Heilbronn hält an Partnerschaft mit russischer Stadt fest
Putins Angriff auf die Ukraine stellt Städtepartnerschaften mit Russland auf eine harte Probe. Heilbronn will die Beziehungen zu Novorossijsk am Schwarzen Meer nicht abbrechen. Auch mit anderen Ländern in Osteuropa unterhält die Region enge Verbindungen.

Durch den Überfall auf das Nachbarland gerät Russland international zunehmend in Isolation. Wirtschaftliche Verbindungen werden gekappt. Gilt das auch für Städtepartnerschaften, wie sie elf baden-württembergische Kommunen mit russischen Pendants unterhalten?
Baden-Baden lässt seine Verbindung mit Sotschi ruhen, kündigte die dortige Oberbürgermeisterin Margret Mergen, früher Wirtschafts- und Finanzdezernentin im Heilbronner Rathaus, vergangene Woche an. Ihr Heilbronner Amtskollege Harry Mergel sieht die junge Partnerschaft zu Novorossijsk unter unter "ganz anderen Vorzeichen", will sie aber nicht drangeben. "Gerade auf zivilgesellschaftlicher Ebene müssen wir die Chance zum ungefilterten Dialog nutzen und um sofortigen Frieden werben", sagt Mergel.
Seine Haltung hat der Heilbronner OB bereits deutlich gemacht: "Dieser Krieg ist verbrecherisch und ein Bruch des Völkerrechts. Verantwortlich ist dafür jedoch nicht die Bevölkerung Russlands, sondern Putin und seine Unterstützer."
Mergel: Gesprächsfaden nicht abreißen lassen
Den Gesprächsfaden mit der Partnerstadt wolle man nicht abreißen lassen. Schließlich seien auch in Russland viele Menschen gegen den Krieg, so Mergel. Die Partnerschaft mit der 240 000-Einwohner-Stadt, die an der schwarzmeerküste unweit der von Russland annektierten Krim liegt, besteht seit 2019 und wurde wegen der Corona-Pandemie zuletzt vor allem bei digitalen Treffen gepflegt. Kontakte gibt es zwischen Judo-Sportlern und dem Heilbronner Verein Förderung durch Bildung Sputnik. Das Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium hat Interesse an einem Austausch mit einer Schule in Novorossijsk signalisiert. Eine geplanter Besuch einer russischen Gruppe mit Stadtoberhaupt Andrej Kravcenko sei derzeit "nicht vorstellbar", heißt es aus dem Heilbronner Rathaus.
Landesweit Partnerschaften mit Russland
In der Region gibt es keine weitere Stadt mit russischer Partnergemeinde. Neckarbischofsheim (Rhein-Neckar-Kreis) unterhält seit 30 Jahren Beziehungen zu Pereslawl-Salesski nahe Moskau. Sie jetzt abzubrechen wäre für Bürgermeister Thomas Seidelmann "Schwachsinn". Die Kontakte zur Zivilgesellschaft seien gut, auch wenn sie derzeit ruhten. "Wir wollen jetzt nicht alles einreißen."
Groß ist auch die Besorgnis der Gemeinden in der Region, die Partnerkommunen in anderen Ländern Osteuropas haben, so wie Sulzfeld mit Nowosolna, einem Vorort der polnischen Stadt Lodz. Bürgermeisterin Sarina Pfründer steht im Kontakt mit ihrem Kollegen Piotrek Szczesniak. Er schrieb, in der Region Lodz würden bis zu 160.000 ukrainische Flüchtlinge erwartet, was die Möglichkeiten vor Ort übersteige.
Öhringen unterhält Verbindungen nach Polen
Auch Kommunen im Hohenlohekreis und der Kreis selbst pflegen lebhafte Beziehungen nach Osteuropa: Seit 2013 hat Öhringen die polnische Partnerstadt Kedzierzyn-Kozle, die rund 65.000 Einwohner zählt und das Mittelzentrum des gleichnamigen Landkreises bildet, der im südwestlichen Polen liegt. Mit ebendiesem Distrikt im ehemaligen Oberschlesien ist der Hohenlohekreis bereits seit 2009 über eine offizielle Kreispartnerschaft verbunden. Im Rahmen dieser Freundschaft war 2013 auch die Städtepartnerschaft zwischen Neuenstein und der ebenfalls im dortigen Verwaltungsdistrikt liegenden Gemeinde Renska Wies entstanden.
Sowohl Öhringen als auch Neuenstein und die Verwaltung des Hohenlohekreises haben ihren Partnern Hilfe bei der Aufnahme der ukrainischen Kriegsflüchtlingen zugesagt - und zum Teil auch schon konkret angedeihen lassen: Neuensteins Bürgermeister Karl Michael Nicklas hat Anfang der Woche selbst einen Hilfsgüter-Transport nach Renska Wies begleitet. "Es ist einfach nur grausam, was die Geflüchteten gerade durchmachen müssen", so der Rathauschef nach seiner Rückkehr. "Die Verbindung nach Renska Wies hat es uns ermöglicht schon fünf Tage nach Kriegsbeginn konkret tätig zu werden und Geflüchteten schnell und direkt zu helfen."
"Riesige Solidarität" mit der Ukraine
"Die Städtepartnerschaft mit Kedzierzyn-Kozle war und ist stets sehr wertvoll für uns", sagt auch Öhringens Oberbürgermeister Thilo Michler. Die Erinnerung an die leidgeprüfte polnisch-deutsche Geschichte "schweißt uns nun stark zusammen und ist der Grund für unsere beiderseitige riesige Solidarität und Empathie gegenüber den Ukrainerinnen und Ukrainern". Aus der Partnerstadt habe man bereits wertvolle Informationen zu "praktischen und infrastrukturellen Herausforderungen" erhalten, um sich auch in Hohenlohe adäquat auf die Aufnahme Geflüchteter vorbereiten zu können.