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Wie Ipai-Architekt Jacob van Rijs aus den Niederlanden auf Heilbronn blickt

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Der Star-Architekt spricht im Rotterdamer MVRDV-Büro über den Planungsprozess für den KI-Park in Heilbronn und die Unterschiede zwischen deutscher und niederländischer Architektur.

Jacob van Rijs in Rotterdam. Im Hintergrund ist das Großraumbüro, in dem ein Team aus rund 30 Mitarbeitern am KI-Park in Heilbronn arbeitet.
Jacob van Rijs in Rotterdam. Im Hintergrund ist das Großraumbüro, in dem ein Team aus rund 30 Mitarbeitern am KI-Park in Heilbronn arbeitet.  Foto: Blass, Valerie

Die Bezeichnung Star-Architekt trifft ohne Zweifel auf Jacob van Rijs zu. Der 57-Jährige ist einer der Gründer des Rotterdamer Architekturbüros MVRDV, das weltweit mit mutigen, zukunftsweisenden Projekten begeistert. Ende März hat es den Zuschlag für die Umsetzung des Heilbronner KI-Parks Ipai bekommen. Trifft man Jacob van Rijs im MVRDV-Stammsitz in Rotterdam, so begegnet man einem leise auftretenden und sorgfältig in Deutsch formulierenden Mann in schlichtem Arbeitshemd, der fast philosophisch auf Architektur und Stadtplanung schaut.

Niederländische Architekten sind international sehr gefragt. Was macht MVRDV und andere so erfolgreich?

Jacob van Rijs: Vielleicht ist es unsere Unbefangenheit. Wir versuchen zu entdecken, was möglich ist. In Deutschland geht es häufig darum, was erlaubt ist. Aber grundsätzlich gibt es einen guten Austausch − auch viele deutsche Architekten bauen in den Niederlanden. Der Berliner Architekt Hans Kollhoff zum Beispiel hat ein Ministerium in Den Haag realisiert.


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Die Hafenstadt Rotterdam ist zum internationalen Hotspot für Architekturfans geworden. MVRDV hatte daran mit ikonischen Bauten wie der Markthalle oder dem Kunstdepot großen Anteil. Welche Atmosphäre herrscht hier für Architekten?

Van Rijs: Rotterdam ist ein Hotspot für Kreative und eine Stadt, die nie fertig ist. Hier gibt es immer etwas Neues, wir sind an Veränderung gewöhnt. Die Haltung in Rotterdam ist von Optimismus geprägt und von dem Wunsch, immer einen Schritt weiterzugehen. Die Stadt mit ihren 700.000 Einwohnern hat auch eine sehr dichte Szene von Architekturbüros − und es findet ein Austausch von Mitarbeitern statt.

Wie schauen Sie auf Heilbronn, wo Sie kürzlich den Zuschlag für die Umsetzung des Ipai bekommen haben?

Van Rijs: In Baden-Württemberg gibt es viel Innovation, vor allem durch den Mittelstand, auch wenn man das nicht direkt sieht und dort eine relativ traditionelle Atmosphäre herrscht. Aber es entstehen viele spannende Sachen gerade. Der Ipai-Wettbewerb hatte ein Qualitätsniveau, das außerordentlich hoch war. Es war ein sehr gut organisierter Wettbewerb mit klaren Vorgaben und einer großen Jury.


Kannten Sie Heilbronn zuvor?

Van Rijs: Ich bin viel in Deutschland unterwegs, weil ich auch in unserer Niederlassung in Berlin arbeite, Projekte betreue und an der Technischen Universität eine Professur habe. Heilbronn kannte ich bislang aber höchstens von der Durchreise. Durch den Ipai soll Heilbronn zum Ziel für Leute aus der ganzen Welt werden und das an einem sehr kompakten Standort, zwischen Autobahn und zwei Industriegebieten. Wir hatten also die Idee eines Campus, der eine Art großes Dorf oder eine kleine Welt für sich ist. Gleichzeitig hat die Kreisform etwas Offenes. Mit der Landschaftsentwicklung haben wir bereits angefangen, den Kreis wird man relativ schnell sehen können und damit dessen Effekte. Die Gebäude darin werden wie ein Strauß Blumen, einige groß und schön, andere eher dezent und nicht so auffällig. So entsteht ein buntes Bouquet.


Der Campus muss irgendwie an die Stadt angebunden werden. Haben Sie dafür auch Vorschläge?

Van Rijs: Ideen ja, sie müssen zu unserer Planung passen. Es ist zum Beispiel klar, dass der Ipai nur einen Zugang haben kann. Wir werden uns demnächst mit den Auftraggebern hier in den Niederlanden gute Beispiele anschauen, auch dafür, wo man Fahrräder unterbringen kann. Denn klar ist: Mobilität wird sich verändern. Deswegen wollen wir auch mindestens ein Parkhaus für Autos so flexibel planen, dass es später leicht verändert werden kann. Parkplätze sind gerade in jedem innerstädtischen Projekt ein Thema, teilweise sind die geforderten Stellplatzschlüssel nicht mehr zeitgemäß.


Was halten Sie von der deutschen Fahrrad-Infrastruktur?

Van Rijs: Ich habe in Berlin ein Fahrrad stehen und ich verstehe das System nicht. Es gibt oft keine getrennten Wege für Radfahrer und wenn es welche gibt, enden die irgendwann im Nirgendwo. Außerdem sind die Autofahrer manchmal sehr gemein (lacht).


Stellt das deutsche Baurecht häufig eine Hürde für Sie dar?

Van Rijs: Es kann immer passieren, dass es mal schwierig wird, aber wir kennen uns gut aus und haben Teams, die Erfahrung darin haben, in den jeweiligen Ländern zu arbeiten. Die Probleme mit Baukosten und der Finanzierbarkeit sind gerade in ganz Europa dieselben.

 

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