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Wohnungsnot in Heilbronn: So viele Neubauten braucht die Stadt

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Um der Wohnungsnot zu begegnen, muss Heilbronn laut einer Studie in den nächsten vier Jahren viele neue Wohnungen bauen. Allerdings geht das Baupensum gerade massiv zurück.


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Vor dem Hintergrund der herrschenden Wohnungsnot im Land muss kräftig gebaut werden. Allein Heilbronn braucht bis 2028 den Neubau von rund 740 Wohnungen – und zwar pro Jahr. Diese Wohnungsbau-Prognose für die kommenden vier Jahre hat das Pestel-Institut in seiner aktuellen Regional-Analyse zum Wohnungsmarkt ermittelt. „Der Neubau ist notwendig, um das bestehende Defizit abzubauen. Aber auch, um abgewohnte Wohnungen in alten Häusern nach und nach zu ersetzen“, sagt Matthias Günther vom Pestel-Institut.

Das aktuelle Defizit für die Stadt Heilbronn geben die Studien-Herausgeber mit 460 Wohnungen an. Eine Zahl, die man bei der Stadt nicht nachvollziehen kann, "da wir die Grundlage der Studie nicht kennen", teilt Thomas Hille von der Stabsstelle Strategie und Stadtentwicklung auf Anfrage der Heilbronner Stimme mit. Generell könne jedoch festgehalten werden, dass die Nachfrage deutlich angestiegen ist. "Alleine bei der Stadtsiedlung Heilbronn hat sich die Zahl der Mietinteressenten seit 2020 mehr als verdoppelt", sagt Hille.

"Lahmender Wohnungsneubau" in Heilbronn: So viele Räume fehlen

Der prognostizierte Gesamtbedarf – insgesamt 3000 neue Wohnungen in den nächsten vier Jahren – deckt sich mit den Erkenntnissen der Stadt. "Mit den aktuellen Daten des Melderegisters und des vorliegenden Wohnungsbestands kommen wir zu ähnlichen Zahlen", sagt Thomas Hille. Die Frage ist nur: Wer soll diese Wohnungen überhaupt bauen?

Zur Wohnbau-Studie

Das Pestel-Institut hat die Regional-Analyse im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) durchgeführt. Um beim Wohnungsbau voranzukommen, fordert deren Präsidentin Katharina Metzger, die Baustandards zu senken: „Einfacher bauen – und damit günstiger bauen. Das geht, ohne dass der Wohnkomfort darunter leidet. Andernfalls baut bald keiner mehr“, sagt sie und fordert ein starkes Abspecken.

„Am Ende stoppen überzogene Förderkriterien, Normen und Auflagen den Neubau von Wohnungen – von hoch geschraubten Klimaschutzmaßnahmen, ohne die es keine Förderung gibt, bis zu Stellplätzen, ohne die erst gar nicht gebaut werden darf.“

Die Wissenschaftler des Pestel-Instituts erwarten, dass das Baupensum zurückgeht: Matthias Günther spricht von einem „lahmenden Wohnungsneubau, dem mehr und mehr die Luft ausgeht“. So gab es in den ersten fünf Monaten dieses Jahres nach Angaben des Pestel-Instituts in Heilbronn lediglich für 70 neue Wohnungen eine Baugenehmigung. Zum Vergleich: In 2023 waren es im gleichen Zeitraum immerhin noch 197. „Damit ist die Bereitschaft, in Heilbronn neuen Wohnraum zu schaffen, innerhalb von nur einem Jahr um 64 Prozent zurückgegangen“, sagt der Wissenschaftler.

Zinsen, Krieg und Corona: Darum wird in Heilbronn weniger neu gebaut

Auch die Stadtentwickler haben eine gewisse Zurückhaltung beobachtet. "Betrachtet man die Baugenehmigungen als Frühindikator, fällt auf, dass im ersten Quartal 2024 im Vergleich zum Vorjahresquartal mit 50 genehmigten Wohnungen nur rund ein Drittel an neuen Wohnungen genehmigt wurden", bestätigt Thomas Hille. Allerdings sei diese Entwicklung nicht neu, "da seit der Corona-Pandemie, dem Krieg in der Ukraine und den mit dem Gaza-Krieg verbundenen Anschlägen im Golf von Aden die Kosten für Baumaterialien enorm angestiegen sind".

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Gleichzeitig seien die Zinsen für Baukredite gestiegen. "Diese Faktoren führen mit dem Fachkräftemangel dazu, dass viele Bauherren ihre Vorhaben verschieben oder ganz aufgeben." Was aber kein ausschließliches Heilbronner Problem sei. Zahlen für bereits fertiggestellte Wohnungen für das laufende Jahr lägen noch keine vor.

Renovierung nötig: Warum Heilbronn nicht nur neu gebaute Wohnungen braucht

Aber: "Die Baufertigstellungszahlen der letzten zehn Jahre lagen bei durchschnittlich 500 neuen Wohnungen pro Jahr. Betrachtet man die Zahlen des Neubaus und des Umbaus gemeinsam, kamen durchschnittlich rund 820 Wohnungen neu oder wieder auf den Heilbronner Wohnungsmarkt", sagt Thomas Hille. Im Hohenlohekreis sieht der Wohnungsmarkt kaum besser aus.

Eine weitere interessante Zahl der Studie: Der aktuelle Zensus registriert für Heilbronn rund 2640 Wohnungen, die nicht genutzt werden, so das Pestel-Institut. Das seien 4,1 Prozent des gesamten Wohnungsbestands in der Stadt. Ein Großteil davon – nämlich rund 1190 Wohnungen – stehe jedoch schon seit einem Jahr oder länger leer. „Das sind immerhin rund 45 Prozent vom Leerstand. Dabei geht es allerdings oft um Wohnungen, die auch keiner mehr bewohnen kann. Sie müssten vorher komplett saniert werden“, sagt Matthias Günther.

Ungenutzte Wohnungen in Heilbronn: Deshalb stehen immer Räume leer

Zahlen, die sich laut des Stadtentwicklers auf die Gebäude- und Wohnungszählung im Rahmen des Zensus 2022 zum Stichtag 15. Mai 2022 beziehen. "Von den genannten 2641 leerstehenden Wohnungen sind 1111 innerhalb von drei Monaten für den Bezug verfügbar", sagt Thomas Hille. Bei weiteren rund 1000 Wohnungen fänden entweder Baumaßnahmen statt (550), ist der Verkauf vorgesehen (285) oder eine künftige Selbstnutzung führt zum vorübergehenden Leerstand (161). Für 102 Wohnungen ist ein Abriss geplant.


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Ein gewisser Wohnungsleerstand sei aber immer notwendig, sagt auch das Pestel-Institut. „Rund drei Prozent aller Wohnungen, in die sofort jemand einziehen kann, sollten frei sein. Schon allein, um einen Puffer zu haben, damit Umzüge reibungslos laufen können. Und um Sanierungen überhaupt machen zu können", sagt Matthias Günther. Diese sogenannte Fluktuationsreserve würde Thomas Hille für Heilbronn sogar bei vier Prozent sehen, "da wir in der Stadt eine sehr hohe Wanderungsaktivität beobachten". So seien allein in den letzten drei Jahren im Schnitt über 38.000 Personen pro Jahr umgezogen.

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