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„Ich finde es schon brutal“ – Grundsteuerbescheide in Heilbronn überraschen Eigentümer

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Eigentümer von Einfamilienhäusern in Heilbronn sind wenig erfreut. Ihre Grundsteuer erhöht sich teilweise um ein Vielfaches. Für Rentner ist es besonders hart. Warum ein Widerspruch zwecklos ist.


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Seit Montag finden in Heilbronn die neuen Grundsteuerbescheide den Weg in die Briefkästen. Nicht jedem Eigentümer machen sie Freude. Denn bei einigen Immobilienbesitzern hat sich der jährlich zu entrichtende Obolus vervielfacht. Auch wenn die enthaltene Rechtsbehelfsbelehrung ein Widerspruchsrecht einräumt, bringt das zu diesem Zeitpunkt nichts mehr, informiert eine Steuerberaterin.

Eigentümerin aus Heilbronn soll 2937,02 statt 800 Euro Grundsteuer zahlen

„Ich habe gewusst, dass da Geld auf mich zukommt und dass es viel wird“, sagt etwa eine Eigentümerin im Heilbronner Osten, „aber nicht, dass es so viel wird.“ Statt rund 800 Euro jährlich muss sie ab diesem Jahr 2937,02 Euro Grundsteuer berappen.

Ihr großes Grundstück hat die Rentnerin von der Großmutter geerbt, 1973 darauf ein Einfamilienhaus gebaut. Halten konnte sie es nach dem frühen Tod ihres ersten Ehemannes nur, indem sie erstmal in die Einliegerwohnung zog und den oberen Teil vermietete.

Im Überfluss lebt das Kriegskind nicht: „Doch da ich ständig Angst hatte, nicht genug Geld zu haben, habe ich gesehen, dass ich was auf die hohe Kante kriege“, erzählt sie, warum sie zwar nicht begeistert über den Steuerbescheid ist, aber auch nicht geschockt. Ihr Steuerberater hatte sie vorgewarnt, und sie habe gewusst: „Ich kann es bezahlen.“ Zur Immobilie zählt ein großer, nicht von der Straße zugänglich zu machender und daher nicht bebaubarer Rasen. Der macht das Grundstück so wertvoll.

Rentnerin aus Heilbronn: Mehr als das Sechsfache an Grundsteuer fällig

„Ich finde es schon brutal“, sagt hingegen Ingrid Wolpert. 2800 Euro Grundsteuer muss die 67-Jährige ab 2025 bezahlen – 2024 waren es noch 440 Euro im Jahr. „Das ist mehr als eine Monatsrente.“ Aus Sicht der Rentnerin ist die Besteuerung nicht gerecht.

„Ich habe das Haus unter anderen Bedingungen übernommen“ – nachdem ihr Vater vor acht Jahren gestorben ist, hat sie das Elternhaus behalten. Mit Unterbrechungen lebt sie seit ihrem fünften Lebensjahr darin. Ihre beiden Schwestern musste sie teuer auszahlen. Aber der Umzug in eine Etagenwohnung wäre für sie nicht infrage gekommen.

Auch Wolpert deutet an, dass sie deswegen jetzt nicht ausziehen muss: „Ich bin sehr sparsam erzogen worden.“ Viel Geld ist es dennoch für die ehemalige städtische Angestellte. Zudem sie auch sonstige hohe laufende Kosten habe, etwa für den Baumbestand auf dem großen Grundstück: „Den pflegt man schließlich für die Allgemeinheit mit.“ Die Heilbronnerin fragt sich, ob die neue Grundsteuer dazu führen soll, große alte Häuser abzureißen, um Mehrfamilienhäuser zu bauen.

Auch manche Wohnungseigentümer zahlen mehr in Heilbronn

Doch auch nicht alle Wohnungseigentümer sind vor fiskalischen Mehrkosten gefeit. So wundert sich die Bewohnerin eines Acht-Parteienhauses in der Heilbronner Schillerstraße darüber, dass ihre Grundsteuer um 50 Prozent erhöht wurde, während ein Bekannter in der Mönchseestraße nur noch halb so viel zahlen muss wie bisher, allerdings in einem Haus mit zwölf Parteien und bei dichterer Bebauung: „Da war ich schon überrascht.“

„Die Einheitswerte der Grundsteuer waren völlig überaltert und wurden daher vom Bundesverfassungsgericht wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung als verfassungswidrig erklärt“, stellt die Heilbronner Steuerberaterin Claudia Seybold klar. „Nun bemessen sich die Grundsteuern an den aktuellen Bodenrichtwerten und belasten daher die Eigentümer in vielen Fällen mit höheren Zahlungen. Vor allem bei unbebauten Grundstücken ist das in Baden-Württemberg der Fall. Andere, mit Grundstücken in nicht so bevorzugten Wohnlagen, bezahlen hingegen weniger.“ 

Bereits im Frühjahr 2023 hat Seybold Einspruch gegen die Grundsteuerwertbescheide eingelegt, „vorsorglich, um unseren Mandanten eine Änderbarkeit bei günstigeren Entscheidungen offenzuhalten“. Das Finanzgericht Baden-Württemberg habe am 11. Juni 2024 entschieden, dass das Landesgrundsteuergesetz verfassungsgemäß ist. „Nun bleibt die Revision gegen die Urteile beim Bundesfinanzhof abzuwarten.“

Widerspruch nur mit qualifiziertem Gutachten – Kämmerei in Heilbronn schaltet Anrufbeantworter 

Ändern würde sich an der Grundsteuer ansonsten nur etwas, wenn der Gutachterausschuss die Bodenrichtwerte neu festlegen würde. Zwar könne man Einspruch gegen seinen persönlichen Bescheid einlegen. Das lohne sich aber nur bei einer Abweichung von mindestens 30 Prozent. Denn man müsse dafür ein qualifiziertes individuelles Gutachten von seiner Immobilie erstellen lassen – auch teuer.

Die Kämmerei der Stadt Heilbronn, die auf dem Bescheid eine Telefonnummer für Rückfragen zur Veranlagung angibt, hat derweil einen Anrufbeantworter geschaltet. Man antworte schnellstmöglich, "innerhalb von wenigen Tagen", wie es heißt. 

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