Flüchtlingsunterbringung: Nicht jeder ist in Kirchardt willkommen
Nach den Reaktionen auf die Entscheidung, im alten Rathaus Flüchtlinge unterzubringen, hat die Kirchardter Verwaltung eine Bürgerversammlung einberufen. Der Umbau des Gebäudes liegt vorerst auf Eis.

Wir haben keinen Ermessensspielraum." Kirchardts Bürgermeister Gerd Kreiter, seit 2016 im Amt, steht vor rund 150 Personen, die der Einladung zu einer Bürgerversammlung in der Birkenbachschule gefolgt sind, und erklärt, warum die Gemeinde Flüchtlinge in welcher Anzahl aufnehmen muss. Und dass der Landkreis Heilbronn diese zuweist. Doch der Großteil der Anwesenden interessiert sich viel mehr für die umstrittene Entscheidung, das alte Rathaus zu einer entsprechenden Anschlussunterbringung umzubauen.
Einige Eltern sehen Gefahr für Kinder
Die Pläne waren schon länger bekannt. Im Januar hatte der Gemeinderat einstimmig dafür votiert. Im Februar kamen viele Eltern in die Sitzung, um ihren Unmut kund zu tun. Ein "Schlag ins Gesicht" sei die Entscheidung, rund 30 Geflüchtete in einem Gebäude in unmittelbarer Nähe zur Grundschule unterzubringen, hieß es. Der Tenor ist auch rund einen Monat später der gleiche: Der Standort sei untragbar, die Gefahr für die Kinder zu groß.
"Das geht nicht gegen die Flüchtlinge", sagt Dennis Bratz. Der Vater von zwei Kindern hatte eine Petition gestartet und bis zur Versammlung 760 Unterschriften gegen die Entscheidung gesammelt. Das entspräche rund zwölf Prozent der Bevölkerung, sagt er. Keiner der Unterzeichner könne die Standortwahl nachvollziehen. "Wir wollen nicht alle über einen Kamm scheren. Aber herausfordern sollte man es auch nicht."
Unterschied zwischen den Geflüchteten
Schnell stellt sich heraus, dass viele Kirchardter tatsächlich kein Problem mit geflüchteten Menschen haben - wenn sie aus der Ukraine kommen. Familien seien ok, sagt eine Frau. "Aber einzelne Herren? Was passiert mit den Kindern?" Wenn man wüsste, dass nur Ukrainer kommen, "würde keiner was sagen", wirft ein Mann ein.
Eine Garantie, welche Staatsangehörigkeit die Personen haben, die das Landratsamt der Kommune zuweist, kann Gerd Kreiter nicht geben. Er weiß es schlichtweg im Vorfeld selbst nicht. 15 bis 20 sogenannte "Regelflüchtlinge", also Personen aus Afghanistan, Iran oder Irak, sowie die gleiche Anzahl Ukrainer sollen der Gemeinde in diesem Jahr noch zugeteilt werden. "Die endgültige Zahl hängt vom aktuellen Geschehen ab", sagt Kreiter. Diese Unsicherheit ist es, die vor allem Eltern beunruhigt.
Konzepte für Betreuung und Sicherheit
Ein Zaun solle um das Schulgelände gezogen werden, wenn die Verwaltung an der Entscheidung festhält. "Zum Schutz der Kinder", sagt eine Frau. Außerdem brauche man ein Betreuungs- und Sicherheitskonzept, wirft ein Vater von vier Kindern ein, der nicht als Nazi abgestempelt werden möchte. "Aber was machen Flüchtlinge denn, wenn ihnen langweilig ist?", fragt er rhetorisch in die Runde.
Doch es gibt auch andere Stimmen, vor allem aus dem Arbeitskreis Flüchtlingshilfe. Also von den Menschen, die nahe dran sind am Geschehen. Natürlich solle man ein Auge auf die Personen haben, weil ihnen langweilig werden könnte, sagt ein langjähriger Helfer. Denn im Gegensatz zu den ukrainischen Flüchtlingen dürfen Männer und Frauen aus Afghanistan oder Iran nicht nach Deutschland kommen und sofort arbeiten.
Gegen den Vorschlag aus der Bürgerschaft, ein Containerdorf außerhalb des Ortes zu bauen und es einzuzäunen, spricht er sich klar aus: "Diese Menschen sind keine aber Tiere."
Direkt mit den Menschen auseinandersetzen
Im Ortsteil Berwangen leben bereits Geflüchtete in Grundschulnähe. Bisher sei dort nichts passiert, erzählt eine Anwohnerin, die empfiehlt, sich mit ihnen direkt auseinanderzusetzen. "Das sind Menschen wie wir", meldet sich eine weitere Berwangerin zu Wort. "Sie haben Angst, mussten ihr Land verlassen und dürfen hier nichts tun."
Bei der Verwaltung sind die Bedenken der Bürger angekommen, der Gemeinderat wird sich Stand jetzt in der Aprilsitzung nochmals mit dem Thema beschäftigen. "Bis dahin liegt das Thema aus Eis und es passiert nichts im alten Rathaus", verspricht Gerd Kreiter, der auch betont, dass man nie wisse, wer in der Nähe einer Schule oder eines Kindergartens lebt. "Auch hier im Raum könnte ein gefährlicher Mensch sein", gibt der Bürgermeister zu Bedenken.




Stimme.de