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SLK-Chefarzt der Urologie in Heilbronn: "Ich bin das Gegenteil von unnahbar"

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SLK-Chef-Urologe Jens Rassweiler spricht zum Abschied von SLK über sich selbst und seine vielen Leidenschaften. Seine Mission im Ruhestand: der Aufbau eines Lehrstuhls für Urologie an einer Privatuni in Österreich.

Kreuzworträtsel machen sei zwar schön, aber nicht schön genug, um damit den Rest des Lebens zu verbringen, sagt Jens Rassweiler. 28 Jahre lang war er Chefarzt der Urologie in Heilbronn, zunächst noch in den Städtischen Krankenheilanstalten im Heilbronner Osten, seit 1996 dann im Klinikum an der Saarlandstraße. Mit 67 wird er nun Ordentlicher Professor für Urologie an der privaten Universität im österreichischen Krems und unterrichtet dort den Nachwuchs. Ein Gespräch zum Abschied von SLK, der kein Abschied aus Heilbronn ist.

 

Sie genießen international einen exzellenten Ruf, unter anderem als Prostata-Operateur, der ganz früh Robotik eingesetzt hat. War das so geplant?

Jens Rassweiler: Gar nicht, ich habe ursprünglich Physik studiert und dann was mit Lehramt überlegt, aber das war so furchtbar schwierig.

 

Das Medizinstudium war leichter?

Rassweiler: Irgendwie bin ich da über ein Pflegepraktikum und den Kontakt zu den Patienten reingerutscht. Das hat mir gefallen. Und ein gutes Abitur hatte ich, so dass ich schnell einen Studienplatz bekommen habe. Dann wollte ich eigentlich in die Sportmedizin rein, weil ich auch ein sehr guter Leichtathlet war. Aber das allein hat mir nicht gereicht. Wobei ich auch nicht in die Urologie wollte, ich dachte, dass es da so unangenehm riecht. Stimmt übrigens nicht.

 

Was hat Ihre Meinung geändert?

Rassweiler: Ich bin da über meine Doktorarbeit zur Niere reingekommen und hängengeblieben, auch weil der Professor in Stuttgart sympathisch war und sich wirklich Mühe mit uns Jungen gegeben hat. Heute denke ich: Das ist so ein tolles Fach, bei dem man alles hat: diese Breite an Eingriffsfeldern ist einmalig – und wir waren schon immer sehr innovativ.

 

Alles richtig gemacht also?

Rassweiler: Wenn ich mir die Frage stelle, ob ich was versäumt habe, schwingt natürlich die Frage mit: Warum gerade Heilbronn? Aber es war gut. Ich bin 1993 gewählt worden und habe eine neue Klinik geplant. Jetzt habe ich wieder eine neue Klinik geplant, die dann mein Nachfolger leiten wird. Ich konnte gestalten. Und ich bin in Heilbronn gut angekommen und habe viele Freunde gefunden, vor allem über den Lions-Club. Die Landschaft liebe ich auch, wir sind total von Weinbergen umrundet, das ist doch herrlich. Aber ich bleibe natürlich immer Stuttgarter, deshalb kicke ich auch einmal pro Woche beim VfB.

 

Das ist Ihre zweite Seite: Sie werden in der Region nicht nur als Arzt geschätzt, sondern gelten auch als gesellig und umtriebig.

Rassweiler: Also ich habe jedenfalls keine Sorge, in ein Loch zu fallen. Vor drei Jahren habe ich mich noch darauf gefreut, im Ruhestand endlich mal zwei, drei Wochen am Stück Ski fahren zu können und alles entspannter zu sehen. Aber dann war ich nach einer Fuß-OP drei Wochen zu Hause. War schon interessant, das zu erleben. Nur Kreuzworträtsel lösen? Ich mache gern Kreuzworträtsel, aber nicht mein Leben lang.

 

Sie machen auch gern Musik.

Rassweiler: Das ist meine große Leidenschaft. Und der Sport. Fußball. Ich bin eigentlich noch ganz gut im Training, weil ich nie damit aufgehört habe.

 

Reden wir zuerst über Musik. Sie sind bekannt als einer der Köpfe von Lions- und Uro-Band.

Rassweiler: In der Uro-Band habe ich schon in meiner Mannheimer Zeit gespielt, wir hatten tolle Auftritte auf internationalen Kongressen. Hier in Heilbronn spiele ich, wenn möglich, einmal die Woche mit meinem engen Freund Wolfgang Köhler vom SWR. Wir treffen uns in seinem Probenraum und probieren Dinge aus, die wir dann auch öffentlich spielen. Jetzt haben wir mit dem Gynäkologie-Chefarzt Nikolaus de Gregorio noch einen top Gitarristen dazubekommen. Die Musik hat natürlich unter Covid gelitten, aber jetzt geht es bald weiter, wir spielen zum Beispiel auf der Gartenschau in Eppingen. Und ich habe mir eine Double-Neck-Gitarre gekauft wie Jimmy Page (kramt sein Handy raus und zeigt ein Video). Das ist doch ein Traum! Da spiele ich jetzt "Hotel California" und "Stairway to heaven".

 

Wie haben Sie da noch Zeit, regelmäßig Sport zu machen?

Rassweiler: Sporttechnisch hoffe ich, dass ich künftig mehr Zeit habe, wenn die große Verantwortung in der Klinik wegfällt. Ich gehe auch gern Ski fahren und Windsurfen oder mache Stand-up-Paddling und fahre E-Bike mit meiner Partnerin. Aber Golf werde ich nicht spielen! Damit kann ich nichts anfangen, auch wenn das sonst alle machen.

 

Ist rasten ein unbekanntes Konzept für Sie?

Rassweiler: Ich schlaf' schon gern lange, das glaubt man gar nicht.

 

Wie sind Sie als Chef?

Rassweiler: Fragen Sie meine Mitarbeiter.

 

Ich frage Sie: Wie schätzen Sie sich selbst ein?

Rassweiler: Ich bin das Gegenteil von unnahbar. Meine Tür war immer offen und jeder konnte zu mir kommen. Aber mit dem "Du" war ich vorsichtig in der Klinik, das gehört in den privaten Bereich. Ich bin schon ein bisschen cholerisch und kann auch mal ausrasten, wobei ich das oft strategisch eingesetzt habe für den Memory-Effekt (grinst). Aber ich bin nicht nachtragend.

 

Waren Sie ein klassischer Chefarzt vom "alten Schlag"?

Rassweiler: Ich bin schon das, was man von der alten Chefarzt-Version erwartet: Wenn es wirklich schwierig wird und jemand zum Beispiel nicht an eine Niere rankommt, bin ich da. Ich kann alle OPs abdecken und mache schwierige Fälle selbst.

 

Wie hinterlassen Sie Ihre Abteilung?

Rassweiler: Mein Nachfolger übernimmt eine gut funktionierende Abteilung, würde ich sagen.


Zur Person

Professor Jens Rassweiler wird weiter als Arzt in Heilbronn tätig sein und Privatpatienten in der Praxis zweier Kollegen behandeln. Als Operateur wird er voraussichtlich in Sindelfingen arbeiten. Neuer Direktor der Klinik für Urologie und Kinderurologie wird zum 1. April 2022 Dr. Gencay Hatiboglu, Oberarzt an der Urologischen Universitätsklinik Heidelberg.

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