Astrid Stäps, Blutbank-Leiterin im SLK-Klinikum Heilbronn: "Die Zeit ist gut investiert"
Seit mehr als zwei Dekaden sorgt Dr. Astrid Stäps dafür, dass in der Blutbank des Heilbronner SLK-Klinikums alles reibungslos läuft. Als Transfusionsmedizinerin ist sie selbst eifrige Blutspenderin und weiß um die Wichtigkeit ihrer Aufgabe.

Seit mehr als zwei Dekaden sorgt Dr. Astrid Stäps dafür, dass in der Blutbank des Heilbronner SLK-Klinikums alles reibungslos läuft. Die 59-Jährige leitet ein zehnköpfiges Team, ist natürlich selbst eifrige Blutspenderin und weiß um die Wichtigkeit ihrer Aufgabe. Denn auch wenn in Medizin und Forschung mittlerweile sehr viel möglich ist – Blut wird sich auch auf absehbare Zeit nicht künstlich herstellen lassen. Spender sind somit überlebenswichtig.
Frau Dr. Stäps, wie viele Spender sind momentan in der Blutbank gelistet – und wie viele kommen tatsächlich regelmäßig zum Spenden?
Astrid Stäps: Das ist nicht so leicht zu sagen: In den 21 Jahren, in denen ich jetzt die Blutbank leite, kommen und gehen die Blutspender aus vielerlei Gründen. Ältere Spender müssen aufgrund der Altersbeschränkung oder Krankheiten den aktiven Spenderstamm verlassen. Jüngere gehen in andere Städte zum Studium oder finden dort eine Arbeit – das ist eine ganz normale Fluktuation. Im vergangenen Jahr sind 2518 Spender zu uns gekommen und haben 128.000 Blutprodukte gespendet.
Wer darf denn spenden – und wer nicht?
Stäps: Spenden darf jeder gesunde Mensch zwischen dem 18. und 60. Lebensjahr als Erstspender, Dauerspender bis zum 68. Lebensjahr. Nach individueller ärztlicher Entscheidung kann sogar bis zum vollendeten 73. Lebensjahr gespendet werden. Weitere Voraussetzungen sind ein Mindestgewicht von 50 Kilo und dass keine schwerwiegenden Erkrankungen vorliegen. Vor jeder Blutspende gibt es eine Untersuchung durch einen Arzt, der die Tauglichkeit für die Spende feststellt.
Lange Zeit durften zum Beispiel homosexuelle Menschen nicht spenden – hat sich da mittlerweile etwas getan?
Stäps: Die Zulassungskriterien für Menschen mit einem sexuellen Risikoverhalten wurden neu gefasst. In der Aktualisierung der Hämotherapierichtlinien ist für Menschen mit einem Sexualverhalten, welches ein gegenüber der Allgemeinbevölkerung deutlich erhöhtes Risiko für durch Blut übertragbare schwere Infektionskrankheiten birgt, eine einheitliche Rückstellfrist von vier Monaten festgelegt. Darunter fallen unter anderem Männer, die in den letzten vier Monaten einen neuen oder mehr als einen Sexualpartner hatten. Für Männer, die Sex mit Männern haben, die seit mindestens vier Monaten in einer sexuell exklusiven Partnerschaft leben, besteht kein erhöhtes Infektionsrisiko, so dass diese Männer ohne Rückstellung spenden können.
Wie oft darf gespendet werden – und warum gibt es eine Limitierung?
Stäps: Frauen dürfen vier Mal pro Jahr, Männer sechs Mal. Die Sorge um das Wohl der Blutspender ist eine der vordringlichsten Aufgaben der Transfusionsmedizin. Jeder Spender muss sich nach ärztlicher Beurteilung in einem gesundheitlichen Zustand befinden, der eine Spende ohne Bedenken zulässt – dies gilt sowohl für den Gesundheitsschutz des Spenders als auch für die Herstellung von möglichst risikoarmen Blutprodukten. Der Unterschied bei der Spendehäufigkeit zwischen Frauen und Männern besteht darin, dass Frauen durch die monatliche Regelblutung einen zusätzlichen Blutverlust erleiden und die Blutwerte sich dadurch langsamer erholen.
Kommt es denn auch vor, dass jemand die Spende nicht gut verträgt?
Stäps: Es kann natürlich auch vorkommen, dass es nach der Spende zu leichten Kreislaufproblemen kommt. Je nach Schwere haben wir unsere routinierten Abläufe: Lagerung, das heißt Füße hoch, Kopf tief, dazu Flüssigkeit, Frischluft und eventuell Kreislauftropfen. Nach rund zehn Minuten Ruhe sind die meisten dann wieder fit und können darüber lachen.
