In Gommersdorf wurde einst fürstliches Bier gebraut
Eine Ruine von 1833 in Krautheimer Teilort Gommersdorf erinnert an frühes Bierbrauen längst vergangener Tage. Wir haben uns in der ehemaligen Brauerei umgesehen.

Steil führt die Steintreppe hinab ins Erdreich. Eine große, dunkle Holztür, von Spinnweben und der Zeit gezeichnet, befindet sich am unteren Ende. Markus Schmitt öffnet den rechten Flügel. Dahinter liegt ein geräumiger Gewölbekeller. Es ist feucht, in der Luft ein leicht modriger Geruch. Gleich einer Tropfsteinhöhle fallen einzelne Wassertropfen irgendwo mit einem leisen Plopp und Platsch herab. "Früher haben die Leute ihr Obst hierher gebracht, um es über Winter zu lagern", sagt Schmitt. Doch lange bevor der Keller und die dazugehörigen Gebäude in Besitz der Familie Schmitt waren, lange bevor der Keller als Obstlager der Dorfgemeinschaft genutzt wurde, war er Teil eines kühnen, frühindustriellen Versuchs, eine Brauerei in Gommersdorf zu etablieren.
Vom Versuchs, eine Brauerei in Gommersdorf zu etablieren

1833 errichteten die zu jener Zeit neuen Landesherren zu Salm-Reifferscheid-Krautheim auf dem Gelände der ehemaligen Gemeindekelter eine Brauereianlage. Wie im Heimatbuch der Stadt Krautheim zu lesen ist, sollte diese 1836 verpachtet werden. Aus dem dort zitierten Inserat im "Großherzoglich-badischen Anzeigeblatt" geht hervor, dass es sich bei der Anlage um ein "ganz von Steinen erbautes" Sudhaus handelte, "welches eine Darre nach englischer Art hat, einen Braukessel von 24 badischen Ohm* oder 10 württemberger Eimer Gehalt, sowie vier geräumige Speicher". An das Sudhaus schlossen sich ein Wirtschaftsgebäude und Wohnhaus mit Speichern und Kellern sowie Scheune und Stallungen an.
Heute haben Brombeeren haben das Regiment

Der Felsenkeller unter der Gesamtanlage, tief im Hang eingegraben, soll "450 Fuß* Länge, 18 Fuß Breite und 12 Fuß Höhe" messen, sowie "durch Mauern in sieben Abteilungen getrennt" sein. Um ihn zu erreichen, bahnt Markus Schmitt einen Weg durchs Dickicht. Brombeeren haben hier längst das Regiment übernommen, recken ihre dornigen Äste wie Krallen nach den Störenfrieden.
In den grünen Schimmer des üppigen Blätterdachs getaucht, offenbart sich das von Efeu umschlungene alte Mauerwerk mit seinem bogenförmigen Eingang. Ein Metallgitter versperrt den Zugang zum Felsenkeller, gibt aber den Blick in die dunkle Tiefe frei. Die Ausmaße lassen sich nur erahnen, als das Blitzlicht der Kamera für einen kurzen Moment das Gewölbe sichtbar macht. Bier lagert hier schon lange keins mehr. Stattdessen hausen in der kühlen Dunkelheit Fledermäuse, wie Markus Schmitt berichtet.
Kurze Brauerei-Geschichte

Die Geschichte der Fürstlich Salmischen Brauerei in Gommersdorf ist eine kurze. Als erster Pächter wird der "Krautheimer Hirschenwirt Andreas Eisenhut genannt". Noch 1846 schwärmt der Pfarrer und Historiker Ottmar Schönhut aus Wachbach: "Die früheren Besitzer der Herrschaft, die Fürsten von Salm-Krautheim, haben in Anbetracht des Mangels einer solchen Brauereieinrichtung im Jagsttal das schöne massive Brauhaus errichtet, auch die Umgebungen des Hauses so anlegen lassen, daß dieser Punkt zu einem der freundlichsten im ganzen Jagsttal geworden ist." Schönhut rühmt das Bier als "das beste im ganzen Jagsttal".
Und: "Auch die Umgebungen des so romantisch am Ufer der Jagst gelegenen Wirtschaftsgebäudes haben sich so verschönert und man kann wohl in der milderen Jahreszeit im Jagsttal keinen schöneren Ausflug wählen als hierher, wo sich Badener und Württemberger in Eintracht zusammenfinden, um sich beim Kegelspiel zu unterhalten und am Gerstensaft und Gesang zu laben, bis die Abendsonne über das schöne, vor uns liegende Tal strahlt und die Zinnen des alten Schlosses in Krautheim beleuchtet, das nirgends so schön vor uns liegt, wie gegen Gommersdorf hin."
Trotz dieser glanzvollen Beschreibung kämpfte der Betrieb bereits zu jener Zeit mit zahlreichen notwendigen Reparaturen. Der Felsenkeller erwies sich als nicht brauchbar für das Lagern von Bier, weil immer wieder Wasser eindrang. Ein stetiger Pächterwechsel folgte, bis die Brauerei 1891 Konkurs anmeldete.
Gebäude einsturzgefährdet
Rund 130 Jahre später ist das denkmalgeschützte Brauereigebäude einsturzgefährdet und taugt nicht einmal mehr als Lager. Markus Schmitt, dessen Vater es vor rund 30 Jahren von der Stadt erworben hat, seufzt und zuckt mit den Schultern. Da das Gelände direkt an das Grundstück der Familie grenzte, hatte sein Vater den Kauf für eine gute Sache gehalten, man nutzte die Räumlichkeiten damals noch zum Mosten. Doch Schmitt weiß, dass er das Riesengebäude mit seinen finanziellen Mitteln nicht retten kann. Stattdessen hofft er, mit dem Denkmalamt eine Lösung zu finden. Wie die aussehen kann, ist noch unklar. Das Gebäude wieder sicher betreten zu können, wäre aber ein Anfang.
*Einheiten
Ein Ohm entspricht 150 Litern, ein Fuß in diesem Fall 30 Zentimetern.