Was das Verbot des Straßenstrichs in Heilbronn bisher gebracht hat
Seit Mitte September dürfen sich Prostituierte nicht mehr in der Hafenstraße aufstellen. Die Stadt Heilbronn hat es verboten. Zwischenzeitlich nahm eine andere Form der Prostitution zu.

Seit dem Verbot des Straßenstrichs in Heilbronn scheint sich die Situation in der Hafenstraße beruhigt zu haben. „Es wurden keine weiteren polizeilich relevanten Vorfälle im Milieu festgestellt“, zieht Polizeisprecherin Annika Grundbrecher eine erste Bilanz. Insbesondere nicht innerhalb der beiden rivalisierenden Gruppen. Solveig Horstmann, Leiterin des Heilbronner Ordnungsamts, sagt: Die Lage hat sich entspannt.
Zuvor hatten sich in der Hafenstraße zwei verfeindete bulgarische Großfamilien nach Angaben von Stadt und Polizei monatelang mit brutaler Gewalt bekämpft. Huren und Zuhälter erlitten zum Teil heftige Verletzungen. Sie waren sowohl Opfer als auch Täter und setzten Holzlatten mit Nägeln, Baseballschläger und Säure ein, um gegenseitige Gebietsansprüche geltend zu machen. Die Stadt erließ Mitte September ein dreimonatiges Verbot der Straßenprostitution.
Polizei stellt keine Verlagerung von Straftaten fest
Die Straßenprostitution habe sich für eine gewisse Zeit in die Wohnungsprostitution verlagert, sagt Horstmann. Zuhälter und Huren seien dieselben. Wie sich das Verbot auswirkt, beobachtet nach eigenen Angaben auch die Polizei. Sie kommt zu dem Schluss: Eine Verlagerung von Straftaten – zum Beispiel ins Bordell H7 oder in den Bereich der Wohnungsprostitution – ist bislang nicht festzustellen.
Polizei und Heilbronner Stadtverwaltung hatten angekündigt, die Einhaltung des Straßenstrich-Verbots zu überwachen. Horstmann zufolge wurde bis jetzt in einem Fall ein Bußgeld fällig, weil jemand im Sperrgebiet, allerdings nicht in der Hafenstraße, der Prostitution nachgegangen sei.
Bulgarische Familien bekämpfen sich
Die verfeindeten bulgarischen Gruppierungen hätten ihre Vormachtstellung in der Hafenstraße über die vergangenen Jahre aufgebaut, sagt die Polizei. Ob und mit welchen Taten die Akteure zuvor bereits aufgefallen sind, dazu macht sie wegen „aktueller Ermittlungen“ keine detaillierten Angaben. Nur so viel: Eine erhöhte Zahl von Straftaten, die zu dem aktuellen Verbot geführt hat, sei in den Jahren zuvor nicht festgestellt worden.
Mareike Hafendörfer, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, teilt mit, dass sich kein Tatverdächtiger in Haft befinde. Wie groß die bulgarischen Familien sind, wie viele Familienmitglieder Verbindungen ins Milieu haben, dazu äußert sich die Polizei vorerst nicht. Beide Gruppierungen seien nach bisherigen Erkenntnissen in den zurückliegenden Jahren auch in Bremerhaven aktiv gewesen. Von dort hätten sie ihre Aktivitäten nach Heilbronn verlagert.
Bei der Untersuchung der Vorkommnisse prüft die Polizei außerdem, ob die mutmaßlichen Täter als Mehrfach- und Intensivtäter einzustufen sind. Dazu gibt es eine Konzeption mit Handlungsempfehlungen vom Land Baden-Württemberg. Derzeit klärt die Polizei, wer welche Taten begangen hat. Erst danach steht fest, ob jemand als Mehrfach- oder Intensivtäter gilt.
Stadt will dauerhaftes Verbot durchsetzen
Die Stadt Heilbronn arbeitet zurzeit daran, den Straßenstrich für immer zu verbieten, also über Mitte Dezember hinaus. Sobald es zu einer Aufhebung des Verbots kommt, werden die Akteure die Straßenprostitution fortführen, ist sich Ordnungsamtsleiterin Horstmann sicher. Sie geht von einem Gefahrenpotenzial aus, das sich dann erneut in der Stadt zeigen werde. Das Rathaus hatte schon im September deutlich gemacht, dass es ein dauerhaftes Verbot der Straßenprostitution anstrebt. Dazu ist eine Änderung der Sperrgebietsverordnung notwendig.
Diese wiederum wird vom Regierungspräsidium (RP) Stuttgart erlassen. Die Stadt werde dort einen entsprechenden Antrag stellen, kündigt Horstmann an. Man befände sich mit dem RP im regen Austausch. Der Heilbronner Gemeinderat muss an einer neuen Verordnung rechtlich gesehen nicht beteiligt werden.
Der Stadtverwaltung sei es aber ein wichtiges Anliegen, die Rechtsverordnung zuvor mit dem Gemeinderat inhaltlich abzustimmen, auch wenn dies gesetzlich nicht erforderlich sei, sagt Horstmann. Eine entsprechende Drucksache werde in Kürze in den Gemeinderat eingebracht. Bis eine neue Verordnung vom Regierungspräsidium erlassen ist, soll die Mitte September in Kraft getretene Allgemeinverfügung, die das Verbot der Straßenprostitution regelt, verlängert werden.
Ausweisung von EU-Bürgern
Werden Menschen mit ausländischem Pass in Deutschland straffällig, gibt es die Möglichkeit, sie in ihr Herkunftsland abzuschieben. Handelt es sich um EU-Bürger, droht ihnen der Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt und die Ausweisung. Zuständig ist das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe. Es wird nach Angaben einer Sprecherin von den Justizvollzugsanstalten und den Staatsanwaltschaften über entsprechende EU-Bürger informiert. Das RP klärt, ob die Bleibeinteressen desjenigen, etwa weil er seit vielen Jahren in Deutschland lebt, die Ausweisungsinteressen überwiegen. Der Betroffene werde angehört. Er habe das Recht, gegen eine Entscheidung Klage einzureichen.


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