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Geheimtreffen der Rechten in Potsdam macht Unternehmen zu schaffen

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Die Burgerkette „Hans im Glück“ und der Lieferdienst Pottsalat trennen sich umgehend von ihrem Gesellschafter Hans-Christian Limmer. Die Bäckerkette Backwerk betont, längst keine Verbindung mehr zu Limmer zu haben. Vor dem Shitstorm sind alle drei nicht gefeit.

Ende letzten Jahres haben sich hochrangige Politiker der AfD, Unternehmer und Rechtsextreme in Potsdam getroffen, um die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland zu besprechen.
Ende letzten Jahres haben sich hochrangige Politiker der AfD, Unternehmer und Rechtsextreme in Potsdam getroffen, um die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland zu besprechen.  Foto: Jens Kalaene (dpa)

"Geheimplan gegen Deutschland“ ist der Bericht des Recherche-Netzwerks Correctiv überschrieben, der seit Mittwoch Wellen schlägt. Darin geht es um ein bislang geheimes Treffen von Rechtsextremen in einem Hotel bei Potsdam, bei dem offenbar ein „Masterplan“ zur Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland präsentiert wurde.

Die Enthüllungsgeschichte hat auch einen Unternehmer in den Fokus gerückt, der seine Geschäfte sonst sehr öffentlichkeitsscheu betrieben hat: Hans-Christian Limmer, einst Mitgründer der Bäckereikette Backwerk und – inzwischen ehemaliger – Gesellschafter der Burgerkette „Hans im Glück“, die auch in der Heilbronner Sülmercity vertreten ist.

Potsdamer Treffen radikaler Rechter: Hans-Christian Limmer plötzlich ein Antifaschist?

Wer beim Business-Netzwerk LinkedIn die Seite von Hans-Christian Limmer aufruft, der wird erst einmal überrascht. Ein grünes Logo mit durchgestrichenem Hakenkreuz ziert den Seitenkopf, angelehnt an das bekannte Anti-Nazi-Symbol in Rot und Schwarz.

Doch bei näherer Betrachtung wird deutlich, dass dies offenbar nicht von Limmer selbst stammt. Es ist das neue Logo des Salatlieferdienstes Pottsalat, dessen Gesellschafter Limmer ebenfalls war. Pottsalat hat sein Logo auf den sozialen Medien umgehend geändert - als Reaktion auf die Vorwürfe gegen Limmer.

Unternehmen gehen auf Distanz

„Wir distanzieren uns aufs Schärfste von jeglicher Form von Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus“, erklären die Pottsalat-Gründer Pia Gerigk, Alexandra Künne und Ben Küstner. Eine eventuelle rechtsextreme Gesinnung von Limmer sei für sie „zu keinem Zeitpunkt“ erkennbar gewesen. Dennoch werden Konsequenzen gezogen: „Der Pottsalat-Gesellschafterkreis trennt sich mit sofortiger Wirkung von Herrn Limmer als Gesellschafter.“

Damit geht das junge Unternehmen den gleichen Weg wie die Burgerkette „Hans im Glück“, die fast gleichzeitig den Rückzug von Limmer als Gesellschafter bekannt gibt.

Backwerk, das in Heilbronn drei Filialen betreibt, stellt unter anderem in einem Post auf Facebook klar, dass „der betreffende Gründer“ bereits seit mehreren Jahren nicht mehr Teil des Unternehmens ist und keine Verbindung zu ihm mehr bestehe.

Was hat Limmer getan?

Die Rolle Limmers bei dem Treffen von Rechtsextremen, Neonazis und AfD-Mitgliedern in einem Hotel bei Potsdam im November ist nicht vollständig geklärt. Bekannt ist bisher nur, dass er zu den zwei Unterzeichnern der Einladung zu diesem Treffen gehört. Auf Nachfrage von Correctiv erklärte Limmer, er distanziere sich von den Inhalten des Treffens und habe bei der Planung „auch keine Rolle gespielt“.

