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Straßenstrich in Heilbronn ist vorläufig verboten

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Die Stadt Heilbronn reagiert auf anhaltende Beschwerden in der Hafenstraße. Sie verbietet den Straßenstrich für drei Monate. Ziel sei jedoch ein dauerhaftes Verbot.

Foto: motortion/stock.adobe.com
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Der Straßenstrich in der Hafenstraße Heilbronn ist Vergangenheit. Die Stadtverwaltung hat am Montag den Verwaltungsausschuss über das Verbot in nichtöffentlicher Sitzung informiert. Das Aus ist auf zunächst drei Monate befristet. "Parallel wird die Stadt ein dauerhaftes Verbot in Abstimmung mit dem Regierungspräsidium vorbereiten", sagt Rathaussprecherin Claudia Küpper. Ob es eine Alternative zum Strich in der Hafenstraße an anderer Stelle geben wird, ist offen.

Polizei registriert mehr Straftaten

Verstärkte Kontrollen in der Hafenstraße durch die Polizei gehen der Entscheidung des Rathauses voraus. In den zurückliegenden beiden Wochen sind nahezu täglich Beamte des Präsidiums im Einsatz, teilt Annika Grundbrecher, Sprecherin des Polizeipräsidiums, mit. Etwa 100 Menschen und eine Vielzahl von Fahrzeugen werden ihr zufolge überprüft. "Es wurden mehrere Verstöße in unterschiedlichen Deliktsbereichen festgestellt", sagt sie. Die genaue Zahl nennt sie nicht. Um welche Taten es sich handelt, dazu macht die Polizei keine Angaben und gibt ermittlungstaktische Gründe an.

Eine intensive Überwachung des Strichs haben Polizei und Stadtverwaltung Heilbronn im Vorfeld angekündigt. Begründung: Es sei in jüngster Zeit zu einem Anstieg von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten gekommen. Es gibt zudem Beschwerden wegen Unrat, Kondomen und Feuchttüchern im Grünstreifen entlang der Straße.

In Großstädten ist Prostitution grundsätzlich erlaubt

Das dreimonatige Aus erfolgt auf Grundlage des Prostitutionsschutzgesetzes. Huren, Freier und Zuhälter dauerhaft zu verbannen, ist jedoch nicht ohne Weiteres machbar.

In Städten und Gemeinden bis zu 35.000 Einwohner ist es grundsätzlich verboten, der Prostitution nachzugehen, teilt das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart auf Anfrage mit. Städte mit bis zu 50.000 Einwohner können, wenn sie möchten, Prostitution verbieten. In größeren Städten wie Heilbronn ist Prostitution grundsätzlich erlaubt. Allerdings kann Sex-Arbeit durch eine Rechtsverordnung zumindest in Teilen des Stadtgebiets verboten werden. Oder Prostitution ist nur an bestimmten Plätzen zu festgelegten Zeiten möglich.


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Zuständig für den Erlass einer Rechtsverordnung ist das RP. Einer Pressesprecherin zufolge wird die Behörde in der Praxis nicht von sich aus tätig. Tritt eine Kommune an das RP heran, prüfe es, ob und in welchem Umfang ein Verbot möglich ist. Dieses soll dem Schutz der Gesundheit von Prostituierten, Kundschaft und sonstigen Personen dienen, sagt Rüdiger Muth, stellvertretender Leiter des Heilbronner Ordnungsamts.

Welche Folgen ein Verbot haben kann

Von solch einem Schritt hält der Bundesverband Sexuelle Dienstleistungen (BSD), ein Verein mit Sitz in Berlin, nichts. "Corona hat es doch gezeigt", sagt Vorstandsvorsitzende Stephanie Klee. "Sex-Arbeit schafft sich seinen Weg." Wird sie verboten, vollzieht sie sich "im Grauen, im Nichtkontrollierbaren". Klees Erfahrung: "Wenn es ausreichend Interesse an einem Verbot gibt, dann wird es auch durchgedrückt."

Einem generellen Prostitutionsverbot wie in skandinavischen Ländern erteilt die BSD-Vorsitzende eine Absage. "Prostitution findet nicht mehr in der Legalität statt, sondern die Frauen werden in dunkle, einsame Ecken abgedrängt." Passiert eine Straftat, meiden die Betroffenen den Gang zur Polizei.

Freier fahren in die nächste Stadt oder gehen ins Bordell

Dass bei einem Verbot von Prostitution Vergewaltigungen zunehmen, "ist aber völliger Quatsch", sagt Klee. Vergewaltigungen kämen zu einem sehr großen Teil innerhalb von Partnerschaften und Beziehungen vor. Oft kennen sich Täter und Opfer. Gibt es keinen Straßenstrich, sagt Klee, fahren Freier in andere Städte, gehen ins Bordell oder suchen Prostituierte in Privaträumen auf.


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Klee plädiert für eine Professionalisierung des Gewerbes. Komme es zum Beispiel im Bereich eines Straßenstrichs zu Problemen, wäre es Aufgabe etwa von Fachberatungsstellen und Polizei, dem entgegenzuwirken. Eine Professionalisierung würde Frauen helfen, ihre persönlichen Grenzen zu ziehen: "Was mache ich, was mache ich nicht? Wann gehe ich zur Polizei?" Erkenne jemand, dass er in dem Gewerbe falsch sei, müsse es einfache Wege geben, die Tätigkeit zu wechseln.

Städte ohne Straßenstrich

Wie das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart auf Anfrage mitteilt, kann zumindest die Straßenprostitution in Gemeinden jeder Größenordnung grundsätzlich vollständig verboten werden. Ein Verbot ist jedoch an Voraussetzungen geknüpft. Kinder und Jugendliche etwa sollen von dem Treiben nichts mitbekommen. Ob die notwendigen Bedingungen vorhanden sind, prüft das RP in jedem Einzelfall. In den vergangenen 25 Jahren hat das RP mehrere Rechtsverordnungen erlassen, die Straßenprostitution in einer Gesamtstadt verbieten: Crailsheim im Jahr 2022, Leinfelden-Echterdingen (2008), Backnang (2003), Filderstadt (2002), Schwäbisch Hall (1998).

 

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