Kosten explodieren: 1,3 Milliarden Euro für den A6-Ausbau
Jüngste Schätzung für den sechsspurigen Ausbau der Autobahn zwischen Weinsberger Kreuz und bayerischer Landesgrenze bei Crailsheim liegt bei 1,3 Milliarden Euro und damit fast doppelt so hoch wie ursprünglich angenommen.

Der sechsspurige Ausbau der A6 durch Hohenlohe wird immer teurer. Auf dem aktuellen Preisschild stehen jetzt 1,3 Milliarden Euro. Diesen Betrag nennt Valentin Abel (FDP) auf Anfrage unserer Redaktion. Der Bundestagsabgeordnete aus Schöntal-Westernhausen ist Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestags.
Die "Süddeutsche Zeitung" hatte am 1. September über neue Kostenschätzungen der Bundesregierung für große Verkehrsprojekte berichtet und nannte vor allem Vorhaben in Bayern. Vom A6-Ausbau durch Hohenlohe war darin keine Rede.
Kosten explodieren: 1,3 Milliarden Euro für den A6-Ausbau in Hohenlohe
Als Quelle führte die Zeitung einen "aktuellen Zwischenbericht" für den Bundestag an, von dem das Büro des Abgeordneten Valentin Abel aber zunächst gar nichts wusste. Quintessenz des Papiers: Viele der im Bundesverkehrswegeplan 2030 genannten Summen seien hinfällig. Dieser Masterplan für große Straßen- und Schienenprojekte wurde im August 2016 neu gestrickt und reicht bis ins Jahr 2030. Die damaligen Kostenschätzungen beruhen auf den Baupreisen des Jahres 2014.
Allein 2022 seien die Baupreise für Fernstraßen um 16,6 Prozent gestiegen, von 2016 bis 2022 um 45,3 Prozent, habe das Verkehrsministerium laut SZ den Parlamentariern erklärt. Und: Jede weitere Verschiebung bedeutender Ausbauprojekte führe zu noch höheren Kosten - ohne diese künftigen Steigerungen genau taxiert zu haben.
Kosten 2011 noch bei 750 Millionen
Der A6-Ausbau zwischen dem Weinsberger Kreuz und der bayerischen Landesgrenze ist so ein Großprojekt, dessen Umsetzung extrem lahmt. Als das Regierungspräsidium Stuttgart (RP) die Pläne im Februar 2011 neu auflegte und konkretisierte, wurden die Kosten auf 750 Millionen geschätzt. Das war doppelt so viel, wie frühere Berechnungen angenommen hatten, weil gleich fünf Brücken abgerissen und neu gebaut werden sollten.
"Es wird das teuerste Straßenbauprojekt in der Bundesrepublik an einem Stück", sagte Referatsleiter Jürgen Holzwarth in der Annahme, dass der Ausbau mit Hilfe privater Investoren in einem Rutsch gebaut würde. Die gesamte Strecke misst 64 Kilometer. 2018 sollte das Projekt baureif und bis 2020 alle Arbeiten vergeben sein, so dass der Ausbau starten und 2025 beendet sein könnte.
Daraus wurde bekanntlich nichts, weil immer neue Bremsklötze auftauchten und die Planungen in die Länge gezogen wurden. Deshalb soll jetzt die Genehmigung beschleunigt werden. Doch keiner weiß, ob das mit dem neuen Gesetz gelingt, das spätestens bis 2024 in Kraft sein soll. Fakt ist: Die geschätzten Kosten für den A6-Ausbau sind in all der Zeit weiter gestiegen: von 750 Milliarden Euro in 2011 auf 900 Milliarden 2016 und 1,1 Milliarden 2022.
Bei 1,3 Milliarden Euro für den A6-Ausbau wird es wohl nicht bleiben
Von Bundesseite sicher genehmigt ist bislang aber nur eine Milliarde Euro, wie das Verkehrsministerium unserer Redaktion im Frühjahr bestätigte. Jetzt antwortete das Büro von Valentin Abel: "Der Gesamtmittelbedarf für das Projekt nach aktuellem Preisstand beläuft sich auf etwa 1,3 Milliarden Euro."
Doch auch das dürfte am Ende nicht reichen. Denn bis alle sechs Abschnitte fertig sind, werden noch einige Jahre ins Land ziehen.
Beschleunigung wird wenig bringen
Optimisten munkeln im Hintergrund: Bis 2032 könnten die kompletten 64 Kilometer ausgebaut sein, wenn das neue Gesetz zur beschleunigten Genehmigung von besonders bevorzugten Autobahnprojekten, für die ein überragendes öffentlichen Interesse festgeschrieben wird, seine volle Wirkung entfaltet. Pessimisten kontern: Das dauert noch bis 2040. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte.
Zählt man eins zu eins zusammen, spricht viel dafür, dass der Ausbau der A6 durch Hohenlohe nicht vor 2036 vollendet sein wird: auch mit schnellerer Genehmigung, da das Gesetz für die zwei bereits fast fertig geplanten Abschnitte zwischen Bretzfeld, Öhringen und Kupferzell ohnehin zu spät kommt. Das Baurecht ist hier 2025 in Sicht, und der Baustart 2027 realistisch, sodass die ersten 21,5 Kilometer im Jahr 2032 fertig sein könnten.
Eine schnellere Genehmigungsplanung für die vier anderen Abschnitte vorausgesetzt - also etwa nur vier statt sieben Jahren wie bei Bretzfeld-Kupferzell - würde es von der möglichen Einleitung der Planfeststellungsverfahren 2025 bis zu den Baugenehmigungen 2029 sowie einer zweijährigen Vergabe immer noch bis 2031 dauern, ehe Weinsberger Kreuz bis Bretzfeld und Ilshofen bis Landesgrenze ausgebaut sind. Und auch dies dürfte fünf Jahre dauern. Die aktuellen Preissteigerungen bis 2036 hochgerechnet, könnten die Gesamtkosten am Ende weit über der Zwei-Milliarden-Marke liegen.
Finanzierung
Die Planungen zum Ausbau der A6 durch Hohenlohe waren darauf ausgerichtet, dass private Investoren die Finanzierung stemmen - also eine öffentlich-private Partnerschaft (ÖPP) entsteht, so wie beim A6-Ausbau westlich des Weinsberger Kreuzes. Und der Ausbau sollte in einem Rutsch erfolgen: so wie bei ÖPP üblich. Im Bundesverkehrswegeplan ist die A6 eines von elf möglichen ÖPP-Projekten, auch für eine staatliche Finanzierung ist sie in die höchste Kategorie aufgerückt. Eine Milliarde Euro sind zugesagt.
Jetzt soll ein Gesetz dafür sorgen, dass die Genehmigung beschleunigt wird. Ob der A6-Ausbau privat oder konventionell finanziert wird, ist unklar. Seit 2022 steht fest, dass die Strecke abschnittsweise ausgebaut wird.

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