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Filiale macht zu: Warum Osiander in Eppingen scheiterte

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Die Filiale des Tübinger Buchhändlers schließt nach nur drei Jahren in Eppingen ihre Pforten. Der Rückzug hat mehrere Gründe.

Noch erstrahlt die Eppinger-Osiander-Filiale in der Brettener Straße in hellem Glanz. Bis zum 7. Januar können Bestellungen noch hier abgeholt werden.
Foto: Helmut Melcher
Noch erstrahlt die Eppinger-Osiander-Filiale in der Brettener Straße in hellem Glanz. Bis zum 7. Januar können Bestellungen noch hier abgeholt werden. Foto: Helmut Melcher  Foto: HELMUT MELCHERT

Kaum eröffnet, schon schließt die Eppinger Osiander-Filiale wieder - so mag es manchem Passanten erscheinen. Mit dem Start ins Weihnachtsgeschäft hatte der Tübinger Buchhändler am 30. November 2019 seine Pforten in der Brettener Straße geöffnet, mit dem Ende des aktuellen Weihnachtsgeschäfts schließt er sie zum 9. Januar 2023. Dazwischen liegen pandemiebedingte Lockdowns und eine mehrmonatige Schließung wegen eines Wasserschadens im Sommer 2021.

Kaufverhalten hat sich während Pandemie verändert

Laut Christian Riethmüller sind die Gründe für die Schließung vielfältig: "Die wirtschaftliche Entwicklung liegt in Eppingen unter unseren Erwartungen, die steigenden Kosten und die Veränderung des Kaufverhaltens seit Beginn der Pandemie haben uns in Summe zu dieser Entscheidung bewogen", lässt der Geschäftsführer und Mitinhaber des Buchhandelsunternehmens in einer Mitteilung verlauten.

Die gleichen Worte zitiert die lokale Presse in Haßfurt. Auch in der unterfränkischen Kreisstadt schließt die ebenfalls 2019 eröffnete Osiander-Filiale nach den Weihnachtsferien. Während in der 13 500-Einwohner-Gemeinde aber gleichzeitig der Mietvertrag ausläuft, gilt er in Eppingen noch bis 2029.


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Hausbesitzer ist von Nachricht überrascht

"Die Nachricht von der Schließung kam für mich überraschend", gesteht der Hausbesitzer. Josef Kaya hatte das Erdgeschoss eigens für den Laden eingerichtet. Osiander sei für ihn "einer der wichtigsten Mieter" und für die Stadt Eppingen "eine Bereicherung". Persönlich stimme ihn die Nachricht traurig. Kaya zeigt aber Verständnis für seinen Freund Riethmüller: "Die Leute bestellen jetzt viel im Internet." Der Geschäftsführer habe ihm erklärt, dass in Eppingen die Umsatzzahlen nicht die Kosten deckten, "selbst wenn ich keine Miete verlangen würde". Während der Corona-Lockdowns und der Arbeiten zur Behebung des Sanitärschadens habe er keine Miete verlangt.

Alle Beteiligten suchen nach gutem Nachmieter

Auch wenn die Osiander-Gruppe ihre vertraglichen Verpflichtungen weiterhin erfülle, sucht er gemeinsam mit Christian Riethmüller und der Stadt Eppingen nach einem geeigneten Nachmieter. "Es sieht gut aus", deutet der Kirchardter an. Auf jeden Fall solle auch der nächste Mieter "eine Bereicherung für die Stadt" sein, das Ladengeschäft "einen Mehrwert für die Kommune haben".

 


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Konkurrenz hat das Aus erwartet

Wenig überrascht zeigt sich die Konkurrenz von der anderen Straßenseite. "Das war zu erwarten", sagt Karl Knoll. Den Platzhirsch von Holl und Knoll hatte es befremdet, als sich Osiander vor ein paar Jahren in der Großen Kreisstadt niederließ. "Im Buchhandel hat es keiner verstanden, dass die nach Eppingen gegangen sind." Zwar hatte er die Konkurrenz schräg gegenüber anfänglich etwas gefürchtet, doch jetzt stellt Knoll fest: "Er hat Sachen, die es überall gibt. Bei mir gibt es ein anderes Angebot."

