Lindert Umzugsprämie die Wohnungsnot? So sehen Städte im Raum Heilbronn die Maßnahme
Eine Prämie für Menschen, die aus ihrer zu groß gewordenen Wohnung ausziehen, will Mannheim ab 2025 einführen. Der Mieterbund sieht Vorteile. Wie Städte im Raum Heilbronn dazu stehen.
Familien wünschen sich Platz, den alleinstehende ältere Menschen oft haben. Laut Statistischem Bundesamt lebten im Jahr 2022 27 Prozent der alleinlebenden über 65-Jährigen auf je mindestens 100 Quadratmetern. Dagegen betrug die Pro-Kopf-Wohnfläche in Haushalten mit mindestens vier Personen lediglich 29,9 Quadratmeter.
Um quasi einen Wohnungswechsel hinzukriegen, bietet die Stadt Mannheim ihren Einwohnern ab 1. Januar 2025 eine Umzugsprämie an. Wer in eine kleinere Wohnung umzieht und somit Wohnraum für Familien freimacht, bekommt bis zu 5000 Euro. Für größere Städte in der Region Heilbronn kommt das jedoch nicht infrage. Der Hauptgrund: Es gibt nicht genug geeigneten Wohnraum, in den etwa Senioren umziehen könnten.
Wohnungsbau statt Umzugsprämie: So gehen Städte in der Region Heilbronn mit dem Mietmarkt um
„Der Wohnungsmarkt in Neckarsulm ist angespannt“, berichtet Stadtsprecher Andreas Bracht. Daher würde eine Umzugsprämie nicht zum erhofften Erfolg führen. Trotzdem sei die Stadt an dem Thema dran und prüfe gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut die Möglichkeit, Anreize für einen Wohnungswechsel zu schaffen.
Wegweisend sei in dieser Hinsicht ein Projekt der Siedlungswerk GmbH Wohnungs- und Städtebau aus Stuttgart. Mit „Wohnen im Park“, das im Rahmen des Neubaus des Seniorenzentrums St. Vinzenz entsteht, werden vier Gebäude mit 75 Stadtwohnungen für alle Generationen gebaut. „Dieses Projekt ist aber eine Ausnahme“, betont Bracht. Zum einen sei es schwierig, in Zeiten explodierender Baupreise und Materialknappheit Investoren zu finden. Zum anderen stünden kaum geeignete Grundstücke zur Verfügung.
Umzugsprämie als Lösung für angespannten Wohnungsmarkt? Das halten Heilbronn und Eppingen davon
Das Gleiche gilt für die Stadt Eppingen. „Die Kommune kann eine solche Prämienmaßnahme nicht im Stil der Oberzentren leisten“, teilt Sprecherin Vanessa Heitz mit. Seniorengerechte Wohnungen zu bauen, sei derzeit schwierig. Im ländlichen Raum sei es zudem oft so, dass frei werdende Häuser an Familienmitglieder oder Bekannte übergehen.
Für die Stadt Heilbronn steht fest: „Eine Prämie für den Wohnungswechsel kann nicht wesentlich dazu beitragen, Wohnungsnot zu lindern.“ Laut Thomas Hille von der Stabsstelle Strategie und Stadtentwicklung seien derzeit bei einem Bestand von 63.720 Wohnungen lediglich 14.300 Wohnungen kleiner als 60 Quadratmeter. Dem gegenüber stünden 48.100 Ein- bis Zweipersonenhaushalte, die potenzielle Nachfrager dieser eher kleinerer Wohnungen seien.
500 neue Wohnungen im Jahr – dieses Ziel verfolgt die Stadt Heilbronn
„Deshalb wird es vermutlich schwierig, genügend passende, kleinere Wohnungen anbieten zu können“, teilt Sprecherin Suse Bucher-Pinell mit. Die Stadt Heilbronn setze mit ihrem Partner Stadtsiedlung Heilbronn GmbH deshalb auf den Bau von neuen Wohnungen. Darüber hinaus seien viele private Bauherren oder Bauträger in verschiedenen Baugebieten aktiv. Das jährliche Ziel sei 500 neue Wohnungen.
Nur auf Bauen zu setzen, ist für Alfred Huber, Vorsitzender des Mieterbundes Heilbronn, jedoch nicht die Lösung. Eine Umzugsprämie könnte aus seiner Sicht ein guter Anreiz sein, damit ältere Menschen aus ihrem zu groß gewordenen Haus oder ihrer Wohnung ausziehen. So würde der ohnehin knappe Wohnraum besser genutzt.
Hohe Mieten könnten zum Scheitern einer Umzugsprämie beitragen
Ein Umzug könne für viele ältere Menschen eine Entlastung sein, da sie zum Beispiel keinen Garten mehr pflegen oder die Straße kehren zu müssen, führt er aus. Wichtig wäre natürlich, dass die kleinere Ersatz-Wohnung auch weniger Miete kostet. „Da beginnt allerdings schon der Haken, denn Neuvermietungen werden erfahrungsgemäß genutzt, die Miete kräftig zu erhöhen“, gibt Huber zu bedenken. So könne es sein, dass die kleine Wohnung kaum weniger oder sogar mehr kostet. Das würde trotz Umzugsprämie den Wohnungswechsel für viele wohl unattraktiv machen, erläutert Bucher-Pinell.
Ob eine Umzugsprämie etwas bringt, müsste die Praxis zeigen, findet Huber. „Wichtig ist, dass die Senioren Unterstützung bekommen bei der Suche und Auswahl der Tauschwohnung, möglichst auch bei der Organisation des Umzugs.“ Aus seiner Sicht sollte nichts unversucht bleiben, die Wohnungssituation in Heilbronn zu verbessern - auch wenn es kleine Schritte seien.
Umzugsprämie getestet: Marbach am Neckar schafft Maßnahme wieder ab
Die Stadt Marbach am Neckar hatte 2019 eine Umzugsprämie eingeführt und rund ein Jahr später wieder abgeschafft. Die Prämie in Höhe von 2500 Euro war für keinen Senior der Anlass, die größere Wohnung zu verlassen, begründet Hauptamtsleiter Jürgen Sack die Entscheidung. Es seien ausschließlich persönliche Gründe, die dazu führten. "Von daher war die von der Stadt Marbach ausgelobte Prämie ein On-Top, aber wohl nie der Auslöser für eine Verkleinerung der Wohnungssituation."
Problem sei auch gewesen, dass Richtlinien vorsahen, dass die freigemachte Wohnung von einer berechtigten Familie aus Marbach innerhalb von sechs Monaten bezogen werde. "Das hat die Erlangung einer Prämie sicher erschwert", sagt Jürgen Sack. Er möchte trotzdem nicht ausschließen, dass Prämienmodelle die Wohnungsnot lindern könnten. „Ich denke, wenn nicht nur potentielle Mieter, sondern auch Vermieter etwas von der Prämie hätten, wäre die Erfolgsrate eventuell höher.“