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Saftige Bußgelder
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Fremdstoffe in Hohenloher Biomüll: Kontrollen wirken – dennoch drohen höhere Gebühren 

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Biotonnen werden im Hohenlohekreis verschärft kontrolliert. Die Menge an Fremdstoffen ist dadurch stark gesunken, aber noch immer zu hoch. Deshalb drohen den Bürgern ab 2026 weiter höhere Gebühren. 


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Landkreise sammeln Biomüll – meist in braunen Tonnen. Private Firmen verwerten ihn – zu Kompost und Energie. Das ist schwieriger, wenn darin zu viel Kunststoff oder Restmüll enthalten ist. Seit 1. Mai 2025 müssen alle Landkreise in Deutschland dafür sorgen, dass der Anteil dieser Störstoffe auf ein Minimum sinkt.

Sonst riskieren sie, die verunreinigten Chargen selbst entsorgen zu müssen. Was wesentlich teurer ist und die Müllgebührenzahler zu spüren bekommen.

Verschärfte Biomüll-Kontrollen in Hohenlohe – saftige Bußgelder drohen

Die Verwerter dürfen nun ganze Ladungen verweigern, wenn der Plastik-Anteil über einem Prozent liegt und mehr als drei Prozent Fremdstoffe in den Tonnen enthalten sind. So will es ein neuer Paragraf in der Bioabfallverordnung.

Spezielle Teams sezieren seit 20. Oktober 2024 ausgewählte Biotonnen im Kreis auf Fremdstoffe. Bis Ende April 2025 wurden so 600 Behälter kontrolliert. Die Quote der falsch befüllten Behälter ist rückläufig, muss aber noch weiter sinken.
Spezielle Teams sezieren seit 20. Oktober 2024 ausgewählte Biotonnen im Kreis auf Fremdstoffe. Bis Ende April 2025 wurden so 600 Behälter kontrolliert. Die Quote der falsch befüllten Behälter ist rückläufig, muss aber noch weiter sinken.  Foto: Reichert, Ralf

Der Hohenlohekreis hat am 22. Oktober 2024 sein Kontrollsystem verschärft, um die Quote zu drücken. Seitdem sezieren spezielle Teams ausgewählte Biotonnen, Müllsündern drohen saftige Bußgelder. Ein halbes Jahr später zeigt sich: Die harte Tour fruchtet. Doch es reicht noch lange nicht.

Wie hat sich die Quote falsch befüllter Biotonnen in Hohenlohe entwickelt?

Der Anteil der Störstoffe ist gesunken: in der Breite und Tiefe. Im ersten Monat waren 55 Prozent der 200 kontrollierten Tonnen belastet – davon 80 Prozent so stark, dass zusätzlich ein Bußgeld fällig wurde. 20 Prozent kamen mit einer Sonderleerung davon, die extra kostet.

Bis Ende 2024 enthielten 35 Prozent der 400 kontrollierten Tonnen Störstoffe (40 Prozent Bußgeld, 60 Prozent nur Zusatzleerung). 2025 wurden bis Ende April 200 Tonnen seziert. Davon waren 19 Prozent mit Fremdstoffen gefüllt (13 Prozent Bußgeld, 87 Prozent nur Extraleerung). 

Wie hoch sind im Hohenlohe die Bußgelder, wie hoch liegen die Extrazahlungen?

2024 lagen die Bußgelder im Schnitt bei rund 130 Euro, 2025 bei rund 120 Euro, die meisten bei 100 Euro. Die Extrazahlungen beziehen sich auf gesperrte Tonnen, die per se falsch befüllt sind. Sie werden seit 2021 fällig infolge der Müllwerkerkontrollen, der Tarif entspricht einer zusätzlichen Restmüll-Leerung: bei einer 60-Liter-Tonne also derzeit 3,84 Euro plus eine Verwaltungsgebühr von fünf Euro – macht 8,84 Euro.

Wie ist die aktuelle Bilanz bei den Sichtkontrollen der Müllwerker?

2024 wurden 2800 Tonnen gesperrt. Von Januar bis April 2025 waren es mehr als 600 Sonderleerungen.

Was sagt die Abfallwirtschaft im Hohenlohekreis?