Inwiefern hat sich die Corona-Pandemie auf die Spendenbereitschaft ausgewirkt?
Stäps: Wir haben mehrere Phasen durchlebt. Am Anfang der Pandemie waren viele Blutspender unsicher, zum Spenden ins Krankenhaus zu gehen. Wir haben aktiv dagegen gearbeitet – haben unsere Blutspender durch viele Anrufe, Mails und Aufrufe in Facebook motiviert und die vielen Fragen beantwortet. Dann haben wir gemerkt, wie die Unsicherheiten verschwanden und wie wir viele neue, auch junge Blutspender, gewinnen konnten. Viele Menschen aus Heilbronn und Umgebung wussten gar nicht, dass bei SLK Blut gespendet werden kann. Trotz der zeitraubenden Zutrittsbeschränkungen haben unsere Blutspender sich die Zeit zur Spende genommen und die Blutversorgung der SLK-Kliniken in dieser schweren Phase sichergestellt.
In meinem Bekanntenkreis höre ich oft: "Ja, ich weiß, ich sollte auch spenden gehen, komme aber irgendwie nicht dazu." Wie könnte man solche Menschen motivieren?
Stäps: Die Zeit ist gut investiert – jede Blutspende kommt direkt bei den Patienten wohnortnah in den Standorten der SLK-Kliniken an. In der Regel vergehen keine 24 Stunden vom Eintreten des Blutspenders in die Blutbank, über die Auftrennung des gespendeten Blutes in jeweils zwei Produkte und Testung auf die geforderten Parameter bis zur Aufnahme in das Blutdepot und damit zur Verfügbarkeit für die Patienten. Direkter geht eine Spende nicht.
Wo kommt das Blut, das in der Blutbank gespendet wird, zum Einsatz?
Stäps: Wir versorgen ausschließlich standortnah alle Krankenhausstandorte des SLK-Verbundes, die Onkologische Praxis am Plattenwald, zwei Dialysepraxen und die Vulpiusklinik.
Wie viele Blutspenden werden täglich benötigt?
Stäps: Um eine Größenvorstellung zu haben: Täglich stehen im Blutdepot mit den Satellitendepots im Plattenwald und Löwenstein rund 950 Blutpräparate zur Verfügung. Die werden nicht täglich gebraucht – aber für die Versorgung muss alles bereitstehen. Rund 400 Präparate haben wir neulich in einer Woche ausgegeben – das sind täglich zwischen 50 und 60 Blutprodukte.
Was unterscheidet eigentlich die Spende im Klinikum von einer "Turnhallen"-Spende?
Stäps: Bei uns können Interessenten nahezu täglich spenden mit konstanten Öffnungszeiten. Das ermöglicht auch spontanes Blutspenden. Ich denke, wir bieten eine familiäre Atmosphäre in angenehmen Räumlichkeiten. Und ab nächstem Jahr sind wir dann in einem Neubau, der gerade entsteht. Blutspender aus Heilbronn und Umgebung spenden für Patienten aus Heilbronn und Umgebung – unkomplizierter geht es nicht.
Wer in die Blutbank zum Spenden kommt, was treibt den an, warum macht er das?
Stäps: Oft ist es persönliche Betroffenheit in Familie und Bekanntenkreis – plötzlich wird eine Tumor-Diagnose gestellt und das Thema Blut somit ganz real. Dann kommen Fragen auf wie "Wo kommt das viele Blut her, das mein Vater jetzt braucht?" oder "Kann ich etwas tun und wo kann ich spenden?".
Was war bislang das aufregendste Erlebnis während Ihrer Tätigkeit in der Blutbank?
Stäps: Sagen wir, mein schönstes Erlebnis: Ein sehr interessierter Herr schaute sich in der Blutbank um und ich bot ihm meine Hilfe an. Da fragte er mich: "Sind Sie Frau Dr. Stäps? Ich habe schon so viele Blutprodukte bekommen, deren Begleitscheine Sie unterschrieben haben. Ich wollte mir vor Ort mal alles anschauen und vor allem den Blutspendern, aber auch dem Team der Abteilung und Ihnen danken für die schnelle und zuverlässige Versorgung mit Blutkonserven, die ich in der onkologischen Ambulanz über die vielen Jahre erhalten habe." Insgesamt 1000 Transfusionsbeutel. Ich habe ihm alles gezeigt – es war ein bewegendes Erlebnis für uns beide.