Warum Rettungskräfte im Hohenlohekreis manchmal ungewollt tatenlos bleiben müssen
Insider sprechen von Defiziten bei der Alarmierung der Einsatzkräfte durch die zentrale Rettungsleitstelle des Landkreises in Künzelsau-Gaisbach.

Das Problem bestehe schon seit Jahren - doch in jüngster Zeit habe sich die Lage noch verschärft: So schildert es der Mitarbeiter einer Blaulicht-Organisation im hiesigen Landkreis. Der Mann will anonym bleiben, ist unserer Redaktion aber namentlich bekannt. In einer großen Zahl von Fällen - er spricht von über 40 Prozent in seinem Bereich - komme es bei Einsätzen von Feuerwehr und Rettungsdienst, die in der zentralen Rettungsleitstelle des Kreises in Künzelsau-Gaisbach koordiniert werden, zu Fehl- und Falsch-Alarmierungen.
Die Person nennt unserer Redaktion auch konkrete Fälle, die - um seine Anonymität zu wahren - hier nur grob umrissen werden können: So werde seine Einheit immer wieder bei Einsätzen, wo man eigentlich regional zuständig sei, nicht alarmiert und habe so beispielsweise bei einem Unfall in der unmittelbaren Nachbarschaft untätig bleiben müssen - weil man schlicht nichts davon erfahren habe.
Dadurch habe in mindestens einem Fall das Opfer unnötig lange auf Hilfe warten müssen, behauptet er. Auch zwei weitere Angehörige der Einsatzkräfte im Hohenlohekreis, die ebenfalls nicht namentlich genannt werden wollen, bestätigen das Problem auf HZ-Nachfrage zumindest in Grundzügen.
Neues Schema, neue Technik
Wie reagiert Kreisbrandmeister Torsten Rönisch, der für die vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) betriebene Leitstelle vonseiten des Hohenlohekreises die Aufsicht ausübt, auf die geschilderten Vorwürfe? "Eine Quote von 40 Prozent scheint mir sehr hoch gegriffen, das kann ich nicht bestätigen," sagt Rönisch. Dass es aber "immer mal wieder" Probleme gebe, gesteht er ein.
Was sind aus seiner Perspektive die Gründe für die Schwierigkeiten? "Wir haben vor rund zweieinhalb Jahren die sogenannte Alarm- und Ausrückeordnung des Kreises überarbeitet", berichtet Rönisch. Besagtes Schema regelt den Ablauf der Rettungskette und die Zuweisung nötiger Einsatzkräfte zu Brand- oder Unfallorten und soll sicherstellen, dass überall im Kreisgebiet adäquate Hilfe bei einem Notfall anrückt.
Im selben Zuge sei auch das technische System der Leitstelle namens "Cobra" von der veralteten Version drei auf vier modifiziert worden. Mithilfe der neuen Technik werde nach der Aufnahme des Notrufs durch den entsprechenden Mitarbeiter nunmehr automatisiert alarmiert - aber jeder Disponent in der mit zwei Personen besetzten Zentrale "denkt immer nochmals darüber nach und hat die Möglichkeit einzugreifen". Auch befinde man sich gegenwärtig in der Umstellung auf eine digitale Alarmierungskette.
"Wenn man ein großes Rad dreht, ist so etwas normal", betont der Feuerwehr-Chef. Von einem kreisweiten Massenphänomen könne jedoch nicht die Rede sein, beteuert er. Wenn es Probleme im Prozess der Alarmierung und Zuweisung der Einsatzkräfte gegeben habe, werde stets im Nachgang das Gespräch mit den Zuständigen vor Ort gesucht und dann gemeinsam eruiert, was verbessert werden könne.
Stress auf beiden Seiten der Leitung
Rönisch wirbt um Verständnis und stellt sich schützend vor die Mitarbeiter der Gaisbacher Leitstelle: Die Notruf- und Alarmierungskette sei zwar elaboriert, aber eben auch bisweilen fehleranfällig: Oft stünden die Anrufer bei Extremsituationen unter enormem Stress und könnten daher nur unzureichende Angaben machen. Aber auch die Mitarbeiter am anderen Ende der Leitung hätten kraft der gesetzlichen Vorgaben stets nur anderthalb Minuten Zeit, um einen Notruf komplett aufzunehmen.
"In allen solchen Fällen, die ich kenne, konnte man hinterher plausibel klären, was der Fehler gewesen ist", sagt Rönisch. Die da wären? "Das können Einpflege-Fehler im System, ein Anfrage-Problem oder auch eine Einschätzung, die nicht zutreffend war, gewesen sein."
Im Zuge der Umstellung hake es immer mal wieder noch im System bei bestimmten Einsatz-Stichworten. "Die pflegen wir dann nach." Grundsätzlich halte er die neue Technik aber für eine "ganz gute Sache": Der Hohenlohekreis sei schließlich landesweit einer der letzten Kreise, wo aktuell noch analog alarmiert werde. "Wenn wir hier die digitale Welt betreten, werden wir sicher das ein oder andere auch noch ausbügeln können."
Rönisch weiter: Nicht jede kleine Feuerwehr-Einheit habe etwa einen sogenannten Hilfeleistungs-Satz, mit dem bei Verkehrsunfällen korrekt geholfen werden könne. Dies habe der entsprechende Kommandant im Zuge der Erstellung besagter Ausrückeordnung dann aber auch so angegeben. Daher könne es eben auch sein, dass kleinere Wehren nicht alarmiert würden, sondern stattdessen die nächstgrößere.






 Stimme.de
Stimme.de