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Ausbau der A6 und Hohenlohebahn: Zündet nun der Turbo oder nicht?

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Gleich zwei große Verkehrsprojekte sind Teil des Beschleunigungsgesetzes, das der Bundestag am Freitag beschlossen hat. Doch wie schnell die Vorhaben tatsächlich umgesetzt werden, ist noch nicht ausgemacht. Eine Analyse.

Die Planungen zum sechsspurigen A6-Ausbau zwischen Bretzfeld, Öhringen und Kupferzell sind am weitesten. Auch ohne das neue Gesetz sind hier die Genehmigung 2025 und der Baustart 2027 realistisch.
Die Planungen zum sechsspurigen A6-Ausbau zwischen Bretzfeld, Öhringen und Kupferzell sind am weitesten. Auch ohne das neue Gesetz sind hier die Genehmigung 2025 und der Baustart 2027 realistisch.  Foto: Reichert, Ralf

Der Ausbau bedeutender Autobahn- und Schienenprojekte kann in Zukunft schneller geplant und genehmigt werden. So will es das Beschleunigungsgesetz, das am Freitag im Bundestag beschlossen wurde. Der A6-Ausbau durch Hohenlohe ist eines von 138 Vorhaben in Deutschland, die künftig von "überragendem öffentlichen Interesse" sind.

Dieses Kriterium soll als eine Art Turbo wirken. Gleiches gilt jetzt auch für die Elektrifizierung der Hohenlohebahn zwischen Cappel und Hessental samt dem Bau neuer Haltestellen. Sie steht in einer Liste mit 312 Schienenprojekten. Die Planungen stehen erst am Anfang, während sie für den A6-Ausbau schon seit 2011 andauern.

Das hat den A6-Ausbau immer wieder gebremst

Immer neue gesetzliche Bestimmungen zu Umweltschutz, Artenschutz und Lärmschutz haben den Prozess extrem verzögert. Außerdem gibt es eine Flut an Einwänden, die nach einem intensiven Bürgerdialog schon abgeräumt schienen, im Genehmigungsverfahren selbst aber umso heftiger hochschlugen. Diese müssen minutiös abgearbeitet werden. Auch das kostet viel Zeit. Mit dem neuen Gesetz soll jetzt alles schneller gehen. Auch in der Abwägung unterschiedlicher Rechtsgüter, was Gerichtsverfahren beschleunigen könnte. So die Theorie.

Das erste große Teilstück ist bereits fast fertig geplant

Was aber bringt die Praxis? Die beiden Abschnitte zwischen Bretzfeld und Kupferzell sind schon fast fertig geplant, weil sie bevorzugt behandelt wurden, die Genehmigung wird für 2025 erwartet. Das Teilstück bis Ilshofen/Wolpertshausen ist auch schon recht weit. Zeitlich wohl am meisten herauszuholen ist für die Abschnitte zwischen dem Weinsberger Kreuz und Bretzfeld sowie die restlichen im Kreis Schwäbisch Hall.


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Ausbau der Hohenlohebahn: Auch Güterverkehr im Blick


Ein Haken könnte die Finanzierung sein

Doch selbst wenn die Planung dort schneller gehen sollte, muss das Vorhaben noch als Ganzes finanziert werden. Die geschätzten Kosten wurden zuletzt auf 1,3 Milliarden Euro angehoben. Am Ende könnten mehr als zwei Milliarden stehen. Seit 2022 ist klar, dass die sechs Planungsabschnitte auch einzeln ausgebaut werden können. Grundsätzlich sowohl mit Hilfe privater Investoren als auch mit konventionellen Haushaltsmitteln.

Die Planungen zur Elektrifizierung der Hohenlohebahn zwischen Cappel und Hessental samt fünf neuer Haltestellen laufen erst an. Mit Hilfe des neuen Gesetzes könnten sie beschleunigt werden.
Fotos: Ralf Reichert
Die Planungen zur Elektrifizierung der Hohenlohebahn zwischen Cappel und Hessental samt fünf neuer Haltestellen laufen erst an. Mit Hilfe des neuen Gesetzes könnten sie beschleunigt werden. Fotos: Ralf Reichert  Foto: Reichert\, Ralf

Die ÖPP-Variante ist zum jetzigen Zeitpunkt eher unwahrscheinlich, weil sich solche privatfinanzierten Projekte nur in größeren und zusammenhängenden Vergabepaketen rechnen. So wie der A6-Ausbau westlich des Weinsberger Kreuzes auf einer Länge von 48 Kilometern. Kommt hingegen die staatliche Finanzierung zum Tragen, könnte am Ende nicht genügend Bundesgeld da sein, um die drei oder vier anderen A6-Abschnitte genauso flott auszubauen, weil mit zunehmender Dauer auch die anderen 138 top-gelisteten Autobahnprojekte immer teurer werden und der Ausbau etlicher Abschnitte wohl oder übel nach hinten geschoben werden muss, weil pro Jahr dafür auch in Zukunft nur begrenzte Mittel zur Verfügung stehen.

