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Immer mehr Kriegsflüchtlinge kommen in der Region an

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Die evangelische Täufergemeinde in Wüstenrot nimmt Dutzende Menschen auf. In der Nacht auf Mittwoch kamen vier Kinder an - ihre Eltern sind noch in der Ukraine.

Die ersten Flüchtlinge in Neuhütten kommen alle aus Odessa (von links): Andrew und Tochter Elizabeth Gladysch, Lyubov Kreschenko, Alexander Melnyk, Christina Gladysch, Andrew Melnyk, Lyudmila Gladysch und Tochter Anna.
Die ersten Flüchtlinge in Neuhütten kommen alle aus Odessa (von links): Andrew und Tochter Elizabeth Gladysch, Lyubov Kreschenko, Alexander Melnyk, Christina Gladysch, Andrew Melnyk, Lyudmila Gladysch und Tochter Anna.  Foto: Hoffmann, Adrian

Heiko Schmidgall von der evangelischen Täufergemeinde in Wüstenrot-Neuhütten ringt um Fassung. In der Nacht auf Mittwoch seien die nächsten Flüchtlinge aus der Ukraine bei ihnen angekommen. Es handle sich um vier Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter. Jemand habe sie in Würzburg abgeholt und in Neuhütten "kamen sie dann mit ihren Rucksäcken an", sagt Schmidgall.

Die vier Kinder sind nun bei ihrer ukrainischstämmigen Cousine untergebracht - sie ist eine ehemalige Au-Pair, die in Neuhütten sesshaft wurde. Warum genau die Eltern der Kinder sich noch in der Ukraine aufhalten, ist im Moment nicht klar. Sie wollten aber in jedem Fall nachkommen, sagt Schmidgall.

 


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Die Ereignisse überschlugen sich in den vergangenen Tagen. Über die ukrainischen Verbindungen der Täufergemeinde kamen erste Anfragen zustande, ob sie Menschen aufnehmen können. "Jetzt kommt die Welle an Flüchtlingen an", schildert Schmidgall. Bis Ende der Woche werden sie etwa 30 in Empfang genommen haben. Da es im Hauptgebäude der Glaubensgemeinde, der Arche, keine Dauerlösung sein kann, werden die Menschen an privat weitervermittelt. Besitzer von Ferienwohnungen bieten Räume an, manche Leute auch ihre Einliegerwohnungen.

Eugen Bienia (Mitte) aus Sontheim organisiert mit Freunden einen Hilfstransport nach Polen, von wo aus Kleidung und Medizin weiter verteilt wird.
Eugen Bienia (Mitte) aus Sontheim organisiert mit Freunden einen Hilfstransport nach Polen, von wo aus Kleidung und Medizin weiter verteilt wird.  Foto: Hoffmann, Adrian

Christina Gladysch (20) aus Odessa berichtet auf Englisch über die Flucht ihrer Familie aus ihrer Heimatstadt. Um 4 Uhr morgens sei ihre Mutter aus dem Schlaf aufgeschreckt, hatte Schussgeräusche gehört. "Sie dachte, das war nicht real, und schlief wieder ein", sagt Christina Gladysch. Um 5.30 Uhr erneut Schüsse - diesmal werden alle wach. "Wir waren sehr verängstigt", sagt die junge Frau. "Wir haben das Nötigste gepackt und sind ins Auto gestiegen, um zu fliehen." Über Moldawien, Rumänien, Ungarn und Österreich fuhren die Eltern und ihre drei Töchter nach Deutschland. So viel Verkehr auf den Straßen hätten sie an der ukrainischen Grenze noch nie erlebt, berichtet der Familienvater. Die Familie verließ die Ukraine wenige Stunden bevor Männern zwischen 18 und 60 Jahren die Ausreise verboten wurde.

 


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Die Täufergemeinde erwartet nun vorwiegend Frauen und Kinder. Für heute ist eine Familie mit Kleinkind und Säugling angekündigt. Betten wurden aufgestellt, Matratzen ausgelegt. Der Wickeltisch steht bereit. "Die Menschen rücken zusammen", sagt Birte Müller, die wie Heiko Schmidgall im Vorstand der Gemeinde ist.

Privaten Hilfstransport organisiert

In den Räumen der Arche von der evangelischen Täufergemeinde in Neuhütten wurden Betten aufgestellt und Matratzen ausgelegt. Weitere Familien werden erwartet.
In den Räumen der Arche von der evangelischen Täufergemeinde in Neuhütten wurden Betten aufgestellt und Matratzen ausgelegt. Weitere Familien werden erwartet.  Foto: Hoffmann, Adrian

Vielerorts in der Region Heilbronn sind längst private Initiativen im Gange. So haben sich Dienstag in Sontheim mehrere Menschen getroffen und Hilfe aller Art zusammengetragen - Kleidung, Spielzeug, Medizin. Der polnischstämmige Eugen Bienia (53) wird vieles davon nach Oberschlesien bringen, von wo aus es weiter verteilt werde. Das, was nicht mehr in seinen Bus gepasst hat, werde in weiteren Hilfstransporten mitgenommen. "Ich bin sehr stolz auf die Ukrainer", sagt Bienia. "Das ist nicht mein Land, aber das sind meine Werte, wofür die Menschen dort kämpfen."

"Es ist so toll, wie die Menschen hier uns unterstützen. Dafür bin ich so dankbar", sagt der ukrainischstämmige Valerii Makrushych aus Offenau. Von der Albanus-Apotheke bekam er medizinische Erstversorgung geschenkt, brachte es zum Abtransport zu Bienia nach Sontheim. Auch Familie Gladysch, die in Neuhütten eine Bleibe gefunden hat, betont ihre Dankbarkeit für die deutsche Hilfsbereitschaft. "Wir sind darüber so froh", sagt Christina Gladysch.

Unter den ersten Flüchtlingen aus der Ukraine sind noch ein paar Männer. In den nächsten Tagen erwartet die Täufergemeinde aber nur Frauen und Kinder. Andrew Melnyk (21) und sein Bruder Alexander (18) sind froh, dass sie rechtzeitig fliehen konnten. "Wir sind Christen. Ich kann keine Waffe in die Hand nehmen und schießen", sagt Andrew Melnyk. Ein Freund von ihm komme nicht mehr aus dem Land, weil Männer zwischen 18 und 60 bleiben müssen. Sie alle hofften nur auf eines: Frieden. "Für Ukrainer, Russen, für alle."

 
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