Hohenloher Bürgermeister bewerten die Ergebnisse der Studie zur Hohenlohe- und Kochertalbahn
Die am Montag (27. März 2023) vorgestellten Resultate zur Elektrifizierung der Hohenlohebahn sowie zu einer möglichen Reaktivierung der Kochertalbahn werden vor Ort unterschiedlich interpretiert. Vor allem bei einem der beiden Vorhaben haben mehrere Befragte Zweifel bezüglich einer Realisierung.

Positive Signale für die Elektrifizierung der Hohenlohebahn und die Reaktivierung der Kochertalbahn: Die am Montag im Kreistag nun offiziell vorgestellten Ergebnisse der Machbarkeitsstudie belegen: Beide Projekte sind prinzipiell realisierbar. Doch es bleiben noch viele Fragezeichen. Auch weil Kreis und Kommunen insgesamt zwischen zehn und 24 Millionen Euro selbst mitfinanzieren müssen. Wie also bewerten die Rathauschefs der an den Strecken liegenden Kommunen die Sache?
"Ich freue mich sehr, dass hier durch die positiven Nutzen-Kosten-Verhältnisse auf der Angebotsseite Chancen entstehen, den ÖPNV attraktiver zu machen", sagt Neuensteins Bürgermeister Karl Michael Nicklas. Das Ergebnis zur Hohenlohebahn sei "vorhersehbar" gewesen. Das zur Kochertalbahn indes überrasche: Die Bundesregierung habe ja nach der Beauftragung der Studie die Kriterien für das Nutzen-Kosten-Verhältnis geändert und so die politische Entscheidung getroffen, mehr Strecken als bisher förderfähig zu machen, sagt Nicklas. "Hiervon profitierte die Strecke nach Künzelsau."
Die Chancen auf die Elektrifizierung der Hohenlohebahn schätze er als sehr groß, die der Reaktivierung der Kochertalbahn als "Stand jetzt eher gering" ein. Man müsse die Gespräche mit dem Kreis abwarten - insbesondere was die laufenden Kosten betreffe.
Unterschiedliche Sicht auf Kochertalbahn
Viele Herausforderungen gelte es noch zu bewältigen: etwa Grunderwerb für Begegnungsabschnitte, Tunnelbau, möglicher Protest von Anwohnern gegen Betriebslärm, Wegfall von Busverbindungen wegen des Parallelbedienungsverbots - und die "Betriebskosten, die nicht gefördert werden und auf Dauer von den Kommunen zu tragen sind".
Als "interessant und zukunftsfähig" beurteilt Waldenburgs Verwaltungschef Bernd Herzog die vorgestellten Ergebnisse. Auch er taxiert die Chancen auf eine Wiederkehr der Kochertalbahn als "eher gering". Die Frage der Finanzierung durch die Kommunen sowie "endlose Verwaltungs- und Planungsprozesse" stünden noch an.
"Ein Gewinn" sei der kommende S-Bahn-Verkehr bis hinab nach Hall-Hessental, sagt Kupferzells Bürgermeister Christoph Spieles. Hier werde es Zeit, dass die Elektrifizierung ab Cappel endlich durchgeführt werde. In puncto Kochertalbahn sind auch aus seiner Sicht noch "viele detaillierte Punkte abzuklären". Christoph Spieles weiter: "Da ist sehr viel mehr an Aufwand, Planung und Verteilung notwendig sowie auch der zeitliche Faktor zu beachten. Insbesondere die Fragen der Finanzierung und der Folgekosten sind vorab zu klären."
Künzelsauer Bürgermeister äußert sich optimistisch
Mit Blick auf die Hohenlohebahn ist sich der Künzelsauer Bürgermeister Stefan Neumann mit den Kollegen noch weitgehend einig: "Es ist ohnehin ein Unding, dass die Hohenlohebahn noch nicht elektrifiziert ist", sagt er. Entsprechend positiv sei nun das Ergebnis der Machbarkeitsstudie. Anders als die Rathauschefs aus Waldenburg und Kupferzell ist Neumann bei der Realisierung der Kochertalbahn aber "sehr optimistisch". Mit den Ergebnissen sei ein Meilenstein erreicht, von dem kaum jemand geglaubt hätte, dass er so positiv ausfalle.
Dies sei auch dem höheren politischen Stellenwert der Mobilitätswende geschuldet, wovon man nun profitiere. "Wenn man die Mobilitätswende ernst nimmt, ist das jetzt eine Chance, die man nicht verstreichen lassen darf." Die Bedenken hinsichtlich der Finanzierung teilt Neumann nicht. Natürlich seien die Kosten hoch, doch "alle Anliegergemeinden profitieren auch davon", ist er sicher. Über den gemeinsamen Gewerbepark Hohenlohe "haben wir Möglichkeiten, das abzuwickeln".
Ohne die Bahn müsse man über kurz oder lang einen Ausbau der B19 in Betracht ziehen. Die sei bereits jetzt zu Stoßzeiten überlastet. Das Parallelbedienverbot ist aus Neumanns Sicht nach den jüngsten Ergebnissen kein wichtiges Kriterium mehr: Die Schiene könne punktuell mit Bussen ergänzt werden.
Christian von Stetten, CDU-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der Bürgerinitiative "Wir bauen die neue Kochertalbahn", ist naturgemäß ebenso optimistisch: "Die Reaktivierung ist sehr realistisch geworden", sagt er. "Die Kochertalbahn bringt auch der Hohenlohebahn etwas", ist der Politiker überzeugt. "Denn es zählen auch die Fahrgäste, die von Öhringen aus nach Künzelsau wollen."
Von Stetten spricht ebenfalls von einer möglichen Finanzierung über den Gewerbepark und betont, dass man bei derart hohen Fördersummen - insgesamt geht es um 350 Millionen Euro - zugreifen müsse. "Das wird man so nie wieder kriegen." Eine Hängepartie wie beim Ausbau der A6 erwartet von Stetten indes nicht: Während bei den Entscheidungsträgern in Stuttgart seinerzeit Autobahnen verhasst gewesen seien, liebe man dort Züge, sagt er.
Stimmen aus dem Kochertal
Niedernhalls Bürgermeister Achim Beck betont: "Hinter der Elektrifizierung der Hohenlohebahn stehe ich vollumfänglich. Die Ergebnisse zur Kochertalbahn sind für mich noch unzureichend ausgearbeitet."
Bürgermeister Rainer Züfle (Weißbach) sieht die Ergebnisse der Studie skeptisch: Sie berücksichtige nur, was die Politik berücksichtigt haben wolle. Während er die Elektrifizierung der Hohenlohebahn nachvollziehen könne, sehe die Sache für die "vorsätzlich falsch als Kochertalbahn bezeichnete Künzelsaubahn" anders aus. "Der Bau und der Betrieb einer solchen Bahn wären meines Erachtens wirtschaftlicher und ökologischer Nonsens." Probleme sieht er, wie seine Kollegen Beck und Michael Foss (Forchtenberg), in offenen Fragen: etwa zu Betriebskosten, Auswirkungen auf den Busverkehr, Fahrtzeitverkürzung, Anzahl von Haltestellen und zu nicht förderfähigen Kosten wie Lärmschutz oder die Verlegung von Radwegen und Feldwegen.