"Es kann doch nicht sein..." – Grundsteuer-Reform belastet Landwirte enorm
Manche Landwirte zahlen seit der Reform mehr als das Doppelte an Grundsteuer. Der Bauernverband Hohenlohe-Hall sieht vor allem die Kommunen als Verantwortliche – und kündigt Widerspruch an.
Seit die Grundsteuerreform am 1. Januar dieses Jahres in Kraft trat, beschäftigt sie die Menschen in Baden-Württemberg. Während die einen gut wegkamen, trifft es andere, vor allem mit großen Grundstücken, härter. Zum Teil mit einer Verzehnfachung der Abgaben. Und auch für die Landwirte in der Region hat die neue Grundsteuer Änderungen mit sich gebracht. Doch sind sie Gewinner oder Verlierer der Reform?
Landwirte sind Verlierer der Grundsteuer-Reform – "wird deutlich teurer"
Fragt man Helmuth Bleher, Chef vom Bauernverband Schwäbisch Hall-Hohenlohe-Rems, eindeutig letzteres: „In Teilen wird die Grundsteuer für Landwirte deutlich teurer“, erklärt er. In einem ihm bekannten Fall bezahle ein Landwirt nun das fünffache. „Und das, obwohl die Wohnhäuser jetzt in der Grundsteuer A gar nicht mehr mit drin sind.“ Stefan Kerner, Kreisvorsitzender in Heilbronn-Ludwigsburg, bestätigt dies: "Wenn der Betriebsleiter auf dem Hof wohnt, wird die Grundsteuer B fällig. Und das kann, je nach Lage, richtig teuer werden." Sprich: Ein Aussiedlerhof kommt besser weg als eine Anlage innerorts, weil hier die höheren Bodenrichtwerte zugrunde gelegt werden." Der Bauernverband habe im Vorfeld der Reform jede Kommune angeschrieben und darum gebeten, die Grundsteuer A für die Landwirtschaft nicht anzuheben - teilweise ohne Erfolg.
Denn fielen die Wohnhäuser auf landwirtschaftlichen Höfen früher in die Grundsteuer A, werden sie seit der Reform unter B besteuert. Diese Änderung sei prinzipiell nichts Schlechtes, so Bleher. Es sei durchaus gerecht, wenn das Wohnhaus eines Landwirts wie alle anderen Häuser besteuert werde. „Es kann doch aber nicht sein, dass die Grundsteuer A jetzt höher ist als vorher – und das ohne die Gebäude“, findet er.

Doch wie kam es dazu? Der Bauernverbands-Chef sieht dafür die Kommunen in der Verantwortung. Denn diese haben im Zuge der Reform ihre Hebesätze angepasst, die einzige Stellschraube für Gemeinden und Städte. Das Ziel war die sogenannte Aufkommensneutralität. Das heißt: Nach der Reform soll durch die Steuern nicht weniger – aber auch nicht mehr – eingenommen werden.
Hierbei hätten, so Bleher, die Kommunen jedoch die Hebesätze für die Grundsteuer A ohne die Wohngebäude berechnen müssen „und dann den Restbetrag nehmen und schauen, dass der gleich bleibt“. Das sei so aber nicht geschehen. Stattdessen sei der Hebesatz für die Grundsteuer A in vielen Hohenloher Kommunen gleich geblieben – in einigen Fällen sogar angehoben worden. „Da haben die Kommunen nicht sorgfältig geschaut“, sagt Bleher.
Landwirte bezahlen nach Reform deutlich mehr Grundsteuer: Was Kommunen ändern können
Die Konsequenz: Viele Landwirte bezahlen nun wesentlich mehr Steuern. So berichtet Bleher von einem Bauern im Rems-Murr-Kreis, bei dem die Grundsteuer von 500 Euro auf 1700 Euro stieg. „Der macht das im Nebenerwerb, ich weiß gar nicht, ob der so viel rein bekommt.“ Und auch im Hohenlohekreis kommen viele Bauern nicht gut weg.
Von einer Erhöhung der Steuerbelastung um 100 Prozent berichtet etwa der Dörzbacher Landwirt Fritz Öchslen. „Davon macht etwa 30 Prozent unser Haus, das jetzt in der Grundsteuer B liegt, aus“, erklärt er. Die größte Steigerung, rund 50 Prozent, entstehe jedoch durch die Grundsteuer A, deren Hebesatz der Dörzbacher Rat von 470 Prozent auf 710 angehoben hat. „Ich verstehe nicht, warum der so hoch ist“, so Öchslen, „wir haben hier die niedrigsten Bodenwerte und die höchsten Hebesätze.“ Auch er findet, wie der Bauernverbands-Chef, die Kommune hätte diesen Anteil um das davon abgezogene Haus bereinigen müssen.
„Wir bezahlen jetzt rund das Doppelte“, berichtet auch der Forchtenberger Landwirt Bernd Schimmel und nennt als Beispiel eine Wiese mit etwa 20 Ar, die die Familie besitzt. „Da haben wir bisher 30 Euro gezahlt, jetzt 400 Euro.“ Das sei schwer nachvollziehbar. „Wir haben noch ein kleines Häuschen in Forchtenberg an der Stadtmauer“, berichtet Schimmel. „Dafür zahlen wir nur noch fünf Euro Grundsteuer – statt 35 Euro.“ Allgemein sei die Steuerreform kompliziert. Vor allem große Grundstücke, wie sie Landwirte mit Hofstellen besitzen, kämen schlecht weg. Die Familie habe früh Einspruch erhoben. „Mal schauen, was dabei rauskommt.“
Manche Landwirte warten noch auf Grundsteuerbescheid
Andere Landwirte in Hohenlohe hingegen haben ihre Bescheide noch gar nicht erhalten. So etwa der Forchtenberger Thomas Hartmann, der versucht, das Ganze mit Humor zu sehen: „Solange wir nichts bekommen, müssen wir auch nichts bezahlen.“ Doch der Sindringer Landwirt fürchtet „ein böses Erwachen mit einer hohen Forderung“.
Die Daten, auf deren Grundlage die Kommunen die Hebesätze festlegten, kommen vom Finanzamt. In Forchtenberg fehlen noch bei rund 19 Prozent, also in 131 Fällen, diese Daten für die Grundsteuer A, bei neun Prozent die für die Grundsteuer B. So konnten bei der Entscheidung über die Hebesätze im November nicht alle Fälle berücksichtigt werden, wie Silke Frankenbach von der Kämmerei der Stadt erklärt. „Darunter beispielsweise auch die Wohnhäuser der Landwirte.“ Wenn alle Daten vorliegen, „werden wir durch neue Hebesatzfestlegung die Aufkommensneutralität herstellen“.
Landwirt rechnet mit Gerichtsverfahren zur Grundsteuer
Hartmann, der auch im Gemeinderat sitzt, glaubt, die Prozedur sei „bei weitem“ nicht abgeschlossen. „Da gibt es noch viele Ungereimtheiten und Ungerechtigkeiten.“ Er rechnet mit Gerichtsverfahren „und dass das am Ende nochmal überarbeitet wird.“ Auch Helmuth Bleher sagt: „Wir werden in einigen Fällen Widerspruch einlegen und das eine oder andere Gerichtsverfahren führen. Denn wenn man mehr Steuern bezahlt, als man Ertrag vom Grundstück hat, dann ist das sicherlich nicht rechtens.“