Schulen profitieren von professionellen Eltern
Schulleiter würdigen gewinnbringende Zusammenarbeit mit Elternvertretern. Worauf es bei dem Ehrenamt ankommt.

Lehrer und Schulleiter kennen beide Typen: Es gibt Klassenpflegschaftsabende, da machen Eltern sich unsichtbar, bis die Wahl des neuen Elternvertreters vorbei ist. In anderen dagegen wird erhitzt um das Amt gekämpft − und zwar besonders erbittert dann, wenn Elternvertreter seit Kindergarten in neu gemischten Gruppen auf ebenso engagierte Elternvertreter "seit immer" treffen. So wundert es nicht, dass die Einschätzung, wie viel Mitspracherecht Eltern an Schulen haben (sollen), eine unterschiedliche ist.
"Eltern haben viele und gute Möglichkeiten, sich einzubringen", findet Matthias Wagner-Uhl, Leiter der Gemeinschaftsschule Neuenstein. Vor Ort, findet er, entscheidet sich die Qualität. "Da ist viel machbar." Elternarbeit, sagt Wagner-Uhl, "ist total wichtig". Das Zusammenspiel aller in multiprofessionellen Teams mache gute Schule aus. Schon im Profil hätten Gemeinschaftsschulen den Dreiklang Eltern, Schüler, Lehrer verankert. Es gebe Coaching- und Lernentwicklungsgespräche.
Schulleiter lobt "Austausch auf allen Ebenen" mit Elternbeirat
Alle Beteiligten seien routinemäßig oder auf Zuruf in Kontakt. So stünden monatlich Gespräche mit dem Elternbeirat an, aber dazu auf Zuruf ständig und immer. "Den Austausch gibt es auf allen Ebenen." Wenn Sitzungen mit dem Elternbeirat anberaumt sind, dann kämen da immer alle samt ihrer Vertreter. "Und dann sind wir da 40, 50 Menschen." Das sei sehr gewinnbringend. "Denn viele Eltern sind hochprofessionell und bringen damit viel Wissen und einen ganz anderen Blick auf die Schule mit ein. Das sind wertvolle Impulse", schätzt Wagner-Uhl die Fähigkeiten der Eltern hoch ein. Auch die Bereitschaft, sich zu engagieren, sei hoch. "Wenn man in aller Offenheit bittet, dann sind Eltern zu allem bereit", nennt Wagner-Uhl respektvollen, achtsamen und offenen Umgang als Grundvoraussetzung. Er denkt: "Jede Schule erzieht sich ihre Elternbeiräte." Will heißen: Die Kultur, die gelebt wird, setzt sich fort.
Er weiß aber auch: Es gibt nicht nur die ruhigen, sachorientierten Gespräche. Manchmal werde kontrovers, manchmal auch emotional diskutiert. "Wenn man aber immer den Mehrwert erkennt, dann entsteht daraus immer etwas Gutes." Für die unterschiedlichen Sichtweisen und Empfindungen müsse man Räume schaffen. "Da geht es um Offenheit."
Schlechte Busverbindungen und die Gestaltung der Mensa
Vera Stumpf kann das in weiten Bereichen nur unterstützen. Sie war lange Jahre Elternbeiratsvorsitzende der Neuensteiner Gemeinschaftsschule, bis ihr Kind nun an die Oberstufe wechselte. "Die Eltern waren immer eingebunden", sagt sie über die Themen der vergangenen Jahre. Elternarbeit, findet sie, "ist total wichtig". Dem Vorhalt, dass Eltern nur gebraucht werden, um Kuchen zu backen, entgegnet sie: "Das ist, wie wenn Gewerkschaften in Unternehmen die Geschäftsleitung fragen, was sie tun sollen." Will heißen: Elternarbeit bedeutet auch, Themen zu setzen. In ihrem Fall waren das konkret schlechte Busverbindungen, die thematisiert wurden. "Da habe ich viele Unterschriften gesammelt."
Aber auch Initiativen wie "Zu Fuß in die Schule" kamen aus dem Lager der Eltern. Es seien Gespräche mit dem Kultusministerium wegen fehlender Lehrer und mit der Stadt wegen der Ausgestaltung der neuen Mensa geführt worden. "Wir waren als Eltern immer eingebunden", sagt Vera Stumpf. Sie macht aber auch keinen Hehl daraus, dass Elternarbeit ein Ehrenamt mit hohem Aufwand sei. Der aber hat sie nicht geschreckt. So hat sie sich nach dem Elternbeiratssein in der Grundschule Pfedelbach auch ab Klasse fünf in Neuenstein zur Wahl gestellt. "Die Kommunikation unter den Eltern in der Grundschule war direkter. Dafür standen in Neuenstein mehr Themen an", vergleicht sie beide Tätigkeiten.
"Eltern würden noch mehr tun, wenn sie könnten", sagt Bettina Pany. Sie ist die gesamte Schulzeit ihrer Tochter Elternbeirätin am Bildungszentrum Bretzfeld, seit zwei, drei Jahren Vorsitzende und schon Jahre zuvor Stellvertreterin. Ihre Erfahrung ist, dass Schulen überfordert seien, alles umzusetzen, was Ministerium, Schulträger und letztlich auch noch Eltern verlangen. "Wenn Eltern sehen, dass Projekte gar nicht oder nur sehr langsam realisiert werden können, weil schlicht und einfach Kapazität fehlt, dann demotiviert das."7
Auf Probleme hinweisen und Lösungen finden
Ein Beispiel: einheitliche Schulkleidung. Das komme aber nur langsam voran. Die Schule habe zu viele Themen. "Das ist der falsche Ansatz: Eltern würden sich mehr einbringen, wenn es sich lohnen würde." Sie zieht eine Parallele zur Demokratiemüdigkeit der Menschen: "Würde man mehr bewegen können, würden sich mehr Menschen engagieren", denkt sie. Relativiert aber: "Man muss die Schulen in Schutz nehmen. Die können gar nicht alles stemmen."
"Nicht nur meckern, sondern auch etwas tun", lautet Steffen Kirchers Devise, wonach er sich seit knapp drei Jahren als Elternbeiratsvorsitzender an der Mörike-Realschule in Heilbronn engagiert. Dabei ist ihm wichtig, auf Probleme hinzuweisen und sie klar zu benennen. "Dann muss man die Ursache finden und gemeinsam mit Schülern, Eltern, der Schulleitung und dem Schulträger Lösungen erarbeiten." Vieles habe man bisher erreichen können, sagt Kircher, der auch im Vorstand des Gesamtelternbeirats ist. Die Lernmittelfreiheit sei etwa ein "großer Wurf" gewesen. Bei anderen Dingen müsse man dranbleiben. So gebe es an vielen Heilbronner Schulen Baumängel, auf die in den Gesprächen mit der Stadt immer wieder hingewiesen werden müsste. Vieles, was die Elternvertreter ansprechen, nehme die Stadt inzwischen ernster, ist Kirchers Eindruck. Und das Rathaus erkenne an, dass die Anliegen der Eltern gerechtfertigt seien. In den eigenen Reihen gebe es viele Elternvertreter, die bereit seien, "mehr zu tun".