Kriegspropaganda aus der russischen Partnerstadt Heilbronns
Der Bürgermeister der Heilbronner Partnerstadt Novorossijsk präsentiert sich auf Instagram als glühender Putin-Anhänger und Unterstützer des Krieges. Heilbronn will trotzdem an der Partnerschaft festhalten.

Die Städtepartnerschaft zwischen dem russischen Novorossijsk und Heilbronn sollte eigentlich nicht unter dem Krieg, den Russland in der Ukraine führt, leiden. Zumindest hatte der Heilbronner Oberbürgermeister Harry Mergel erklärt, er wolle den Gesprächsfaden mit der Zivilbevölkerung in Novorossijsk nicht abreißen lassen.
Nun hat Andrej Kravchenko, das Stadtoberhaupt von Novorossijsk, sich in einer offiziellen Stellungnahme auf Instagram zum Krieg in der Ukraine geäußert und sich dabei direkt an die Bürger der Stadt gewandt.
Kravchenko unterstützt Putin "voll und ganz"
Zwischen Posts zum Weltfrauentag und einem Bild, auf dem er seine Corona-Booster-Impfung bekommt, steht dort: "Heute befreien unsere Truppen das ukrainische Land von den Nationalisten." Die Entscheidung Russlands, an der "Sonderoperation" teilzunehmen, "wurde durch die Notwendigkeit verursacht, die vom achtjährigen Krieg erschöpfte Bevölkerung des Donbass zu befreien. Und wir, die Einwohner von Novorossijsk, unterstützen unseren Präsidenten bei dieser Entscheidung voll und ganz."
Es ist ein pathetischer Text, voller Worte wie "Einheit", "Sieg", "Glauben" oder "Liebe zu Russland", und Kravchenko bedient sich darin der Kriegspropaganda-Rhetorik des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Am Ende des Posts steht unter anderem der Hashtag "Für den Präsidenten".
Stadt Heilbronn sieht Belastung der Beziehung mit Novorossijsk auf offizieller Ebene

Der Dialog auf offizieller Ebene, erklärt die Pressestelle der Stadt Heilbronn dazu, würde durch diese Haltung Kravchenkos erschwert. OB Mergel, heißt es weiter, habe sich ganz klar positioniert und bereits am ersten Tag des Krieges "sein Entsetzen und seine tiefe Erschütterung über die Entwicklung und das rücksichtslose Vorgehen des russischen Präsidenten und der russischen Armee" ausgedrückt.
Den Angriff auf die Ukraine nannte er einen "eklatanten Bruch des Völkerrechts". Daher "wirken sich Äußerungen von der Novorossijsker Stadtspitze, die den Krieg rechtfertigen, selbstverständlich belastend auf die aktuellen Beziehungen mit Novorossijsk aus".
Brücken sollen nicht ganz abgebrochen werden
Der Heilbronner Oberbürgermeister hatte erst kurz bevor sein Amtskollege die Stellungnahme zum Krieg veröffentlichte betont, die Stadt wolle an der Partnerschaft mit Novorossijsk festhalten. Die Verantwortung für den Krieg, sagte Mergel, liege bei Putin und seinen Unterstützern. Und auch jetzt will der OB die Brücken der Partnerschaft nicht ganz abreißen: "Wir werden diese Brücken dringend brauchen, um wieder aufeinander zuzugehen und zu einem friedlichen Miteinander zurückzufinden", sagt Mergel.
Kravchenkos Sicht auf die Welt scheint dagegen komplett konträr, von einem angestrebten "Miteinander" ist bei seinen Äußerungen nichts zu spüren, eher das Gegenteil. So spricht der Novorossijsker Bürgermeister in seinem Post etwa von Fake News und Lügen, die im Internet von "Armeen von Online-Bots" verbreitet würden und "den Verstand der Menschen auf der ganzen Welt angreifen".
Haltung Heilbronns in Novorossijsk bekannt
Seit Kriegsbeginn haben Mergel und Kravchenko nicht miteinander gesprochen. Auf Verwaltungsebene habe es aber einen schriftlichen Austausch gegeben, "sodass die Heilbronner Haltung in Novorossijsk bekannt ist". Doch abgesehen von der eisigen Stimmung auf offizieller Ebene betont die Stadt, dass "es auch andere Stimmen in Novorossijsk gibt und den Wunsch nach einem baldigen Frieden". Dieses Bild habe sich durch den Austausch zwischen Bürgern der beiden Städte ergeben.
Andrej Kravchenko ist seit Ende 2021 Bürgermeister der russischen Stadt mit 240.000 Einwohnern. Der 41-Jährige ist Mitglied in Putins Partei "Einiges Russland" und Sekretär der städtischen Sektion der Partei.
Verbindungen zwischen den Städten
Der Austausch zwischen Novorossijsk und Heilbronn ist noch recht frisch. Im September 2019 unterschrieben OB Harry Mergel und sein damaliger Amtskollege Igor Dyachenko den Vertrag zur Städtepartnerschaft in der russischen Stadt am Schwarzen Meer. Die ersten Verbindungen kamen auf sportlicher Ebene durch den Judo Club Kano zustande, zuletzt war auch ein Schüleraustausch im Gespräch. Ein geplanter Besuch Kravchenkos, teilte das Rathaus mit, sei in der derzeitigen Situation aber nicht vorstellbar. Novorossijsk hat rund 240.000 Einwohner und liegt nicht weit von der von Russland annektierten Krim.