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A6-Ausbau durch Hohenlohe: Neues Gesetz ist da, doch vieles bleibt nebulös

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Die Genehmigung des seit Jahren verzögerten Großprojekts soll beschleunigt werden, doch jüngste Antworten des Bundesverkehrsministeriums geben derlei Hoffnungen nur wenig Auftrieb.

Die Ohrntalbrücke bei Öhringen muss wie etliche andere Bauwerke im Zuge des A6-Ausbaus abgerissen und neu errichtet werden. Allerdings profitieren diese Neubauten gar nicht vom zentralen Brücken-Passus im Beschleunigungsgesetz.
Die Ohrntalbrücke bei Öhringen muss wie etliche andere Bauwerke im Zuge des A6-Ausbaus abgerissen und neu errichtet werden. Allerdings profitieren diese Neubauten gar nicht vom zentralen Brücken-Passus im Beschleunigungsgesetz.  Foto: Reichert, Ralf

Der A6-Ausbau durch Hohenlohe soll schneller geplant und genehmigt werden. So will es ein Gesetz, das der Bundestag am 20. Oktober beschlossen hat. Doch was bringt es tatsächlich für das 64 Kilometer lange Teilstück zwischen dem Weinsberger Kreuz und der Landesgrenze?

Dieser Frage wich das Bundesverkehrsministerium immer wieder aus: Solange das parlamentarische Verfahren laufe, seien keine konkreten Aussagen möglich. Erstmals bezieht das Ministerium auf Stimme-Anfrage nun ausführlicher Stellung. Demnach soll das Gesetz Ende 2023 in Kraft treten, nachdem der Bundesrat am 24. November Ja gesagt habe.

A6-Ausbau durch Hohenlohe: Eher Verwirrung als Klarheit

Zuletzt agierte das Ministerium übervorsichtig. Auch die aktuelle Antwort liefert mehr Fragezeichen als Antworten. Außerdem wirft man dort immer wieder mit Wortungetümen um sich, die Laien ratlos zurücklassen und mehr Verwirrung stiften statt Klarheit schaffen. Oder aber die Sprecherin wiederholt allseits Bekanntes - nur mit anderen Worten. So ist längst bekannt, dass dem A6-Ausbau wie 137 anderen Projekten ein "überragendes öffentliches Interesse" bescheinigt wird.

Konkurrieren also bei der Planfeststellung öffentliche Belange - etwa der Umweltschutz - mit dem Straßenausbau, könnte dieser schneller und einfacher den Vorrang erhalten. Aber: "Es obliegt der zuständigen Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde des Landes Baden-Württemberg, diese Beschleunigungspotenziale vorhabenspezifisch zu nutzen." Kapiert? Übersetzt heißt dies: Das letzte Wort haben immer noch das Regierungspräsidium und die Gerichte.

Klagen wegen des A6-Ausbaus? Das Ministerium rechnet nicht damit

Nur: Das Bundesverkehrsministerium rechnet gar nicht damit, dass es beim A6-Ausbau zu Klagen infolge des Umwelt-, Arten- und Lärmschutzes oder von Grundstückseigentümern kommt. Derzeit seien "keine gravierenden Einwände abzusehen", der Autobahnausbau stoße auf eine "breite öffentliche Akzeptanz", mit den zuständigen Behörden sei man in "intensivem Austausch, um einen gemeinsamen Konsens zu erzielen". Dieser Joker scheint also in diesem Fall gar nicht zu stechen. Damit wäre aber auch ein zentraler Turbo-Boost hinfällig.

Es gibt weitere Instrumente zur Beschleunigung, doch auch hier bleibt vieles vage

Es gibt noch eine ganze Reihe anderer Beschleunigungskniffe, welche die Planer nun anwenden können, um die Genehmigungsverfahren zu straffen: etwa die frühzeitige Nutzung von Grundstücken oder die digitale Bearbeitung von Einwendungen. Doch auch hier gilt: Es werden den Behörden dazu lediglich "Möglichkeiten" eingeräumt, die konkrete Umsetzung bleibt nebulös - und laut Ministerium Sache des Landes. Vor allem die Chancen der Digitalisierung werden beschworen, ohne zu erwähnen, dass die Umstellung solcher Prozesse etliche Jahre dauern wird. So bleibt auch hier vieles im Ungefähren.

Bau von Solaranlagen mitplanen: Für drei Abschnitte nicht relevant

Am konkretesten wird das Ministerium bei zwei Punkten: So muss der Bau von Solaranlagen oder Windrädern entlang von Ausbaustrecken künftig immer parallel mitgeplant werden. Für die drei Abschnitte zwischen Bretzfeld und Ilshofen/Wolpertshausen sei das nicht nötig, weil die Genehmigungsverfahren bereits vor dem 1. Januar 2024 eingeleitet wurden. Für die drei anderen zwischen dem Weinsberger Kreuz und Bretzfeld sowie im Kreis Schwäbisch Hall müsste dies aber sehr wohl mitgeplant werden, was zu weiteren Verzögerungen führen könnte. Darauf geht das Ministerium freilich gar nicht ein.


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Neubau von Brücken: Erleichterungen des Gesetzes greifen gar nicht für A6-Ausbau

Dafür informiert es die Stimme erstmals darüber, dass die Erleichterungen beim Neubau von Brücken den A6-Ausbau gar nicht tangieren. Genau darauf ruhten große Hoffnungen, weil es etliche Brückenbauwerke gibt, die abgerissen und neu gebaut werden müssen - außer der Kochertalbrücke. "Genehmigungsfrei und ohne Umweltverträglichkeitsprüfung" sollen "Ersatzneubauten von Brücken" errichtet werden können, heißt es im Gesetz.

Jetzt stellt sich heraus: Die neue Regelung gilt überhaupt nicht für den A6-Ausbau, weil die sechs betroffenen Talbrücken nicht "im Vorgriff auf einen späteren Ausbau" erneuert, sondern "gemeinsam mit der normalen Strecke für den sechsstreifigen Ausbau geplant" und "nach ihrer Fertigstellung direkt mit sechs Fahrstreifen freigegeben werden sollen".

Das ist der aktuelle Planungsstand

Der A6-Ausbau durch Hohenlohe wurde 2011 präsentiert und ein Bauende der Gesamtstrecke bis 2025 in Aussicht gestellt. Von diesem Ziel ist man meilenweit entfernt. Bislang gibt es für keine der sechs Planungsabschnitte eine Baugenehmigung. Für die ersten zwei zwischen Bretzfeld und Kupferzell könnte sie 2025 vorliegen, so dass ein Baustart auf diesen 21,5 Kilometern durch den Hohenlohekreis 2027 realistisch wäre. Mögliche Fertigstellung: 2032. Alles andere ist ungewiss.

"Wie realistisch halten Sie eine Beschleunigung des Genehmigungsprozesses für die Abschnitte eins bis sechs?", fragten wir das Verkehrsministerium. "Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass genauere Angaben derzeit noch nicht möglich sind", so die Antwort. Die entscheidenden Genehmigungsverfahren laufen erst bei drei Abschnitten, die zwei zwischen Bretzfeld und Kupferzell wurden 2018 gemeinsam eingeleitet und zuletzt bevorzugt behandelt.

Erst wenn hier alles fix ist, geht es bei dem 2019 gestarteten Verfahren zwischen Kupferzell und Ilshofen/Wolpertshausen weiter, das derzeit ruht. Für die zwei östlichsten Abschnitte und den westlichsten vom Weinsberger Kreuz bis Bretzfeld ist noch gar nicht absehbar, wann die Genehmigungsphase beginnt.

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