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So entsteht Vertrauen zwischen Arzt und Patient

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Manche Patienten bleiben ihrem Hausarzt jahrzehntelang treu. Denn wenn die Chemie stimmt, kann das viel zum Erfolg einer Therapie beitragen.

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Foto: sebra/stock.adobe.com
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Das ist ein Schock: 30 Jahre immer in derselben Praxis, und plötzlich ist die Ärztin oder der Arzt verschwunden. Ein Gefühl von Verlassenheit stellt sich ein. Wie wird der Neue sein? Kann ich mit dem? Kommen wir miteinander klar?

Seinen Doktor wechselt man eben nicht wie eine Wohnung. Manche Patienten bleiben ihrem Hausarzt jahrzehntelang treu, sie fahren viele Kilometer, um sich dort ihre Zipperlein kurieren zu lassen, wo sie sich gut aufgehoben fühlen. Der Zahnarzt kennt alle Baustellen im Gebiss, die Gynäkologin hat jede Hormonumstellung seit der Pubertät begleitet - und jetzt, kurz vor der Menopause, ist sie auf einmal weg? Das zu verkraften, ist nicht leicht.

 


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Medizinische Behandlung ist mehr als eine Dienstleistung

Denn es geht um mehr als nur eine bezahlte Dienstleistung in Sachen Gesundheit. Im Sprechzimmer lassen wir die Hosen runter - in jeder Hinsicht. Wir entblößen nicht nur unseren Körper, sondern häufig auch die Seele, wir offenbaren physische und psychische Mängel, Makel und Schmerzen und hoffen auf Heilung, wenigstens Linderung.

"Es ist gar nicht so einfach, einen Arzt zu finden, dem man vertrauen kann", bringt es Hans Häfele auf den Punkt. Der 73-Jährige hat als Leiter der Selbsthilfegruppe Prostatakrebs Heilbronn vielfältige Erfahrungen gesammelt. Knackpunkt, sagt Häfele, ist "der persönliche Draht". Die Chemie muss stimmen.

 


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Kontinuität ist wichtig für den Aufbau von Vertrauen

Doch Sympathie ist ein individuelles Phänomen. Die Wertigkeit der Faktoren, die dabei eine Rolle spielen, sei ja nicht bei jedem Patienten gleich, gibt Dr. Nadine Feyen zu bedenken. So will die eine alles wissen, der andere nur das Nötigste. Aber ob stationär oder ambulant, der Patient sollte möglichst immer vom selben Arzt behandelt werden, sagt die Oberärztin der SLK-Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin in Heilbronn: "Durch so eine Kontinuität ist es leichter, eine Vertrauensbasis aufzubauen. Der Arzt kennt die Krankengeschichte, der Patient muss nicht immer wieder seine Geschichte erzählen. Die Patienten freuen sich auch immer sehr, wenn man sie direkt mit Namen anspricht."

Patienten wollen als Menschen wahrgenommen werden - nicht als Fall

Mehr als nur ein Fall oder eine Diagnose zu sein, ist auch Hans Häfele wichtig: "Dass der Arzt auf die Person eingeht und nicht nur auf die Krankheit." Daran hapere es oft, "viel Schlechtes" wird in der Gruppe berichtet. "Viele Ärzte hören gar nicht zu, was die Leute sagen." Aber es geht auch anders. "Es gibt Praxen, die man top weiterempfehlen kann", weiß Häfele. Die nicht nur medizinisch fit sind, sondern auch menschlich, und die den Patienten ganzheitlich wahrnehmen. Denn der Arzt erfahre oft als Erster im persönlichen Gespräch, was die Ursachen der Beschwerden sein könnten und was den Patienten sonst noch bedrückt.

Mit diesen Bedürfnissen steht Häfele nicht allein. Das Hauptziel eines Arzt-Patienten-Gesprächs sei nicht, Recht zu behalten oder lediglich Informationen weiterzugeben. "Auch darauf, das Gespräch zu gewinnen, kommt es nicht an", erklärt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in ihren Praxistipps.

Arzt und Patient bilden im Idealfall ein Team

Der Halbgott in Weiß hat ausgedient. Oberärztin Feyen bezeichnet die sogenannte "partizipative Entscheidungsfindung" als Idealfall: Patient und Arzt erarbeiten gemeinsam die Wünsche und Vorstellungen des Erkrankten. Der Mediziner liefert die nötigen Informationen, etwa über mögliche Ursachen, Behandlungswege, Risiken und Nebenwirkungen, macht einen Therapievorschlag oder gibt eine Empfehlung ab. Das ist die Basis, auf der der Patient dann - in Abstimmung mit dem Arzt - selbst entscheidet. Ehrlichkeit sei dabei von zentraler Bedeutung: "Patienten, die sich unzureichend informiert oder unehrlich behandelt fühlen, werden, was die Behandlung angeht, nicht immer kooperativ sein." Defizite müssten angesprochen werden - und zwar auf beiden Seiten.

Irina Kimmerle ist Gesprächsgruppenleiterin der jungen Rheumatiker im Raum Freiburg. Sie weiß, dass manche Patienten sich nicht ernst genommen fühlen, dass sie ihre Fragen nicht ausreichend beantwortet sehen oder meinen, es würden nicht alle infrage kommenden Untersuchungen tatsächlich gemacht. Doch Patienten seien ein Stück weit mitverantwortlich dafür, dass es mit dem behandelnden Arzt auch klappt: "Bereiten Sie sich vor", rät die 39-Jährige. "Gehen Sie nicht blauäugig in das Arztgespräch." Im Vorfeld sollte man seine Fragen notieren sowie Berichte, Röntgenbilder und sonstige relevante Unterlagen parat haben. Dabei gilt auch für Patienten: immer freundlich bleiben.

Erfolgreiche Kommunikation verlangt Empathie

Denn auch das Wie spielt in der Kommunikation eine große Rolle. Hans Häfele weiß von üblen Entgleisungen: "Was wollen Sie noch hier - Sie haben ja sowieso nur noch ein halbes Jahr zu leben", wurde beispielsweise ein Gruppenmitglied in einer Uniklinik angefahren. "Wenn man sowas hört - das geht ja gar nicht", empört sich der 73-Jährige. Onkologin Feyen sagt: ",Sie werden nie wieder gesund" hat eine andere Wirkung als ,Sie leiden an einer chronischen Erkrankung, die wir aber gut behandeln können"."

Am Ende trägt auch dies erheblich zum Behandlungserfolg bei. "Eine gute Arzt-Patienten-Beziehung hat einen wesentlichen Einfluss auf den Genesungsprozess", fasst Nadine Feyen zusammen. Umgekehrt profitiert auch die Ärztin davon. Kürzlich habe ihr eine Patientin geschrieben: "Danke, dass es Sie gibt." Das, so Feyen, sei ihr "Glücksmoment".

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