Gefahr durch Zecken nimmt zu: Nur ein Kreis in der Region ist kein FSME-Risikogebiet
Wenn es wärmer wird, werden Zecken wieder aktiver. Welche Gefahr von ihnen ausgeht und wie sie Krankheiten übertragen.

Die ersten Sonnenstrahlen wecken auch bei Zecken die Lebensgeister. Sobald die Temperaturen im Frühjahr steigen, wird das blutsaugende Spinnentier wieder aktiv, und die Meldungen von Fällen der Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) nehmen zu.
Diese Viruserkrankung, die von Zecken übertragen wird, kann zur Entzündung des Gehirns und der Hirnhäute führen, die teilweise tödlich verläuft. Der Landkreis Heilbronn und der Hohenlohekreis gehören zu den FSME-Risikogebieten in Deutschland - wie auch der Rest von Baden-Württemberg. Ausnahme ist die Stadt Heilbronn. Eine richtige Erklärung dafür gibt es allerdings nicht, sagt Rathaussprecherin Claudia Küpper nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt. Es sei Zufall, dass der Stadtkreis nicht unter die Definition des Robert-Koch-Instituts (RKI) falle.
Diese besagt, dass Regionen als FSME-Risikogebiete gelten, wenn die Anzahl der übermittelten FSME-Erkrankungen in mindestens einem der 16 Fünfjahreszeiträume von 2002 bis 2021 signifikant höher liegt als die bei einer Inzidenz von einer Erkrankung pro 100.000 Einwohner erwarteten Fallzahl. Trotzdem gab es auch im Stadtkreis Heilbronn immer wieder FSME-Fälle. Zum Vergleich: Seit 2017 wurden eine Erkrankung im Stadtkreis, fünf im Landkreis Heilbronn und zwei im Hohenlohekreis erfasst.
Diese Zahlen unterliegen seit der Einführung der Meldepflicht stärkeren Schwankungen, erklärt Pascal Murmann, Sprecher des Landes-Gesundheitsministeriums. Das liege an klimatischen und ökologischen Faktoren, die die Aktivität der Zecken, aber auch die Populationsgrößen ihrer bevorzugten Wirtstiere, zu denen Mäuse und Niederwild gehören, beeinflussen. Die in Deutschland am häufigsten vorkommende Schildzecke lebt vorzugsweise an Waldrändern, in Gärten, an Lichtungen oder an Bächen. Aber auch Stadtparks sind zeckengefährdete Gebiete.
Die kleinen Spinnentiere bewegen sich am Boden, im hohen Gras oder in Büschen und im Unterholz. Zecken lieben Feuchtigkeit und Wärme. Aus diesem Grund sind sie etwa nach einem Regentag im Sommer besonders aktiv. Aber auch bei trockenem oder kühlem Wetter sind Zecken noch auf der Jagd nach Wirten, also Lebewesen, deren Blut sie trinken wollen. Entgegen der weit verbreiteten Annahme klettern Zecken aber nicht auf Bäume und lassen sich von dort herunterfallen. Man findet sie im Gras und an Sträuchern.
Viel mehr FSME-Fälle im ersten Corona-Jahr
Wer sich also im Lebensraum der Zecke bewegt, läuft Gefahr, gestochen zu werden und sich im schlechtesten Fall mit einer Krankheit zu infizieren. Die Meldezahlen von FSME haben deshalb viel mit den Freizeitaktivitäten der Menschen zu tun, teilt Pascal Murmann mit. So waren etwa die Zahlen im ersten Corona-Jahr, als das Wetter gut und die Menschen mehr in der Natur unterwegs waren, auf einem Rekordwert. Nach Angaben des RKI wurden 2020 in Deutschland 712 FSME-Erkrankungen gemeldet. Im Jahr 2021 waren es 390.
Die FSME-Viren befinden sich in den Speicheldrüsen der Zecken. Durch einen Stich können sie rasch in die Blutbahn des Menschen gelangen. Medikamente, die gegen eine Infektion helfen, gibt es nicht. Eine Impfung gegen FSME kann das Risiko einer Erkrankung nach einem Zeckenstich aber verringern.
Anders verhält es sich bei Borrelien, die ebenfalls von Zecken übertragen werden. Die Bakterien können eine Borreliose auslösen, gegen die es keinen Impfstoff gibt. Die Krankheit kann aber gut mit Antibiotika behandelt werden. Die Borrelien befinden sich im Darm der Tiere, so dass die Erreger erst bei längerem Blutsaugen - in der Regel nach zirka zwölf Stunden - übertragen werden. Wird die Zecke rasch entfernt, ist das Übertragungsrisiko der Borreliose-Bakterien also eher gering. Das Tückische: Einen Zeckenstich spürt man nicht, da das Tier mit seinem Speichel ein Betäubungsmittel abgibt.
Keine Impfung gegen Borreliose, aber gute Behandlungsmöglichkeit
Der Speichel der Zecke enthält außerdem bestimmte Stoffe, die dafür sorgen, dass das Blut nicht gerinnt und sich die Einstichstelle nicht entzündet. Schätzungsweise fünf bis 35 Prozent der Zecken sind mit diesen Erregern infiziert, und sie können überall auftreten, teilt die AOK Heilbronn-Franken mit. Ärztin Sabine Knapstein erklärt: "Die Infektion mit Lyme-Borreliose kann Gelenkentzündungen, Arthritis oder Herzrhythmusstörungen verursachen." Problematisch sei, dass die Krankheit oft erst Monate nach der Infektion erkannt werde.
Ohne Behandlung kann eine Borreliose zu Lähmungserscheinungen, Nervenentzündungen oder Schwellungen der Gelenke führen. Die Ärztin empfiehlt: Wer nach einem Zeckenbiss Krankheitszeichen wie Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen oder Abgeschlagenheit zeigt, sollte einen Arzt aufsuchen. Charakteristisch für eine Borrelien-Infektion ist in etwa 90 Prozent der Fälle die sogenannte Wanderröte, eine sich ringförmig ausbreitende Rötung mit blassem Mittelfeld, die an der Einstichstelle, aber auch an anderen Körperstellen, auftreten kann.