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Lernrückstände in den Grundschulen: Heilbronner Rentner gibt Rückenwind in Deutsch und Mathe

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Fred Dausel ist Unterrichtsbegleiter in einer Böckinger Grundschule. Die coronabedingten Defizite seien teilweise dramatisch.

Fred Dausel engagiert sich als Unterrichtsbegleiter in der Grünewaldschule. Der 79-jährige Böckinger arbeitete früher als Sozialpädagoge. Er will sich dafür einsetzen, dass das Förderprogramm Lernhilfen mit Rückenwind verlängert wird.
Foto: Mario Berger
Fred Dausel engagiert sich als Unterrichtsbegleiter in der Grünewaldschule. Der 79-jährige Böckinger arbeitete früher als Sozialpädagoge. Er will sich dafür einsetzen, dass das Förderprogramm Lernhilfen mit Rückenwind verlängert wird. Foto: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

Fred Dausel hat eine kräftige Stimme. Das stärkt seine Autorität. Sie kann der 79-jährige Böckinger derzeit gut gebrauchen. Denn seit Ende September engagiert sich der ehemalige Sozialpädagoge in der dritten Klasse der Böckinger Grünewaldschule als Unterrichtsbegleiter. Er ist Teil des Projekts Lernhilfen mit Rückenwind, das das Land Baden-Württemberg aufgelegt hat, um coronabedingte Lernrückstände von Schüler auszugleichen. Davon gibt es eine Menge, hat der gebürtige Bayer, der in Essen ausgewachsen ist, schnell erkannt. "Eine Klassenlehrerin für 26 Schüler, davon haben mindestens zehn Kinder auffällige Lernrückstände", sagt der fünffache Familienvater und fünffache Großvater.

Mit den Strukturen vertraut

Die Grünewaldschule im größten Heilbronner Stadtteil kennt Dausel schon sehr gut. Er kennt die Lehrer, weiß um die Strukturen, und auch die Räumlichkeiten sind ihm vertraut. An dieser Grundschule hat er sich nämlich bereits als Lesepate engagiert. Der Umgang mit den Schülern ist ihm nicht fremd. Zugute kommt ihm auch sein Studium als Sozialpädagoge. In mehreren kirchlichen Organisationen hat er sich während seines Berufslebens mit Kindern und Jugendlichen beschäftigt.

An flüssiges Lesen ist oft nicht zu denken

Was er nach der Corona-Pandemie in der Schule angetroffen hat, vermochte er aber anfangs selbst nicht zu glauben. "Es gibt wirklich eklatante Defizite", sagt er. Manche Schüler träumten und seien nur schwer zu erreichen. Andere hätten einfach keine Lust. "Etwa zehn Schüler sind echte Problemfälle. Sie sind in einer dritten Klasse nicht richtig." Sie täten sich in Deutsch extrem schwer. Buchstaben seien mitunter unbekannt. An flüssiges Lesen sei häufig nicht zu denken. "Es gibt auch Schüler, die können Minus nicht rechnen. Das darf in einer dritten Klasse nicht sein", sagt Dausel und schüttelt den Kopf.

 


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Der Unterrichtsbegleiter hilft Aufgaben zu lösen

In den Fächern Deutsch und Mathematik ist er dienstags und donnerstags im Unterricht dabei. Hat ein Schüler Probleme, setzt er sich zu ihm und hilft, die von der Lehrerin gestellten Aufgaben zu lösen. "Dabei geht es auch darum, dass das Kind überhaupt versteht, was die Lehrerin von ihm will." Vor der Schulstunde sagt ihm die Klassenlehrerin, welchen Schülern er sich annehmen soll. Inzwischen hat Dausel aber einen Blick entwickelt, welches Kind wann hängt. Dann wendet er sich von sich aus dem Schüler zu.

Auch Bestätigung guter Schüler ist wichtig

Stigmatisiert würde dabei keiner der Schüler. "Das ist typisches Erwachsenendenken", sagt Dausel. Er sei inzwischen so akzeptiert in der Klasse, dass manche Schüler von sich aus fragen, ob er nicht mal an ihre Tische kommen könne. Selbst gute Schüler würden sich melden. Für sie hätte er gerne mehr Zeit. Um sie zu bestätigen. "Auch so etwas ist sehr wichtig", sagt der Sozialpädagoge.

 


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Plädoyer für eine Verlängerung des Förderprogramms

Dass das Förderprogramm mit Ende des Schuljahres voraussichtlich ausläuft, bedauert der Unterrichtsbegleiter sehr. Die Defizite seien bis dahin längst nicht aufgearbeitet. Auch im kommenden Schuljahr würde er den Schülern am liebsten weiter aufs Pferd helfen. Mit dem Ziel, dass sie lernen, die Zügel selbst in den Händen zu halten. "Dafür müssen sich die Schulleiter einsetzen", fordert Dausel. Denn gerade in der Grundschule würden die Grundlagen für das weitere Leben gelegt. Und dabei würde er die Kinder gerne weiter unterstützen.

 


Förderprogramm Lernhilfen mit Rückenwind

Das Förderprogramm Lernhilfen mit Rückenwind für Schüler ist das Ergebnis einer Initiative des Landes Baden-Württemberg. Hintergrund dieser Maßnahme sind die Schulschließungen und der Unterrichtsausfall während der Corona-Pandemie. Dabei sollen Schüler in den Schuljahren 2021/22 und 2022/23 unterstützt werden, die pandemiebedingt entstandenen Lernrückstände auszugleichen. Außerdem soll das Programm die sozial-emotionalen Kompetenzen stärken. Mit dem Förderprogramm finanziert das Land Baden-Württemberg Lernhilfen in den Schulen. Bewerben kann sich dafür grundsätzlich jeder, der entsprechende Qualifikationen nachweisen kann, die ihn zu dieser Aufgabe befähigen.


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