Hotspot Heilbronn: Wie andere Städte das Infektionsgeschehen eindämmen
Heilbronn hat seit Tagen die höchste Zahl an Corona-Infektionen in ganz Baden-Württemberg. Welche Strategien verfolgen andere Städte und Kreise im Land, um das Infektionsgeschehen einzudämmen?

Heilbronn hat seit Tagen die höchste Inzidenz in Baden-Württemberg. Landkreise wie Tuttlingen und die Stadt Pforzheim kämpfen ebenfalls mit vielen Corona-Infektionen. Dort ist es gelungen, dass die Zahl der Ansteckungen gesunken ist. Wie haben sie das gemacht?
"Es gibt einen Zusammenhang zwischen Impfungen und Infektionen", sagt Philip Mukherjee, Sprecher der Stadt Pforzheim. Schon früh sei man mit mobilen Impfteams in der Stadt unterwegs gewesen. Etwa da, wo Menschen auf engem Raum leben. Die Teams gehen in Moscheen, Familienzentren, Bürgerhäuser. Bei bislang 30 derartigen Aktionen seien jeweils 100 bis 150 Dosen an Menschen verabreicht worden. "Wir haben dabei mit sozialen Trägern zusammengearbeitet."
Impftermin am Stand in der Fußgängerzone ausmachen
An einem Stand in der Pforzheimer Fußgängerzone vergeben Rathausmitarbeiter am vergangenen Freitag Impftermine. "Wer vorbeikommt und mit dem Personalausweis nachweisen kann, dass er in Pforzheim wohnt, kann sich am Stand einen Termin geben lassen", erklärt Mukherjee. Auf einem Kärtchen werde der Termin für diesen Samstag oder Montag notiert. "Wir müssen mit einem niederschwelligen Angebot die Pforzheimer erreichen." Im örtlichen Impfzentrum würden überwiegend Menschen von außerhalb geimpft. Nur ein Drittel stamme aus der Stadt.
Rems-Murr-Kreis wurde zunächst von anderen belächelt
Woran es gelegen hat, dass bis vor Kurzem der Rems-Murr-Kreis vergleichsweise hohe Infektionszahlen auswies, lässt sich nach Angaben von Martina Keck, Sprecherin des Landratsamts, nicht sagen. Nach den Pfingstferien jedoch seien Infektionen vermehrt in Kindergärten und Schulen aufgetreten. Drei Fälle mit Delta-Variante bereiten der Stadt Sorge. Noch sinken die Zahlen. Ein Grund dafür könne das früh erstellte Testkonzept sein. Über eine App buchten die Bewohner einen Termin in einer der 150 Teststationen des Kreises. App und Teststellen seien frühzeitig aufgebaut worden. "Als wir vergangenen Oktober ein zentrales Schnelltestzentrum nur für Schulen und Kitas eingerichtet haben, wurden wir noch ausgelacht." Digitale Strukturen seien aber wichtig. Dazu gehöre, dass Menschen in Kitas, Schulen und Firmen ausgebildet worden seien, die Selbsttests unter dem Vier-Augen-Prinzip verfolgten und das Ergebnis in einer App bestätigten.
Ohne Anmeldung und ohne Termin
Als die Zahlen im Schwarzwald-Baar-Kreis in die Höhe klettern, unternimmt das Landratsamt - nichts, sagt Sprecherin Heike Frank. Sie ergänzt: "Wir sind natürlich bestrebt zu impfen, was geht." Das Land stellt dem Kreis zusätzliche Dosen zur Verfügung. Am Dienstagabend habe man davon erfahren, am Mittwochmorgen die Aktion organisiert und kommuniziert, auch über die sozialen Medien, sagt Frank. In Villingen und in Donaueschingen sollen Bürger an diesem Wochenende zu den Impfstationen kommen. Ohne Anmeldung, ohne Termin. "Es ist ein Experiment", räumt Frank ein. Es könne gut sein, dass die Bürger, die dem Aufruf folgen, bei der Hitze in einer Warteschlange stehen. Und hinterher wird sich darüber beschwert.
Kultur- und Migrantenvereine unterstützen Impfaktionen
"Tuttlingen ist eine Produktions- und Industriestadt. Viele Mitarbeiter in Firmen können nicht von zu Hause aus arbeiten", sagt Julia Hager, Pressesprecherin beim Landratsamt Tuttlingen. Die Gefahr, sich am Arbeitsplatz zu infizieren, sei höher. Mit Sonderimpfaktionen in Trossingen und Tuttlingen habe man Impfungen ohne Termine verabreicht. Über Kultur- und Migrantenvereine habe man Kontakt zu ausgewählten Menschen hergestellt und 1000 Impfungen vorgenommen. 4000 weitere Dosen erhält der Landkreis Tuttlingen. Diese seien an jene Stadt- oder Landkreise ausgegeben worden, die eine niedrige Impfquote vorweisen.
Diskussionen in Raststatt
Einen Brennpunkt eines Corona-Ausbruchs lasse sich in Rastatt nicht nachweisen, erklärt Benjamin Wedewart, Pressesprecher des Landkreises Rastatt. Kulturell bedingte Umstände seien ein Grund für erhöhte Inzidenzzahlen. In Milieus, in denen Menschen in beengten Wohnverhältnissen leben und damit die Gefahr der Verbreitung des Virus höher ist, habe man Aufklärungsarbeit geleistet und mit mobilen Teams Impfaktionen durchgeführt. Dies habe in Rastatt zu Diskussionen geführt, da diese Impfdosen der Gesamtbevölkerung abgezwackt worden seien. "Wenn sich Menschen im besten Alter um einen Impftermin bemühen und stattdessen ein 20-Jähriger einfach so geimpft wird, sorgt das natürlich für Diskussionen."



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