Die Hohenlohebahn steht bei der Planung erst in den Startlöchern

Bei der Hohenlohebahn kommen die Planungen erst jetzt in Gang. Dass die Elektrifizierung wirtschaftlich ist, hat eine erste Studie bereits ermittelt. Eine noch aufwendigere Infrastrukturplanung samt Standardisierter Bewertung soll dies bestätigen. Laut Hohenlohe-Landrat Matthias Neth soll diese Anfang bis Mitte 2024 in Auftrag gegeben werden. Die genauen Details wollen die Kreise Hohenlohe und Schwäbisch Hall bis dahin mit allen betroffenen Kommunen sowie dem Land klären - inklusive der Kostenaufteilung für die Studie und den Bau.

Schon bisher sprach viel dafür, dass dieses Bahnprojekt relativ schnell aufs Gleis gesetzt werden könnte, weil sich alle Beteiligten grundsätzlich über Sinn und Zweck einig sind - ganz anders als bei der Reaktivierung der Kochertalbahn. Mit dem Booster des Beschleunigungsgesetzes könnte es nun noch schneller gehen, etwa weil beim Artenschutz oder Umweltschutz keine umfangreichen Prüfungen mehr nötig sind.

Güterverkehr soll ebenfalls rollen: Hohenlohebahn soll als Ausweichstrecke genutzt werden

Und beim Lärmschutz? Das wird sich zeigen. Die Strecke soll zuvorderst den Nahverkehr stärken, aber auch als Ausweichstrecke für den Schienengüterverkehr dienen, wenn andere Verbindungen blockiert sind. Dies bestätigen die Hohenloher Abgeordneten Valentin Abel (FDP), Kevin Leister (SPD) und Harald Ebner (Grüne). Andere, etwa in der CDU, interpretieren dies anders und warnen vor zu viel Güterverkehr. Klar ist: Die Hohenlohebahn wird durch die Elektrifizierung Stadtbahn-tauglich. Der Regionalexpress fährt weiterhin flott zwischen Heilbronn und Hessental, hält aber nicht überall. Dafür die S4 auch an den fünf neuen Punkten zwischen Öhringen und Schwäbisch Hall.


Das meint Christian von Stetten, Abgeordneter der Oppositionspartei CDU

Christian von Stetten und der Kampf um den Ausbau der A6: Das ist ein ganz besonderes Kapitel. Immer wieder hat der CDU-Bundestagsabgeordnete aus Künzelsau hart darum gestritten, und immer wieder ist er auf dem harten Boden der Tatsachen gelandet. Jetzt ist er in der Opposition. Was sagt er zum Beschleunigungsgesetz der Ampelregierung? Es habe nichts mit der versprochenen "Turbo-Beschleunigung" zu tun. "Das Gesetz ist völlig unzureichend." Einige Punkte gingen in die richtige Richtung. Doch der "Befreiungsschlag, den unser Land bei Bürokratie und Planungsrecht gebraucht hätte", sei dadurch nicht gelungen. Die CDU/CSU-Fraktion habe nachbessern wollen, der Antrag sei jedoch abgelehnt worden. Dass das neue Gesetz dem

A6-Ausbau durch Hohenlohe auf die Sprünge helfen werde, glaubt er nicht. Er erwartet auch dafür keine "Turbo-Beschleunigung", sondern befürchtet weiterhin, dass es nur im "Schneckentempo à la Rot/Grün/Gelb" vorangehe.

Für die lange Zeit gar nicht absehbare Aufnahme der Hohenlohebahn in das Gesetz habe er sich immer stark gemacht. Er setze dabei auf den Ausbau des Personenverkehrs. Kritik übt er an den Grünen. "Sie haben diese Aufnahme mit einem geplanten starken Ausbau des Güterverkehrs auf der Hohenlohebahn begründet." Diesbezügliche Aussagen seien ein "Hammer" und würden die Diskussion in den betroffenen Gemeinden und das Projekt als Ganzes wohl negativ belasten und verzögern.

 
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