Frankfurt ist top, Heilbronn will es werden – Was Städterankings bringen
Heilbronn beteiligt sich am Wettbewerb um die Grüne Hauptstadt Europas, Frankfurt landet in einem Ranking für Nachhaltigkeit vorn. Warum solche Vergleiche trotz begrenzter Aussagekraft ihre Berechtigung haben.
Städten kommt eine enorme Bedeutung zu, wenn es um das Erreichen von Klima- und Nachhaltigkeitszielen geht. Sie sind Wegbereiter und Vorbilder, gleichzeitig lebt in Städten und Metropolen ein erheblicher Teil der Weltbevölkerung - und die Urbanisierung schreitet weiter voran.
Zur Jahresmitte 2018 lebten laut Statistischem Bundesamt 4,2 der insgesamt 7,6 Milliarden Menschen weltweit in Städten, diese Zahl wird bis zum Jahr 2030 um rund eine Milliarde auf 5,2 Milliarden Menschen steigen. Mit allen Problemen, die das mit sich bringt, etwa angemessenes Wohnen, geregelte Abfallentsorgung oder die Organisation von Transport für all die Menschen.
Heilbronn will Europas "Grüne Hauptstadt" werden: Rankings gibt es viele
Es gibt viele Rankings und Wettbewerbe, die den Fortschritt einzelner Städte bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen vergleichen. Heilbronn beteiligt sich aktuell am Wettbewerb der Europäischen Kommission um den Titel "Grüne Hauptstadt Europas" und ist mit Guimaraes in Portugal und Klagenfurt in Österreich im Finale gelandet. Hierbei gehe es in erster Linie um Transformationsfähigkeit, also sich neu zu erfinden und weiterzuentwickeln. Nicht darum, die grünste und umweltfreundlichste Stadt zu sein, heißt es in einer Mitteilung der Stadt Heilbronn.

Den Fortschritt anhand der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen vergleicht dagegen der Sustainable Cities Index (SCI) des Beratungsunternehmens Arcadis, der seit 2015 Städte anhand verschiedener Indikatoren wie Luftverschmutzung, Abfallmanagement und Investitionen in erneuerbare Energien oder nachhaltigen Verkehr vergleicht. Europäische Städte dominieren das SCI-Ranking seit Jahren.
Amsterdam und Rotterdam sind an der Spitze, beide investieren seit Langem konsequent in Bereiche wie eine sichere Fahrradinfrastruktur und den öffentlichen Personennahverkehr. Sie entsiegeln ihre Innenstädte zum Schutz vor Extremwetter und setzen auf nachhaltiges Wassermanagement. Den dritten Platz belegt Kopenhagen, eine Stadt, die für ihre hohe Lebensqualität bekannt ist und in der sich auch Politiker aus der Region gern Inspiration holen.
Frankfurt ist in Deutschland top
Für manchen sicher eine Überraschung: Die Mainmetropole Frankfurt liegt direkt dahinter auf Platz vier. Sie schneidet vor allem in den Bereichen "Mensch" und "Fortschritt" gut ab. Beim ersten Punkt geht es zum Beispiel um eine gute Work-Life-Balance oder ein funktionierendes städtisches Leben mit den Bereichen Transport oder Sicherheit für die Bürger - und da können schon Zweifel am Ranking aufkommen angesichts des seit Jahren bekannten Kriminalitätsschwerpunkts rund um den Frankfurter Hauptbahnhof.
Unter den Top Ten außerdem: München an Platz 5, Hamburg an 7 und Berlin an 8 - ebenfalls erstaunlich, bedenkt man die Kämpfe, die in der deutschen Hauptstadt um jeden Quadratzentimeter neu zu errichtenden Fahrradweg ausgetragen werden. Überhaupt gilt der Verkehr als "Sorgenkind" des Klimaschutzes in Deutschland, wie es beim Deutschen Institut für Urbanistik in Berlin heißt.
Aussagekraft ist zweifelhaft
Während man sich also um die Aussagekraft dieses und anderer Rankings streiten kann, steht fest: Die Weltgemeinschaft ist weit davon entfernt, die Ziele nachhaltiger Städte zu erreichen, die sie sich selbst gesetzt hat. Weniger als 2000 Tage bleiben, um die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Aktuell werden mehr als 70 Prozent der Treibhausgase in Städten ausgestoßen und nur etwas über 50 Prozent der Siedlungsabfälle dort kontrolliert entsorgt. Die Metropolen dieser Welt müssen deutlich schneller werden, wenn sie dem Klimawandel noch etwas entgegensetzen wollen.
Schon heute richten Extremwetter große Schäden an und gefährden Menschenleben, das ist in diesem Sommer in Deutschland gut zu beobachten. Städte müssen ihre Bewohner besser vor Extremereignisse wie Hitzestress und Starkregen schützen. Und eine noch existenziellere Gefahr droht mit dem Klimawandel an den Küsten. Große Teile der Niederlande, inklusive der Großstadt Rotterdam, und auch deutsche Küstenorte, könnten versinken, denn der Meeresspiegel steigt angesichts schmelzender Pole kontinuierlich.
Wettbewerbe können Ehrgeiz wecken
"Stadt bedeutet Veränderung und fordert die stetige Bereitschaft, sich mit Neuem auseinanderzusetzen und Raum für innovative Lösungen zu geben", heißt es am Lehrstuhl für Architektur und Stadtplanung der Universität Kassel. Gute Beispiele aus anderen Städten können helfen, selbst Ideen zu entwickeln und Rankings die eigenen Ambitionen befördern. Aus dem Heilbronner Rathaus heißt es dazu, die Bewerbung bedeute, "sich dem Prozess einer nachhaltigen Stadtentwicklung zu stellen. Ein Prozess, mit dem wir uns bereits beschäftigen und der uns auch in Zukunft anleiten wird".

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