Diese Radstrecken in Heilbronn sind besonders gefährlich
Zahlreiche Markierungen, Engstellen, Schutzstreifen, die einfach aufhören: Gemeinsam mit dem Radverkehrsbeauftragten Stefan Muth hat die Redaktion eine Rundfahrt zu den Stellen gemacht, die von Stimme-Lesern arg kritisiert werden. Mancherorts ist die Verwaltung machtlos.
Wo ist es für Radfahrer in Heilbronn besonders gefährlich? Das haben uns Leserinnen und Leser geschildert, nachdem wir ausführlich über die Rad-Infrastruktur in der Region im Vergleich mit andern Städten, etwa der vielfach prämierten Radfahrer-Stadt Karlsruhe, berichtet hatten. Auch von Facebook-Nutzern kam Input.
Insgesamt neun Stellen im städtischen Radnetz haben wir so identifiziert, die als problematisch oder verbesserungswürdig angesehen werden. Bei einer Rundfahrt per Rad gemeinsam mit unserer Redaktion erklärt Stefan Muth, Radverkehrsbeauftragter der Stadt Heilbronn, wie die Verwaltung die kritisierten Stellen bewertet und ob etwas geändert werden soll.
"Heilbronn hat schöne Radwege", findet Muth. Manche Routen seien jedoch nicht für gemütliches Fahren gemacht, sondern für Pendler. Wer langsamer fahren wolle, könne Alternativstrecken nutzen. Von denen seien viele aber noch unbekannt, wie etwa die abgetrennte Fahrradspur in der Badstraße. Gegen Autofahrer, die Verkehrsregeln brechen und falsch parkten, könne man wenig tun, sagt er.
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Radfahrstreifen Kreissparkasse
Die Stadt hat den Radstreifen extra mit Pollern abgetrennt, trotzdem parken Autofahrer regelmäßig darauf. "Da sind wir ein Stück weit machtlos", sagt Stefan Muth. "Da werden wissentlich andere blockiert." Man könne nicht die gesamte Spur abtrennen. Das Ordnungsamt habe die Stelle mehrfach kontrolliert. Wer Parksünder sieht, könne der Behörde ein Foto schicken. Ändern wird sich absehbar aber nichts. Der Bereich werde im Zuge des Wollhaus-Umbaus umgestaltet. Laut Muth soll es dann auch eine "saubere Lösung" für Fußgänger und Radfahrer geben.
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Schutzstreifen Wilhelmstraße
Radfahrer wollen geradeaus, Autofahrer nach rechts. Dafür müssen sie über den Schutzstreifen fahren. Anfangs gab es noch keine Absperrung, jetzt stehen dort Poller, damit Autofahrer dahinter auf die Abbiegespur fahren. Beim Vor-Ort-Termin fahren jedoch mehrere Menschen auf der Busspur, ein Lkw rangiert auf dem Radstreifen. "Die Situation hat sich verbessert", findet Muth dennoch. Wegen der Einmündungen könne man den Streifen nicht abtrennen. Die Strecke sei für Pendler. Wer sich unsicher fühle, könne auf die Rosenbergstraße ausweichen.
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Einmündungen Charlottenstraße
Die Einfahrt zum Edeka-Markt am Rathenauplatz finden Leser kritisch: Radler kommen mit Geschwindigkeit den Berg runter, Autofahrer biegen mitunter ohne Schulterblick rechts ab. "Ich sehe hier eigentlich kein Problem", sagt Muth. Im Gegenteil: Früher verlief der Radweg auf dem Gehweg in beide Richtungen an der Edeka-Einfahrt vorbei. Nun sind beide Straßenränder mit Schutzstreifen ausgestattet. Die Sicht sei in alle Richtungen gut, die Schutzstreifen rot markiert, zählt Muth auf. Außerdem sei die Stelle kein Unfallschwerpunkt.
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Neckarradweg am Wertwiesenpark
Den Radweg am Neckar entlang müssen sich Fußgänger und Radfahrer an manchen Stellen teilen. Stimme-Leser finden: Die Wege sollten getrennt verlaufen. "Das wird völlig zu Recht gefordert", sagt Muth. Die Strecke soll zum Schnellradweg ausgebaut werden. Zwischen Fuß- und Radweg sollen dann Hecken und Bänke stehen. "Es geht darum, einen Erholungsraum zu schaffen", erklärt er. Deshalb dauere die Planung länger, es gehe nicht nur um den Bau eines Radwegs. Die Ausschreibung soll dieses Jahr beginnen. Bis dahin gelte es, Rücksicht zu nehmen.
