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AfD-Neujahrsempfang Niedernhall wird von Pfeif-Konzert begleitet

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Anlässlich des Parteitreffens in der Niedernhaller Stadthalle protestieren rund 120 Menschen gegen Rechtsextremismus. Redner bei dem Neujahrsempfang waren Anton Baron, Joachim Steyer und Dennis Klecker.

Draußen vor der Stadthalle protestieren anlässlich des AfD-Neujahrsempfangs rund 120 Menschen mit Schildern und lautstarkem Trillerpfeifen-Konzert gegen Rechtsextremismus.
Draußen vor der Stadthalle protestieren anlässlich des AfD-Neujahrsempfangs rund 120 Menschen mit Schildern und lautstarkem Trillerpfeifen-Konzert gegen Rechtsextremismus.  Foto: Ludwig, Tamara

Ein lautstarkes Trillerpfeifen- und Trötenkonzert begleitet jeden, der sich am Donnerstagabend dem Eingang der Niedernhaller Stadthalle nähert. Dort hat die AfD Hohenlohe-Schwäbisch Hall zum Neujahrsempfang geladen. Auf dem Parkplatz gegenüber der Halle haben sich laut Polizei 120 Menschen versammelt. Mit Schildern und eben jenen Trillerpfeifen und Tröten demonstrieren sie unter dem Motto "Nie wieder ist jetzt! Vereint gegen Rechtsextremismus, gemeinsam für Demokratie".

Kurzfristig, nämlich erst zwei Tage zuvor, hatte die Niedernhallerin und Hohenloher Weinprinzessin Victoria Nicklas den Protest organisiert. "Ich habe zunächst herumgefragt, ob es Unterstützung für das Vorhaben gibt und bin sofort auf offene Ohren gestoßen. Trotzdem war es dann sehr knapp", sagt sie mit Blick auf die notwendige Genehmigung durch die Behörden und Absprachen mit der Polizei. Letztere ist mit 20 Einsatzkräften vor Ort, um einen friedlichen Ablauf beider Veranstaltungen zu gewährleisten.


Protest bei AfD-Neujahrsempfang in Niedernhall: "Nazis raus"-Gesänge gegen Abgeordneten Anton Baron aus Hohenlohe

"Laut und friedlich" wollen die Demonstranten ihre Meinung kundtun, ruft Nicklas das Credo aus. Und laut wird es sofort, als der Hohenloher AfD-Landtagsabgeordnete Anton Baron aus der Stadthalle heraustritt. Den "Nazis raus"- und "Lügenbaron"-Gesängen schenkt er ein Lächeln und winkt den Demonstranten zu, bevor er wieder im Inneren des Gebäudes verschwindet.

Dort, im kleinen Saal im Obergeschoss, haben sich inzwischen rund 70 Personen zum Neujahrsempfang der Partei versammelt. Es müssen Stühle geholt werden, es geht eng und warm zu. In seiner Begrüßung schneidet Anton Baron die bekannten Themen seiner Partei an, wünscht sich die "blaue Wende" herbei. Er kritisiert die Migrationspolitik, die aktuelle Klima- und Energiepolitik, spricht von "ideologischer Abschaltung unserer sicheren Atomkraftwerke" und der Unberechenbarkeit der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien.

Redner grüßen auf AfD-Neujahrsempfang den Verfassungsschutz

So zahle Deutschland in Stoßzeiten, in denen zu viel Strom produziert werde, sogar dafür, dass das Ausland den Strom abnehme. "Wenn dann wieder nicht genug da ist, wird er teuer eingekauft." Was Baron nicht erwähnt: Beispielsweise an der Außenhandelsstatistik aus dem Jahr 2022 lässt sich ablesen, dass der Exportüberschuss von Januar bis Juli bei 17,4 Terawattstunden lag, wofür Einnahmen von knapp über drei Milliarden Euro nach Deutschland flossen. Der Strom muss also keineswegs ins Ausland verschenkt oder die Abgabe sogar bezahlt werden.

Redner des Abends sind neben Anton Baron auch dessen Landtagskollegen Joachim Steyer aus Burladingen und Dennis Klecker aus Ilsfeld. Steyer sorgt zunächst für zustimmende Lacher, als er betont, dass "auf dieser Veranstaltung garantiert nicht gegendert" wird. Auch grüßte er den "Verfassungsschutz, der bestimmt auch da ist". Inhaltlich arbeitet er sich unter anderem am Bürgergeld, der Zuwanderung und am Heizungsgesetz der Ampel-Regierung ab, oder wie er es nennt, dem "Wärmepumpen-Zwangsgesetz". Dass viele Bürger vorsorglich auf die Schnelle noch Öl- und Gasheizungen einbauen ließen, zeuge von "Menschenverstand".


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So lief der AfD-Neujahrsempfang in Niedernhall ab

Steyer redet sich in Rage, das Publikum hängt ihm an den Lippen, zustimmende Zwischenrufe befeuern ihn, die Schweißperlen stehen ihm auf der Stirn – auch deshalb, weil die Fenster geschlossen bleiben. Von draußen sind immer wieder die Trillerpfeifen zu hören.

Schließlich ist Dennis Klecker an der Reihe, der mit einer "Falschinformation" mit Blick auf die Bauernproteste aufräumen will. Die AfD sei nicht – wie vielerorts zu lesen und zu hören sei – gegen die Subventionierung der Landwirtschaft generell, sondern gegen EU-Subventionen nach dem "Gießkannenprinzip". Nachzulesen ist das unter Punkt 13 des Grundsatzprogramms der Partei. Weiter vorne im Programm heißt es jedoch: "Die AfD lehnt Subventionen generell ab. Wir wollen gleiche Regeln für alle – ob groß, ob klein, in jeder Branche". Einen Widerspruch sieht Klecker hierin nicht. Er betont, es müsse andere Wege geben, die heimischen Bauern zu entlasten, etwa durch Befreiung von der Mehrwertsteuer.

Offener Brief von AfD Hohenlohe an Medien, Kommunen und Parteien zu Protesten gegen rechts

In einem offenen Brief richtete sich der Kreisvorstand der AfD Hohenlohe-Schwäbisch Hall "an die Medien, Kommunen, Parteien und sonstige Institutionen zu den derzeitigen Protesten gegen rechts". Darin ist von einer "beispiellosen und verlogenen Desinformationskampagne" gegen die AfD die Rede, ausgelöst durch das Recherche-Netzwerk Correctiv. Das hatte von einem Treffen im November in Potsdam berichtet, bei dem unter anderem hochrangige AfD-Politiker, Neonazis und Unternehmer zusammenkamen.

Den Recherchen zufolge planten sie dort die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland. Im offenen Brief wird nun behauptet, dass obwohl auch CDU-Mitglieder teilnahmen, sich die darauffolgenden Proteste fast ausschließlich gegen die AfD richteten. Für die Teilnahme von Mitgliedern an diesem "privaten Treffen" trage man keine Verantwortung.


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Doch: Während die im Correctiv-Text erwähnten CDU-Mitglieder keine herausgehobenen Ämter innehaben und bei dem Treffen keine aktive Rolle einnahmen, traten einige der AfD-Politiker selbst als Redner auf. Sowohl im offenen Brief als auch beim Neujahrsempfang betont die AfD, die Recherche sei jetzt erschienen, um von den Bauernprotesten und dem "Regierungsversagen" abzulenken. Der Zeitpunkt lässt sich jedoch mit der Dauer einer solch aufwendigen Recherche unter Prüfung aller Fakten, Befragungen von Teilnehmern wie auch rechtlicher Absicherung begründen.

 
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