„Unsere Biotonnenkontrollen zeigen Wirkung“, so AWH-Chef Christoph Bobrich. „Die aktuellen Zahlen bestätigen, dass die Aktion berechtigt ist und sich die Qualität des Bioabfalls verbessert hat. Doch leider liegen wir noch deutlich über der gesetzlich vorgeschriebenen Maximalmenge an Störstoffen und Kunststoffen im Bioabfall.“

Wie hoch könnten die Müllgebühren ab 2026 steigen, wenn Biomüll in Hohenlohe weiter stark verunreinigt ist?

Bei rund 11.000 Tonnen Biomüll pro Jahr entstünden Mehrkosten von über einer Million Euro, wenn die drei Prozent weiter verfehlt würden. Die Gebühren müssten für einen Vier-Personen-Haushalt um 37 Euro steigen, wenn alle Chargen über dem kritischen Limit lägen. Laut Bobrich bitter, aber wahr: „Ab drei Prozent Störstoffgehalt ist es unerheblich, ob die Verunreinigung bei 19, 35 oder 50 Prozent liegt – alles muss als Restmüll entsorgt werden.“

Wie geht es im Hohenlohekreis bei den Biomüllkontrollen weiter?

Bis Ende 2025 gebe es stichprobenartige Teamkontrollen und flächendeckende Sichtkontrollen. Ab 2026 ersetze ein KI-System auf den Abfuhrfahrzeugen diese Kontrollen.

Kann die Künstliche Intelligenz dann alle Müllsünder ermitteln?

Ja. „Die Umsetzung wird derzeit finalisiert“, sagt AWH-Chef Christoph Bobrich.

Wer verwertet den Biomüll aus dem Hohenlohekreis?

Reterra Erden Süd. Die Firma tat dies zunächst in Öhringen, ab 2024 steuert sie andere Werke an.

Was passiert dort seit 1. Mai 2025?

„Überschreitet eine Lieferung den zulässigen Störstoffgehalt, wird der Landkreis Hohenlohe informiert“, sagt Reterra-Chef Jan Endriß. „Danach ist die AWH für die Verwertung zuständig.“

Jede fehlerhafte Charge über drei Prozent wird also zurückgewiesen?

Genau. Bisher war diese Rückweisung nicht vorgesehen. Die neue Bioabfallverordnung ändert dies.

Wurde also seit 2016 noch nie Biomüll aus dem Hohenlohekreis abgewiesen?

Bei früheren Verwertern wurde dies laut AWH nur in seltenen Einzelfällen so gehandhabt.

Hat sich die Qualität des Biomülls verbessert, seit die Biotonnen noch strenger kontrolliert werden?

Ja. Die Störstoffe seien bereits sichtbar reduziert, erklärt Reterra-Chef Jan Endriß.

Wurden Chargen aus dem Landkreis Hohenlohe schon vor dem 1. Mai kontrolliert?

Ja. „Alle Chargen wurden und werden bei der Anlieferung optisch überprüft“, sagt Jan Endriß.

Sind solche Sichtkontrollen alles?

Es gebe Anlagen mit Sichtkontrollen und solche, die KI-Systeme testen. „Da ist uns aber noch kein kauffertiges Produkt bekannt.“ Sei die Überschreitung uneindeutig, gebe es vertiefte Analysen der Bundesgütegemeinschaft Kompost (BGK).

Was machte Reterra bisher mit verunreinigten Biomüll-Ladungen im Hohenlohekreis?

Sie mussten auf eigene Kosten gesäubert werden. Die Kriterien der BGK wurden zuletzt immer strenger, weshalb das Aussieben für die Verwerter immer teurer wurde.

Was verspricht sich das Bundesumweltministerium von der novellierten Bioabfallverordnung?

Eine echte Kreislaufwirtschaft. Nur wenn Biomüll sortenrein getrennt werde, könne er ohne Reibungsverluste wiederverwertet werden. Die Umwandlung in Strom und Wärme soll auf lange Sicht Vorrang haben. Baden-Württemberg peilt 100 Prozent an, derzeit sind es 67 Prozent, im Hohenlohekreis nur 21 Prozent. 

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Kommentare

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Raphael Benner am 10.05.2025 09:17 Uhr

Unglaublich. Für Müll werden mit der Lupe "Sünder" gesucht und abgezockt, die Grenzen sind aber offen wie Scheunentore ohne Kontrollen. Welches Maß/ Verhältnismäßigkeit wird hier angelegt ?

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