Transnet-Chef äußert sich im Interview zum geplanten Netzbooster in Kupferzell
TransnetBW-Geschäftsführer Werner Götz stellt sich im Stimme-Gespräch den drängendsten Fragen zum Thema Kupferzeller Riesenbatterie.

Sie sorgt mächtig für Spannung: Die in Kupferzell geplante Netzstabilisierungsanlage polarisiert. TransnetBW-Geschäftsführer Dr. Werner Götz spricht im Interview mit der Hohenloher Zeitung über Fehlurteile, Vorwürfe und den Fortgang der Dinge.
Herr Götz, seit Monaten gibt es Proteste einer Bürgerinitiative – und die Gemeinde zieht alle rechtlichen Register, um den Bau des Boosters zu verhindern. Hand aufs Herz: Haben Sie sich die Planungen so schwierig vorgestellt?
Werner Götz: Nein. Wir hatten uns in der Tat die Situation nicht so schwierig vorgestellt. Wir haben die Widerstände anders eingeschätzt, denn es gibt ja in der Bevölkerung eine große Zustimmung zur Energiewende – und das Netzbooster-Projekt ist dafür eines der Leuchtturm-Projekte mit hoher energiepolitischer Sinnhaftigkeit.
Können Sie denn nachvollziehen, dass manche Bürger Bedenken und Ängste haben? Schließlich ist es ein Pilotprojekt...
Götz: Absolut. Sobald persönliche Betroffenheit vorhanden ist, gibt es Sorgen und Anspruch auf Information. Das ist normal. Was wir unterschätzt haben, ist die große Emotionalität mancher Kritiker. Denn wir setzen etablierte Batterietechnik ein, die aber nun für ein hoch innovatives Betriebskonzept für den Netzbooster genutzt werden soll.
Warum braucht es aus Ihrer Sicht die Anlage in Kupferzell?
Götz: Wir müssen für das Gelingen der Energiewende unser komplettes Stromerzeugungs- und Transport-System auf eine neue Basis stellen. Der Booster sorgt für eine bessere Auslastung des bestehenden Netzes, verhindert zusätzlichen Leitungsbau – und sorgt dafür, dass volkswirtschaftlich am Ende Kosten gespart werden können.
Das heißt, die Stromkunden profitieren auch finanziell durch die Anlage?
Götz: Ja. Wir unterliegen als Übertragungsnetzbetreiber einem regulatorischen Rahmen. Das bedeutet: Alle Kostenreduzierungen unseres Netzbetriebs kommen über ein Umlagesystem zum Endkunden.
Kritiker sagen, es ginge Ihrem Unternehmen nicht um die Energiewende, sondern um Marktmacht und Profitmaximierung durch Stromhandel. Was entgegnen Sie?
Götz: Fakt ist, dass diese Annahme grundsätzlich falsch ist. Der schon angesprochene regulatorische Rahmen verbietet uns gerade eine Marktteilnahme. Der Netzbooster darf keine Leistung am Strommarkt anbieten, wird nur zur Fehlerbehebung eingesetzt: "Kurativ" lautet das Fachwort dafür.
Es heißt, Sie redeten viel von Transparenz, aber liefern nicht.
Götz: Es gibt unterschiedliche Erwartungshaltungen. Wir versuchen, den Sachstand sehr offen und transparent mitzuteilen. Wir haben gerade das dritte "Forum Energiedialog" gehabt, waren mehrmals im Gemeinderat. Und wir haben auch örtliche Industriebetriebe besucht. Das sind doch Belege für Transparenz und Dialogbereitschaft.
In ebendiesem Vermittlungsausschuss haben Sie unlängst aber doch der Gemeinde die Pistole auf die Brust gesetzt: Die Grundsatzfrage des "Ob" müsse dort zukünftig ausgeklammert bleiben, wenn die Gemeinde noch beim "Wie" mitreden wolle...
Götz: Das Energiewirtschaftsgesetz und der Netzentwicklungsplan verpflichten uns zum Bau der Anlage. Darum ist die Frage des "Ob" gesetzlich geklärt. Wir sollten uns jetzt über das "Wie" unterhalten. Denn wir führen das Projekt aktuell in die Umsetzung, es werden Entscheidungen getroffen. Wenn die Gemeinde jetzt mit uns über das "Wie" redet, kann sie Einfluss nehmen.
Apropos Umsetzung: Mit der Inbetriebnahme der Anlage im Jahr 2025 wird es wohl eng werden, oder?
Götz: Wenn wir für die Genehmigung nicht das Planfeststellungsverfahren mit seinen Beteiligungsoptionen gewählt hätten, hätten wir schon 2022 oder 2023 an den Start gehen können. Je früher, desto besser: Denn jedes Jahr, das wir verlieren, kostet die Endkunden laut Bundesnetzagentur rund 15 Millionen Euro. Es gibt somit ein gemeinsames Interesse, dass wir vorankommen. Wir rechnen aktuell mit der Inbetriebnahme im Jahr 2025.
Wie wird sich denn das Stromnetz in der Zukunft verändern müssen?
Götz: Wir haben in Baden-Württemberg die Situation, dass wir durch den Atom- und Kohleausstieg 8,4 Gigawatt an Kraftwerksleistung verlieren. Im Land werden in der Spitze elf Gigawatt verbraucht. Es muss also ein Ersatz geschaffen werden. Das geschieht hauptsächlich durch den Stromtransport von Nord nach Süd. Das ist nicht die alleinige Lösung, wir werden auch dezentrale Anlagen brauchen. Aber die werden bei weitem nicht ausreichen, um die Versorgungssicherheit sicherzustellen.
Halten Sie es für möglich, dass der Bau noch durch eine Gerichtsentscheidung verhindert werden könnte?
Götz: Wir sehen dieses Szenario nicht, ehrlich gesagt. Der Netzbooster wurde in einem breiten Verfahren für netzwirtschaftlich notwendig befunden. Wir haben einen klaren gesetzlichen Auftrag.
Das sehen Kritiker und Kommune freilich anders: Die Bestätigung der Bundesnetzagentur, auf die Sie sich berufen, sei lediglich eine "Argumentationshilfe" und kein gesetzlicher Auftrag, heißt es von dort.
Götz: Das Bundeswirtschaftsministerium hat das eindeutig bestätigt. Es ist bestehendes deutsches Recht.
Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Geben Sie den Kupferzellern Ihr Ehrenwort, dass es nicht zum vielbeschworenen Horrorszenario einer größeren Explosion kommen wird?
Götz: Ja. Das Explosionsrisiko wurde von Experten ausgeschlossen. Ich persönlich hätte überhaupt kein Problem, direkt neben dem Netzbooster zu wohnen.




Stimme.de