Schärfere Biomüll-Kontrollen: Mehr als 55 Prozent der Tonnen mit Fremdstoffen befüllt
Im Hohenlohekreis finden verschärfte Kontrollen von Biomülltonnen statt. Jetzt gibt es erste Ergebnisse – und eine ernüchternde Bilanz der Abfallwirtschaft.
Die Biotonnen im Hohenlohekreis werden seit 22. Oktober viel schärfer auf Fehlwürfe kontrolliert. Nach der ersten Woche zieht die Abfallwirtschaft eine ernüchternde Bilanz: Mehr als 55 Prozent der stichprobenhaft überprüften Behälter enthielten unerlaubte Fremdstoffe wie Plastik, Metall oder Restmüll. Und: Von den beanstandeten Tonnen waren rund 80 Prozent so stark verunreinigt, dass dies als Ordnungswidrigkeit gewertet wird.
Biomülltonnen falsch befüllt: Bußgelder zwischen 50 und 800 Euro drohen
Die Müllsünder erwarten nun Bußgelder zwischen 50 und 250 Euro, wenn der Anteil des ermittelten Fremdmaterials weniger als zwei Kilogramm beträgt, sowie zwischen 100 und 800 Euro, wenn mehr als zwei Kilogramm Störstoffe in den Behältern gefunden wurden. Hält sich die Verunreinigung in Grenzen, bleibt es wie bisher dabei, dass eine separate Sonderleerung als Restmüll in Rechnung gestellt wird. In diesem Fällen müssen die Verursacher je nach Tonnengröße zwischen 8,50 und 19,30 Euro zusätzlich zahlen.
Kontrollaktion von Biomülltonnen im Hohenlohekreis sorgt für viel Aufsehen
Die neue und unangekündigte Kontrollaktion sorgt nicht nur im Hohenlohekreis für viel Aufsehen, sondern weit darüber hinaus. Denn erstmals und künftig bis auf Weiteres werden ausgewählte Biotonnen direkt vor den Haustüren der Bürger vollständig ausgekippt und die Inhalte auf einem rollenden Tisch haarklein seziert: in allen Abfuhrbezirken des Kreises.
Speziell geschulte Zweier-Teams nehmen den Bioabfall dann mit Spachtel und Harke auseinander. Sie sind von Kopf bis Fuß in Schutzkleidung gehüllt: Masken und Brillen inklusive. Ein Warnblinklicht leuchtet auf ihrem Gefährt, Müllberater Rainer Mugler eskortiert das Duo mit seinem Wagen und dokumentiert die Verfehlungen auf einem extra angefertigten Bogen. Die ganze Szenerie wirkt gespenstisch. Und die Tonnen der Müllsünder werden mit einem roten Klebeband auf offener Straße für die Biomüll-Abfuhr gesperrt.
Kontrolle von Biomülltonnen: Je mehr Fehlwürfe, umso höher die Müllgebühren
Diese Pranger-Wirkung ist gewollt und soll bewusst polarisieren. Vor allem aber soll sie die Bürger sensibilisieren, dass jeder Fehlwurf die allgemeinen Müllgebühren ab 2026 massiv nach oben treiben kann. Denn ab Mai 2025 dürfen die Verwerter den gesammelten Biomüll abweisen, wenn die Chargen mehr als drei Prozent verunreinigt sind. Verweigern sie die Annahme, müssen die Ladungen als Restmüll entsorgt werden, was weitaus teurer ist.
Bestätigt sich also in den kommenden Monaten, dass über die Hälfte des Biomülls im Kreis auf diese Weise verschmutzt ist, müssen im schlimmsten Fall über 50 Prozent dieses Abfalls verbrannt werden. "Dass dies erhebliche Folgen für den Gebührenhaushalt hat, kann sich jeder leicht ausrechnen", sagt Christoph Bobrich, Geschäftsführer der Abfallwirtschaft Hohenlohekreis (AWH). "Jeder kann also durch das richtige Befüllen der Biotonnen mithelfen, dass es nicht so weit kommt."
Kontrollen von Biomülltonnen nötig oder Nonsens? Bevölkerung gespalten
Mit der ersten Woche ist Bobrich hoch zufrieden. "Der gewünschte Effekt ist eingetreten." Nämlich: Aufmerksamkeit zu erregen und die Bürger aufzurütteln. Ist das nötig oder Nonsens? Die Kreisbevölkerung ist in dieser Frage gespalten. "Die einen finden es gut, bieten ihre Tonnen sogar freiwillig zur Kontrolle an und wollen alles richtig machen. Den anderen passt unsere Aktion gar nicht. Sie sind aufgebracht und lehnen sie ab", sagt Bobrich. Dieses 50:50-Verhältnis bezieht er auf die "Situation direkt an der Straße und vor Ort".
An der AWH-Bürgertheke in Künzelsau und bei der Service-Hotline habe es hingegen "gar keine richtige Beschwerden gegeben". Da habe man "mit deutlich mehr negativen Anrufen und ausfälligen Bemerkungen gerechnet". Statt dessen fragten die meisten nach, "was in die Biotonne gehört und was nicht und wie man den Müll gescheit einpacken kann".
Die Aktion ist laut Bobrich in dieser Form „einzigartig in Baden-Württemberg“. Sie habe bereits bis in andere Kreise „Wellen geschlagen“ und sei auch von Seiten der Verwerter, die Biomüll zu Kompost oder Strom und Wärme verarbeiten, „sehr positiv“ aufgenommen worden. „Mitte Mai 2024“ sei die Idee bei einer Klausurtagung der AWH entstanden. „Danach haben wir viel experimentiert.“ Und die Arbeiten verteilt. Die einen hätten sich um rechtlichen Aspekte gekümmert, die anderen den konkreten Workflow definiert. Und der offiziell so benannte „Sortiertisch“, der freilich eher einem OP-ähnlichen Seziertisch gleicht? „Den hat ein Mitarbeiter gebaut, der handwerklich sehr begabt ist“, sagt Bobrich.
Biomülltonnen-Kontrollen: Betty und Wutzi sind die Comic-Figuren hinter der Kampagne
Ein Copyright oder Patent habe die AWH darauf aber nicht angemeldet. Und: Die orangenen Warnwesten und Warnschilder sowie das Warnlicht genügten zur Absicherung der Müll-Operateure. „Eine verkehrsrechtliche Genehmigung braucht man für den rollenden Sortiertisch jedenfalls nicht.“ Und deshalb auch kein Nummernschild. Statt dessen prangt an der Seite ein erklärendes Plakat der AWH samt Werbe-Botschaft.
Und ein flugs neu kreiertes Schweinchen namens „Wutzi“ sekundiert dem schon länger im Comic-Format existierenden Biotönnchen „Betty“, deren Minen auf den Aufklebern ganz hell oder düster erscheinen – je nachdem, ob die Haushalte ihre Behälter korrekt bestückt haben oder nicht. Bei Verstößen kommt auch ein rotes Band an die Biomülltonne.

 
                             
           
    
 
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