandt-Hauses, wo jetzt eigentlich so etwas wie eine Wahlparty sein sollte. Für Scholz gibt es jetzt endgültige Gewissheit: Er hat diese Bundestagswahlverloren. Und das, obwohl er bis zuletzt mit größtem Einsatz gekämpft hat, um den lange anhaltenden Trend gegen die SPD zu drehen.

Historisch schlechtes Ergebnis für SPD bei Bundestagswahl 2025 zum Ende der Amtszeit von Olaf Scholz

Die Kanzlerschaft des Olaf Scholz steht damit – nach nur dreieinhalb Jahren – vor ihrem Ende. Im Jahr 2021 hatte der nüchterne Hamburger es als vierter Sozialdemokrat in der Geschichte der Republik überraschend ins Kanzleramt geschafft: nach Willy Brandt, Helmut Schmidt und Gerhard Schröder. Die Wahlniederlage des heute 66-Jährigen am 23. Februar 2025 kam jedoch weniger überraschend. Scholz muss sich in der Geschichte jetzt einreihen bei den Kurzzeitkanzlern Ludwig Erhard und Kurt Georg Kiesinger.

Scholz leidet nicht an zu geringem Selbstbewusstsein. Er hält sich immer für etwas klüger und besser als andere. Für ihn ist diese Abwahl also die Höchststrafe. Für die SPD ist es ein historisch schlechtes Ergebnis.

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SPD verliert in Bundestagswahl: Kostete Ampel-Bruch Olaf Scholz die neue Kanzlerschaft?

Dass es schwer werden würde, hatten sie bei der SPD von Anfang an gewusst. Der Novemberabend, an dem Scholz Finanzminister Christian Lindner entließ und damit die Koalition mit der FDP beendet, war zwar einer, an dem der Kanzler kraftvoll auftrat. „Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen“, rechnet der Kanzler vor laufenden Kameras in einem langen Statement mit Lindner ab.

Die SPD-Fraktion applaudierte Scholz. Doch schon in den kommenden Tagen dämmerte vielen: Als Kanzler war Scholz so sehr das Gesicht des Scheiterns der Ampel, dass es schwer war, ihn als Kandidaten für die kommenden vier Jahre zu verkaufen. Alle Entwicklungen zur Bundestagswahl gibt es im Liveblog.

SPD mit schlechtem Wahlergebnis – trotz kraftvoller Reaktion auf Ukrainekrieg

Die Ampel ist ein Regierungsbündnis, das die Menschen im Land genervt hat, wie wohl kein anderes zuvor. Dabei hat das Regierungsbündnis zumindest in seinem ersten Jahr gut funktioniert. Mit seiner „Zeitenwende“-Rede und dem Sondervermögen für die Bundeswehr reagierte Scholz kraftvoll auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Würden in deutschen Fabriken die Lichter ausgehen, weil es an Energie fehlt? Die Ampel hat das erfolgreich verhindert und das Land gut über mehrere Kriegswinter gebracht.

Olaf Scholz (SPD) gab am Sonntag in dem Wahllokal in der IHK in Potsdam seine Stimme ab.
Olaf Scholz (SPD) gab am Sonntag in dem Wahllokal in der IHK in Potsdam seine Stimme ab.  Foto: Kay Nietfeld

Doch bald wurde in dem lagerübergreifenden Dreierbündnis aus SPD, Grünen und FDP vor allem eines: öffentlich gestritten. Mit dem ersten Entwurf für das Heizungsgesetz weckte die Ampel Ängste in der Bevölkerung – und mit dem folgenden Dauerstreit gab es einen fortwirkenden Vertrauensverlust. Unter den Koalitionspartnern. Im Land. Scholz, der hinter den Kulissen immer wieder vermitteln musste und dabei nur langsam vorankam, wirkte führungsschwach. Scholz ist bekannt für den Satz, wer bei ihm Führung bestelle, bekomme sie auch. Hier nahm seine Kanzlerschaft nachhaltig Schaden. Und als die Ampel mit einem Haushalt vor dem Bundesverfassungsgericht scheiterte, fehlte auch das Geld, um Konflikte in der Koalition beizulegen.

Starke TV-Auftritte retteten Olaf Scholz und SPD nicht vor Wahlniederlage

Scholz neigt ohnehin zu einer Kommunikation, die meist, nun ja, eher verdruckst ist. Als Kanzler einer Regierung, die ständig erst mal interne Konflikte lösen musste, wurde er oft zum Nichtssagenden. Dass er auch anders kann, hat Olaf Scholz gerade in TV-Duell vor der Wahl bewiesen. Ein Kanzler, der angriff, der klar und greifbar war. Aus Sicht der meisten Wählerinnen und Wähler kam das anscheinend zu spät.

Scholz gelang es zudem nie so richtig, mit seiner zentralen Botschaft durchzudringen. „Wer zahlt die Zeche?“, lautete die Frage, die er immer wieder stellte. Seine Warnung: Wenn er nicht gewönne, müssten Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen die Steuersenkungen für die Reichen zahlen.

SPD-Niederlage bei Bundestagswahl: Hätte es einen anderen Kanzlerkandidaten gebraucht?

Hätte die SPD das unter normalen Umständen Undenkbare tun sollen – und statt mit dem regierenden Kanzler mit einem anderen Kandidaten antreten sollen? Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat über lange Zeit hervorragende Beliebtheitswerte. Über die Frage eines Kandidatenwechsels ist ernsthaft gesprochen worden. Aus dem Landesverband Nordrhein-Westfalen gab es gewichtige Stimmen für einen solchen Schritt. Doch Scholz wollte selbst antreten. Schließlich erklärte, Pistorius er stünde nicht zur Verfügung. Wäre mit ihm alles anders ausgegangen als mit Scholz? „Hätte, hätte, Fahrradkette“, hat der frühere SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück mal gesagt. 

Vermutlich hat Scholz sich auch deshalb zugetraut, die Umfragen nach dem Ampel-Aus noch einmal zu drehen, weil ihm im Jahr 2021 ein kleines Wunder gelungen war. Die SPD hatte damals über viele Monate desaströse Umfragewerte. Doch als es auf die Wahl zuging, entschieden sich viele für ihn, den erfahrenen Finanzminister. Doch damals hatten die Kandidaten von Union und Grünen große Fehler gemacht. Und Scholz war eine Projektionsfläche für die Hoffnung auf solides Regieren im Stil der Langzeitkanzlerin Angela Merkel. Jetzt hätte es für viele Wähler fast wie eine Drohung geklungen, wenn Scholz, wie einst Merkel im TV-Duell gesagt hätte: „Sie kennen mich.“

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