Niedrige Impfquote: Auf Ursachensuche in Böckingen
Die Impfquote im größten Stadtteil Heilbronns ist vergleichsweise eher niedrig. An der Impfbereitschaft liegt es laut Bezirksbeiratssprecher und Stadtverwaltung nicht. Woran dann - sind Falschmeldungen im Netz Schuld oder etwa mangelnder Informationsfluss?

Bei der Hitze zieht es am vergangenen Mittwoch nicht allzu viele auf den Dorfplatz und zum Bürgerhaus in Böckingen. Nur in der Schuchmannstraße hat sich eine kleine Schlange gebildet - vor der Adler-Apotheke. Dort wird vieles geboten: Neben dem regulären Sortiment zum Beispiel Corona-Schnelltests, und seit Neuestem auch noch Zertifikate für den digitalen Impfpass. Das Apotheker-Team ist freundlich, wirkt aber ein wenig gestresst. "Der Andrang ist groß", erzählt eine Mitarbeiterin, bevor sie sich wieder ihren Kunden widmen muss. Schnell kommt noch die Antwort, ob die Böckinger denn auch Fragen zur Impfung stellen? "Ja, klar", sagt sie.
Potenzielle Nebenwirkungen machen skeptisch
Wie aber kommt es dann, dass Böckingen im Vergleich zu anderen Stadtteilen eine so niedrige Impfquote hat? Mit 19 Prozent im Impfzentrum sogar so niedrig, dass die Stadt eine Aktion für Böckingen startete, mit 800 Impfterminen, speziell für die Stadtteilbewohner. Etwa 550 davon waren laut Stadt am Donnerstag vergeben - eine verhaltene erste Reaktion.
"Immer wieder höre ich, dass die Menschen wegen potenzieller Nebenwirkungen skeptisch sind. Die Verunsicherung ist groß", erzählt Dr. Katja Thorey. In ihrem Laden, der Mörike-Apotheke auf der Böckinger Schanz, ist es vergleichsweise ruhig. So hat sie Zeit für ein paar Überlegungen zu möglichen Ursachen: "Einige informieren sich über das Impfen im Internet, dort kursieren sehr viele Fehlinformationen", sagt sie. Zum Beispiel über vermeintliche Nebenwirkungen. "Im Bekanntenkreis erzählt man sich dann davon und es verbreitet sich schnell immer weiter."
Mundpropaganda und Plakate im Supermarkt
Bezirksbeiratssprecher Matthias Suleder sieht die Gründe dagegen eher in der offiziellen Kommunikation, die direkter beim Bürger ankommen müsse. "Zum Beispiel über Schlüsselpersonen, die vernetzt sind und Mundpropaganda betreiben können. Nicht jeder liest Zeitung oder hat die gleichen Möglichkeiten, an Informationen heranzukommen", sagt er.
Außerdem müsse man sich fragen: "Wo gehen die Leute hin? Man könnte zum Beispiel ein auffälliges, großes Plakat mit der Aufschrift ,Impfaktion für Böckinger" in Supermärkte hängen."
Zugang soll durch Vor-Ort-Impfaktionen vereinfacht werden
Vor einem solchen Supermarkt auf der Schanz zeigt sich eine Böckingerin bei der Ursachenforschung eher ratlos: "Ich verstehe es nicht, ich bin schon ewig geimpft." Zwar habe das mit der Terminbuchung lange gedauert, aber man müsse eben hartnäckig bleiben. Dass Böckingen so multikulti ist, könnte ihrer Ansicht nach etwas mit der niedrigen Impfbereitschaft zu tun haben. Das glaubt Suleder dagegen nicht. "Es ist eine sehr hohe Impfwilligkeit da", sagt er. Nur der Zugang fehle oft.
Auch die Stadt sieht das so und möchte "ergänzend alternative Zugangswege" schaffen. Zum Beispiel über eine Familien-Impfaktion vor Ort am Wochenende in der Heinrich-von-Kleist-Realschule. Wenn die Böckinger nicht zur Impfung kommen, muss die Impfung eben nach Böckingen kommen.





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