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Marrahaus und Badstraße
Am Marrahaus und entlang der Neckarmeile kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Fußgängern und Radfahrern. "Super gefährlich, auch für die Mitarbeiter der Restaurants", findet eine Leserin. Wer unbedingt dort lang fahren wolle, könne das machen, sagt Muth. Die Fahrradstraße in der Badstraße ist aus seiner Sicht aber die bessere Alternative. Die Engstelle vor Lehners Wirtshaus auf der anderen Seite des Neckars hat die Stadt inzwischen beseitigt und Fußgänger und Radfahrer getrennt. "Das ist eine sehr hochwertige Strecke", findet Muth.
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B293 Richtung Leingarten
Die Bundesstraße 293 in Böckingen ist mit Schutzstreifen ausgestattet. Fährt man weiter Richtung Leingarten, endet der Radstreifen plötzlich. "Wer fährt da weiter?", fragt sich Muth. Lediglich das Gewerbegebiet komme noch, das sei aber über Feldwege erreichbar. Wer nach Leingarten möchte, müsse nur ein kurzes Stück auf der Straße fahren und dann links auf die Straße Im Haselter abbiegen, so Muth. "Die Strecke ist autofrei und asphaltiert." Das sei ohnehin sicherer, als auf der Bundesstraße weiter zu fahren, wo Tempo 70 erlaubt ist.
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Kreuzung Karl-Wüst-/Albertistraße
An der Kreuzung Karl-Wüst-, Alberti-, Lichtenbergerstraße wimmelt es vor Markierungen. Sie ist mit Schutzstreifen und sogenannten Warte-Taschen ausgestattet. "Die Kreuzung ist komplex, aber auch riesengroß", sagt Muth. "Wer das indirekte Linksabbiegen einmal verstanden hat, versteht es überall." Schilder weisen darauf hin, Radler haben eigene Ampeln und früher grün. Die Strecke sei für Pendler gedacht, wer nach Neckarsulm will, fahre am Neckar. Mit Ausbau der Radroute Nordost werde die Stelle optimiert.
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Kreisel Böckingen Viehweide
Autofahrer fahren viel zu schnell von der Neckartalstraße in den Kreisel an der Böckinger Viehweide und übersehen dabei langsamere Radfahrer − so lautet die Kritik eines Lesers. "Ja, dem stimme ich zu", sagt Muth. Die Stadt hat den Kreisel deshalb durch eine Markierung quasi verkleinert und beobachtet die Stelle. Wenn das nicht funktioniert, werden Grenzsteine installiert. "Das kostet natürlich wesentlich mehr." Generell seien Kreisel keine Gefahrenstelle, sondern eher sicher, erklärt Muth. "Die Vorfahrt ist klar geregelt."
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Kalistraße
Eine eher unscheinbare Schleife ist die Kalistraße. Der Schutzstreifen hört nach ein paar Metern plötzlich auf, außerdem würden Lkw oft dort parken, kritisieren Leser. Die Straße sei einfach zu schmal, Schutzstreifen auf beiden Seiten deshalb nicht erlaubt, betont Muth. Wo keine Radmarkierungen sind, weist ein Piktogramm Autofahrer darauf hin, dass Radler unterwegs sind. Als Alternative rät Muth, über die betonierten Wege des ehemaligen Buga-Geländes und die Straße Wohlgelegen zu fahren, bis man auf den Radweg entlang der Hafenstraße abbiegt.
Beschwerden über Radfahrer und über Autofahrer
Ein schwelender Konflikt, der in den Leserbeiträgen ebenfalls großen Raum einnimmt, ist der zwischen Autofahrern, Radfahrern und Fußgängern. Radfahrer würden sich häufig rücksichtslos verhalten und unerlaubt auf Gehwegen oder über rote Ampeln fahren, lautet ein häufig geäußerter Vorwurf. Radfahrer bemängeln ihrerseits, dass Autofahrer Radstreifen immer wieder blockieren, um zu parken oder zu halten. Die Konsequenz: Radler müssen auf die Fahrbahn oder den Gehweg ausweichen.
Weitere Beschwerden über Autofahrer: Überholen mit zu wenig Abstand oder Unkenntnis der Verkehrsregeln in für Anwohner freigegebenen Fahrradstraßen, wo auf Radfahrer besondere Rücksicht genommen werden muss. Sie dürfen dort zum Beispiel nebeneinander fahren, es gilt jedoch rechts vor links, wenn das nicht anders geregelt ist.