Stadt Heilbronn sichert sich Vorkaufsrecht auf Schandfleck in der City
Direkt neben dem Heilbronner Rathaus steht seit Jahren ein marodes Haus leer. Viele sprechen von einem Schandfleck. Die Besitzer machen nichts. Nun hat sich die Stadt das Vorkaufsrecht gesichert. Pläne und Ideen gibt es genug.

Es kommt Bewegung in die Diskussion um eines der prominentesten Grundstücke in der Heilbronner City. Die Stadt sichert sich das Vorkaufsrecht für das Gebäude auf dem Reim-Areal. Pläne und Ideen reichen vom Rathaus-Anbau über Wohnungen und Läden bis hin zu einer Markthalle. Doch noch stellen sich die Eigentümer quer.
Übles Erscheinungsbild
Mit Sperrholz vernagelte Fenster, Wellblech, Sprühereien, Matratzen und ein altes Sofa, die schon seit Wochen am ehemaligen Haupteingang liegen: Das einstmals hellblau gestrichene Gebäude an der Rathausgasse ist das, was man gemeinhin als Schandfleck bezeichnet. So brachte es kürzlich die Jury des Blumenschmuck-Wettbewerbs im Weindorf auf den Punkt: ein Schandfleck nicht nur fürs Weindorf, sondern auch für das Oberzentrum der Region, das mit Neckarbogen und Bildungscampus neue städtebauliche Maßstäbe setzt, die Innenstadt aber zu vernachlässigen scheint.
Das heruntergekommene Gebäude an der Rathausgasse 5 steht seit Jahren leer. Zuletzt wurde das Erdgeschoss von einem Textiler genutzt. Früher befand sich hier die Bilderrahmen-Handlung Reim, daraus abgeleitet sind auch die Bezeichnungen Reim-Haus und Reim-Areal, womit die gesamte, 2700 Quadratmeter große Fläche zwischen Rathaus, Käthchenhof, Gerberstraße und Lohtorstraße gemeint ist. Sie wird als Parkplatz mit E-Auto-Zapfsäulen genutzt, provisorisch.
Etliche Häuser schon abgerissen

Schon seit den 1990er Jahren versucht die Stadt, das Areal neu zu ordnen und hatte dazu Zug um Zug Grundstücke und Gebäude entlang der Lohtorstraße aufgekauft: von der „Bastelecke“ über „Kurzwaren Ehrenfried“ bis zur „Lohtorstube“. Allein beim Reim-Haus ist ihr das bis heute nicht gelungen.
In seiner jüngsten Sitzung hat der Gemeinderat nun der Stadt das Vorkaufsrecht übertragen, das heißt: Die Eigentümer müssen die Immobilie, sobald sie verkaufen wollen, zunächst der Stadtverwaltung anbieten. Doch bisher, so sagen Insider, sind alle Verhandlungen gescheitert, angeblich an zu hohen Preisforderungen. Es gibt aber auch ein anderes Narrativ. Vorbesitzerin Käthe Reim hatte ihrem Ehemann Paul, der das Haus in der Nachkriegszeit mit eigenen Händen aus Trümmersteinen errichtet hatte, am Sterbebett versprochen, das Heim nie zu verkaufen. Käthe Reim ist 2017 im Alter von 96 Jahren gestorben. Fühlen sich die Erben an das Versprechen gebunden?
Pläne und Ideen gibt es bereits

Fakt ist: Einen Bebauungsplan gibt es für das Areal nicht, der Flächennutzungsplan weist es als „gemischte, kerngebietsorientierte Baufläche“ aus. Städtebauliche Entwicklungspotentiale des Quartiers sind Gegenstand verschiedener Konzepte und Rahmenplanungen. Im Masterplan Innenstadt von 2019 ist eine Neubebauung „angedacht“. Der letzten großen Brachfläche in der City wird auf der Querachse Experimenta- Lohtorstraße-Harmonie sowie im Umfeld von Marktplatz und Rathaus „eine wichtige Schlüsselfunktion bei der Weiterentwicklung der Innenstadt zugewiesen“.
Wie es in der Ratsvorlage zum Vorkaufsrecht heißt, eigne sich das Quartier zur Neubebauung „mit einer innenstadttypischen Mischnutzung aus Einzelhandelsnutzung, Dienstleistung und innenstadtrelevantem Wohnen“. Zudem wären Erweiterungsflächen fürs Rathaus möglich, um wie gewünscht weitere Dienststellen zu konzentrieren. Es gab sogar schon grobe Entwurfsplanungen der Stadtsiedlung Heilbronn GmbH für eine Blockrandbebauung mit insgesamt bis zu 9000 Quadratmeter Nutzfläche. Sie sehen vor, die direkt angrenzende, längst sanierungsbedürftige Rathaustiefgarage mit einer neuen Tiefgarage unter dem Quartier zu erweitern.
Nahrung für Markthalle
Seit den 1990ern spielen Politiker, Architekten und Entwickler immer wieder mit der Idee einer Markthalle. 2021 hat sie Stadtrat Christoph Trossbach wiederbelebt, während ihr der Verkehrsverein Heilbronn diesen Sommer neue Nahrung gab, bei einer Exkursion zu Markthallen in Freiburg, Basel, Colmar, Nancy und Épinal.