Erinnerungen an Glanzzeiten des Wollhauses – "Es gibt nicht viel Besseres in Heilbronn"
Das Wollhaus-Zentrum war einst belebter Handelspunkt in Heilbronn, doch die Zeiten haben sich geändert. Zwei langjährige Mieter erzählen von den Glanzzeiten, dem Kampf gegen den Leerstand und fehlender Laufkundschaft.

Johann Behnam und Julian Braunecker haben schon vieles kommen und gehen sehen im Wollhaus. Beide gehören zu den längsten Mietern des Heilbronner Einkaufszentrums. 14 Jahre und mehr halten sie dem Wollhaus die Treue. Beide möchten nicht ausziehen. Die Sicht von Behnam und Braunecker auf ihren Arbeitsort unterscheidet sich dennoch wesentlich.
Von den Glanzzeiten des Wollhauses: Früher habe es jede Menge Laufkundschaft gegeben
2010 war es, als Behnam ins Wollhaus einzog. Die Geschäfte seien am Anfang richtig gut gelaufen, meint der Betreiber des Wollhaus Kebap und Pizza im Zwischengeschoss, an der Treppe des Ausgangs zur Straße Am Wollhaus. Jede Menge Laufkundschaft habe es gegeben. Kaufhof, Madison, New Yorker, eine Bäckerei, eine Apotheke, ein Reformhaus seien Mieter gewesen, erklärt der 54-Jährige.
An verkaufsoffenen Sonntagen habe sich das Wollhaus beteiligt, Gewinnspiele habe es gegeben, dann sei Sekt für Kunden ausgeschenkt worden. „Im Wollhaus und drumherum war es viel sauberer und es gab eine richtige Wohlfühlatmosphäre.“ Als der Kaufhof auszog, habe sich viel geändert. Es seien zwar viele Läden vermietet, an Laufkundschaft fehle es.
Mieter: „Das Wollhaus befindet sich in einer tollen Lage"
Die macht bei Julian Braunecker zwischen fünf und zehn Prozent aus, schätzt der Büroleiter von Reiseservice Braunecker. Sein Reisebüro liegt ein Stockwerk unter Behnams Imbiss. Braunecker arbeitet seit 1997 im Reisebüro, 2005 hat er es übernommen. „Das Wollhaus befindet sich in einer tollen Lage. Das Parkhaus ist erstklassig, und direkt vor dem Haus ist der Busbahnhof“, sagt der 59-Jährige. „Von der Lage her gesehen gibt es nicht viel Besseres in Heilbronn.“

Mit Neufeld, dem neuen Eigentümer, sei er sehr zufrieden. „Man hat jetzt jemanden, der sich drum kümmert.“ Er sei gespannt und freue sich auf die Ideen des Oedheimer Investors. Über die Qualität der aktuellen Mieter möchte er nicht viel sagen. Jedes Geschäft habe seine Daseinsberechtigung. Die Kunden der Läden im Wollhaus seien nicht seine Kundschaft. Wer eine Reise buchen möchte, komme gezielt bei ihm vorbei. Er fragt: „Wer traut sich denn noch, ein Ladengeschäft aufzumachen?“
Heilbronner Wollhaus: Am Eröffnungstag wurden 5000 Rosen verteilt
Das war zur Eröffnung vor fast genau 49 Jahren anders. Am Eröffnungstag – man mag es kaum glauben – tummelten sich nach Berichten der Heilbronner Stimme von damals zwischen 50.000 und 70.000 Menschen im Wollhaus und auf dem Vorplatz, dort, wo sich der Busbahnhof befindet. 5000 Rosen seien für die ersten Kunden verteilt worden. Dies habe es früher, als Behnam einzog, auch gegeben. Man habe sich um Kunden bemüht. Daran bestünde heute kein Interesse mehr. „Wir haben früher bis 20 Uhr offen gehabt, heute nur noch bis 19 Uhr. Das war die Regel. Heute kann jeder machen, was er will.“
Zeit für eine Stippvisite. Etwa 24 Geschäfte gibt es derzeit im Wollhaus. Preisgünstige Braut- und Abendkleider für Frauen werden gleich in mehreren Geschäften angeboten. Ein Supermarkt mit exotischen Lebensmitteln, ein Shisha-Shop, eine Änderungsschneiderei, ein Spielcasino, mehrere Spielautomaten für Kinder, ein Schuhgeschäft, ein Schlüsseldienst. Einige Geschäfte wollen um 9.30 Uhr öffnen, haben aber noch geschlossen. Wenig Menschen halten sich im Gebäude auf.
Reisebüro-Inhaber im Wollhaus: Jeder Mieter ist besser als ein Leerstand
Braunecker vom Reisebüro sagt, dass jeder Mieter besser sei als ein Leerstand. Das sagt auch Neufeld. Gegenüber dem Wollhaus, in der Fußgängerzone habe es früher eine Boutique gegeben. Er habe erfahren, dass die Miete dort „abartig“ teuer sei, sagt Braunecker. Er könne sich nicht erinnern, wann der Laden das letzte Mal vermietet war. „Eigentümer haben eine Pflicht.“ Die Stadt Heilbronn müsse dem Eigentümer den Laden wegnehmen, sollte er nicht vermieten.
Wollhaus-Umbau sorgt für Zuversicht
Behnam schaut aus dem Fenster. Gegenüber hat ein zweiter Lebensmittelladen mit orientalischen Produkten eröffnet. Entsprechend sei das Publikum in der Stadt. Früher habe es im Umkreis von 100 Metern nur noch einen weiteren Kebap-Imbiss gegeben, heute seien es sechs. „Das ist zu viel.“ Doch er ist zuversichtlich. „Wenn nach dem Umbau neue Läden reinkommen, werden auch die Leute wieder kommen.“
Im Heilbronner Wollhaus-Zentrum arbeiteten einst 800 Menschen
Am 9. Oktober 1975 eröffnet das Wollhaus in Heilbronn. Der größte Mieter ist damals der Kaufhof, der sich über 10.000 Quadratmeter erstreckt. Laut einem Bericht der Heilbronner Stimme von damals bot Kaufhof allein 800 Arbeitsplätze an. Auf den restlichen 4000 Quadratmetern Verkaufsfläche arbeiteten demnach 300 Frauen und Männer. Der Investor Neufeld aus Oedheim ist aktuell Eigentümer des Wollhauses. Jüngst war bekannt geworden, dass ein Teil der ehemaligen Kaufhof-Verwaltungsfläche Platz schafft für Wohnungen, in die mehr als 150 Studenten ziehen sollen.