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Stimme-Wahlcheck zur Halbzeitbilanz
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Bundeskanzler Olaf Scholz bringt Überraschungen mit nach Heilbronn

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In Ausdruck und Sprache bleibt Olaf Scholz seinem nüchternen Stil treu, einige Inhalte sorgen aber für Verwunderung in der voll besetzten Kreissparkasse beim Stimme-Wahlcheck zur Halbzeitbilanz.

Parteivorsitzende und Minister waren beim Stimme-Format zu Gast, ein amtierender Kanzler noch nicht.
Parteivorsitzende und Minister waren beim Stimme-Format zu Gast, ein amtierender Kanzler noch nicht.  Foto: Seidel, Ralf

Wenn es nach Olaf Scholz geht, folgen seinem dritten Besuch beim Stimme-Wahlcheck in Heilbronn weitere. "Dass ich so lange Kanzler sein werde wie Angela Merkel, glaube ich nicht. Aber lange soll es schon sein", erklärt ein gut gelaunter Kanzler zum Abschluss des 90-minütigen Politik-Talks mit Chefredakteur Uwe Ralf Heer unter der Pyramide der Kreissparkasse. Er zeigt sich sicher: "Ja, die Koalition hält bis zum Ende der Legislaturperiode." Es werde gelingen, Probleme zu lösen und Unsicherheiten über die Zukunft zu reduzieren - und damit auch der aktuell starken AfD den Nährboden zu entziehen.


Viel Lokalprominenz beim Wahlcheck mit Bundeskanzler Olaf Scholz 

Der Saal in der Kreissparkasse war voll. In den vorderen Reihe sitzt SPD-Prominenz, Abgeordnete, Bürgermeister und Unternehmer.
Der Saal in der Kreissparkasse war voll. In den vorderen Reihe sitzt SPD-Prominenz, Abgeordnete, Bürgermeister und Unternehmer.  Foto: Seidel, Ralf

Es ist auch ein gesellschaftliches Highlight an diesem Sonntagabend, denn Parteivorsitzende und Minister waren beim bekannten Stimme-Format schon einige zu Gast, ein amtierender Kanzler noch nicht. Entsprechend groß sind Publikumsinteresse, die Sicherheitsvorkehrungen und das bundesweite Medienecho. Die Plätze in den vorderen Reihe sind belegt mit SPD-Prominenz, Abgeordneten, Bürgermeistern aus allen Ecken des Landkreises, dem Landrat und Unternehmern. Der Saal ist voll, die Karten waren in kürzester Zeit vergriffen.

Bundeskanzler Scholz antwortet mit unerschütterlicher Gelassenheit und großer Detailtiefe

Wer einen typischen Scholz-Auftritt erwartet hatte, wird nicht enttäuscht. "Scholz-O-Mat" nennt ein Kind sein formelhaftes Auftreten in einem der Einspielfilme. Der 65-Jährige kennt diese Kritik - und bleibt sich treu. Mit unerschütterlicher Gelassenheit und weit ausholenden Erklärungen in großer Detailtiefe antwortet er auf die Fragen des Chefredakteurs: zum Migrationsgipfel, zum Nahostkonflikt, zu Deutschlands Rolle bei der Unterstützung der Ukraine oder den innenpolitischen Themen Fachkräftemangel und Wohnungsnot.

So schafft Scholz es, Kontroversen die Schärfe zu nehmen. Etwa bei der vorab eingesandten Frage, die Heer im Auftrag eines SPD-Mitglieds stellt: "Warum rennt die SPD in der Flüchtlingspolitik den Rechten hinterher?" Auf diese Kritik geht der Kanzler nicht ein. Er erklärt stattdessen freundlich, warum es auch wegen Deutschlands historischer Verantwortung wichtig sei, dass "das individuelle Recht auf Asyl bleibt", dass der Wohlstand des Landes "zum großen Teil der Zuwanderung zu verdanken ist" und macht einen Punkt, auf den er mehrfach zurückkommt: Man müsse alles dafür tun, die irreguläre Migration zu beenden. Die vielen Einzelmaßnahmen, die in der vergangenen Woche beim Treffen mit den Ministerpräsidenten beschlossen worden seien, "werden etwas bringen, weil sie umfassend die Dinge betrachten".

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Bundeskanzler Olaf Scholz bei Stimme-Wahlcheck: Freundschaftliche Gespräche mit Friedrich Merz und Alexander Dobrindt

So sei ihm auch nicht klar, warum die Union nun doch nicht mehr dabei sein wolle beim Migrationspakt, sagt Scholz auf die Frage von Heer: "Es wäre gut für den gesellschaftlichen Frieden, wenn die große Oppositionspartei mitarbeiten würde." Die bisherigen Gespräche mit CDU-Chef Friedrich Merz und Alexander Dobrindt von der CSU seien freundschaftlich gewesen. "Deshalb habe ich ehrlicherweise nicht verstanden, warum es nicht weitergehen soll." Mit geschickten Äußerungen wie diesen gelingt es Scholz wohl auch, dem politischen Gegner Angriffsfläche zu nehmen.

Inhaltlich bringt der Kanzler einige Überraschungen mit nach Heilbronn. Man muss jedoch genau hinhören, damit sie im Scholz-Sprech nicht untergehen. So sagt der "Klima-Kanzler" aus dem Wahlkampf 2021, es müsse mehr Bauland ausgewiesen werden und "wahrscheinlich 20 neue Stadtteile in den am meisten gefragten Städten oder Regionen entstehen", um der Wohnungsnot zu begegnen. Zudem seien nicht die Zinsen das Problem, sondern vielmehr, dass "nicht die richtigen Wohnungen", gebaut worden seien. Als Investor müsse man überlegen: "Wie viele Leute gibt es in Deutschland, die 21 Euro Miete pro Quadratmeter zahlen können?"


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Eine weitere Anhebung des Rentenalters? Nicht mit ihm, sagt Kanzler Scholz beim Stimme-Wahlcheck

Sehr klar auch seine Aussage zum Rentenalter: Die Erhöhung auf 67 Jahre sei beschlossen, "aber danach ist auch mal gut". Eine weitere Erhöhung sei mit ihm nicht zu machen, "weil es falsch ist und auch keinen Sinn macht". Dafür gibt es Applaus aus dem ansonsten meist still lauschenden Publikum.

Nüchtern erklärt Scholz, warum es nötig sei, den türkischen Präsidenten Erdogan zu empfangen, obwohl dieser den Antisemitismus nach dem Überfall auf Israel befeuere: "Ich habe mit vielen Staatschefs gesprochen, um zu verhindern, dass es Eskalationen gibt." Dann wird er für seine Verhältnisse fast leidenschaftlich, als er sich klar gegen eine Waffenruhe mit der Hamas ausspricht, wie sie Frankreichs Präsident Macron zuletzt gefordert hatte: Die Terrororganisation dürfe keine Chance bekommen, Luft zu holen und sich neu zu formieren. "Wir kämpfen dafür, dass die Geiseln freigelassen werden, dazu können humanitäre Pausen Sinn machen." Gleichzeitig müsse es darum gehen, Hilfe für die Menschen in Gaza bereitzustellen.

 
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Kommentare

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Raphael Benner am 13.11.2023 18:58 Uhr

Völlig realitätsfremd. Richtige Wohnungen kann man bauen, wenn die irrsinnigen Vorschriften wegfallen. Dann kann man in der Herstellung Geld sparen und günstig vermieten. Nicht der Investor ist an 21€ Schuld, Herr Bundeskanzler.

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