So habe er sogar während der Lockdowns gute Umsätze gemacht: "Wir waren 44 Stunden pro Woche im Laden und telefonisch erreichbar." Bei Osiander sei in Eppingen zeitgleich nur Mittwoch und Samstag von 10 bis 12 Uhr jemand verfügbar gewesen. Holl und Knoll habe die Pandemie nicht nur gut, sondern auch mit leichtem Gewinn überstanden. Nun freue ihn die Nachricht von der Schließung zwar. "Ich bin aber auch ein bisschen besorgt um die Frequenz in der Stadt."

Mitarbeiterinnen kommen in Heilbronner Filiale unter

Auch wenn Osiander-Chef Riethmüller verlauten lässt: "Sicherlich war die grundsätzliche Entscheidung, nach Eppingen zu gehen, ein Fehler, den wir jetzt korrigieren. Es macht keinen Sinn dort als Konkurrent aufzutreten." Knoll wähnt noch einen anderen Grund hinter dem Rückzug und spielt auf die "Kooperation" des Tübinger Familienunternehmens mit der Buchhandlungskette aus Nordrhein-Westfalen an: "Thalia hat nun die Mehrheit an Osiander. Und Thalia rechnet mit spitzem Bleistift."

Die Eppinger Osiander-Mitarbeiterinnen werden jedenfalls nicht arbeitslos. Sie kommen im Heilbronner Laden des Buchhändlers unter - ebenso wie die Haßfurter in Hallstadt und Bamberg weiterbeschäftigt werden können.

 


Buchhandlung mit Jahrhunderte alter Tradition

Die Anfänge der Osianderschen Buchhandlung GmbH, so der offizielle Firmenname, liegen im Jahr 1596. Damals gründete Professor Erhard Cellius, der den Lehrstuhl für Poetik und Geschichte der Universität Tübingen innehatte Druckerei, Verlag und Buchhandlung. Die Firma wechselte mehrmals den Besitzer, da es innerhalb der Familie nicht immer Nachfolger gab. "Osiander" nennt sich die Buchhandlung seit 1813 - nach Christian Friedrich Osiander, der das Geschäft damals von seinem Schwiegervater Jacob Friedrich Heerbrandt übernahm. Seit 1955 heißen die Betreiber der 1979 in eine GmbH gewandelte Firma mit Nachnamen Riethmüller.

Nach der Eröffnung der ersten Filiale außerhalb Tübingens, 1975 in Böblingen, wuchs das Buchhandlungsunternehmen kontinuierlich, 1996 ging es online. 2016 brachte die Familie Riethmüller das Betriebsvermögen in eineStiftung ein mit dem Ziel, den Fortbestand der Osianderschen Buchhandlung als Familienunternehmen dauerhaft zu sichern. Nachdem ein Computervirus die Buchhandlung im Mai 2019 wochenlang zum Stillstand brachte, ging die Firma 2020 eine Kooperation mit Thalia ein. Das Unternehmen aus Hagen betrieb zu dem Zeitpunkt mehr als 300 Filialen bundesweit, Osiander rund 70 im Süden des Landes. "Das traditionsreiche Tübinger Buchhandelsunternehmen Osiander und Thalia Mayersche gehen über eine gemeinsame Vertriebsgesellschaft eine strategische Partnerschaft ein" verlautete eine Pressemitteilung vom 22. Oktober 2020. Und dass über die Modalitäten des Vertrages Stillschweigen vereinbart wurde. Jetzt schließt Osiander mehrere erst 2018 und 2019 eröffnete Filialen, nicht nur in Eppingen.


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