In einem Einladungsbrief für die Zusammenkunft, der Correctiv vorliegt und in den auch die Deutsche Presse-Agentur Einblick hatte, heißt es, bei der Veranstaltung werde ein „Strategiekonzept im Sinne eines Masterplans“ vorgestellt. Für die Teilnahme werde eine „Mindestspende von 5000 Euro“ erhoben.

Tatsächlich ist es möglich, dass er bei den Planungen eine untergeordnete Rolle spielte. Der zweite Name auf der Einladung, Gernot Mörig, ein ehemaliger Zahnarzt aus Düsseldorf, bezeichnet sich Correctiv zufolge später als alleiniger Organisator der Veranstaltung.

Auch Correctiv deutet an, dass erst in einem zweiten Schreiben, auf dem Limmer nicht mehr zu finden war, der Vortrag des rechten Aktivisten Martin Sellner zur „Remigration“ angekündigt wurde.

Viel zu tun mit Boykott-Aufrufen 

Welche Rolle Limmer auch immer im rechten Netzwerk spielt – die Unternehmen, die mit ihm in Verbindung standen, haben seit der Veröffentlichung des Correctiv-Artikels offensichtlich alle Hände voll zu tun, der Boykott-Aufrufe und Beschimpfungen in den sozialen Medien Herr zu werden.

Betroffen ist davon auch Backwerk, das von Limmer 2002 als Discount-Bäcker mitgegründet wurde, seit mehr als sieben Jahren allerdings keinerlei Verbindung mehr zu dem Unternehmer hat und sich inzwischen auch inhaltlich neu aufgestellt hat. „Die Leute nehmen beim schnellen Lesen eben oft nicht wahr, dass da vom ehemaligen Mitbesitzer die Rede ist“, erklärt Backwerk-Sprecher Henning Haake im Gespräch mit unserer Zeitung. Nachdem die ersten Nachrichten zu dem Thema die Runde gemacht hätten, sei man deshalb im Dauereinsatz.

Unvorhergesehenes Krisenmanagement 

Als Unternehmen, das in der Lebensmittel-Branche tätig ist, sei man natürlich auf manches vorbereitet, deutet Haake an, doch das könne man nicht kommen sehen. „Immerhin schaffen wir es, dass manche Nutzer ihre Posts auf unsere Hinweise hin auch wieder löschen und sich entschuldigen.“ Das sei mühevoll für das Kommunikationsteam. Doch den Zuspruch, der auch Klarstellung und Distanzierung resultiere, findet er zugleich doch beachtlich.

Pottsalat bittet um Verständnis, dass sie sich nicht weiter zu dem Thema äußern möchten. 

Die Hans im Glück Franchise GmbH erklärt auf Anfrage, sich derzeit voll auf die interne Aufklärung des Vorfalls zu konzentrieren. Limmer trete "sämtliche Anteile, die er am Unternehmen hält, an die verbleibenden Mitgesellschafter ab".  Jegliche Form der Zusammenarbeit mit Herrn Limmer sei damit eingestellt. "Als Investor war Hr. Dr. Limmer überdies zu keinem Zeitpunkt an operativen Geschäftsentscheidungen beteiligt."  

Welche finanziellen Folgen der nun so öffentlichkeitswirksame Wechsel von Hans-Christian Limmer ins rechte Lager für die Unternehmen hat, lässt sich somit nicht abschätzen.

Namensgleiches Lokal in Heilbronn fürchtet keine Auswirkungen

Keine negativen Auswirkungen fürchtet übrigens das zweite „Hans im Glück“ in Heilbronn. Die Gaststätte mit dem gleichen Namen wie die Burger-Kette gibt es schon seit 1990 gleich neben dem Götzenturm. Anke Betzner, die das Lokal mit ihrem Mann Bernd führt, sagt auf Stimme-Nachfrage: „Unsere Gäste wissen schon, dass wir mit den anderen nichts zu tun haben, da gibt es keine Verwechslungen mehr.“

 

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