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Kein Platz für Radler-Schutzstreifen auf Heilbronner Allee

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Auf der innerstädtischen Hauptverkehrsachse von Heilbronn dominiert neben der Stadtbahn weiterhin der Autoverkehr. Schutzstreifen für Radfahrer haben laut Rathaus keinen Platz.

Einen eigenen Schutzstreifen bekommen sie nicht, aber auf der Straße dürfen Radler fahren, in Schrittgeschwindigkeit auch auf dem Fuß- und Radweg.
Foto: Ralf Seidel
Einen eigenen Schutzstreifen bekommen sie nicht, aber auf der Straße dürfen Radler fahren, in Schrittgeschwindigkeit auch auf dem Fuß- und Radweg. Foto: Ralf Seidel  Foto: Seidel, Ralf

Früher wurde die Allee ihrem Namen gerecht. Selbst nach der Zerstörung Heilbronns war sie tatsächlich ein Boulevard: Mit Flanierstreifen in der Mitte, Bäumen, Bänken und wunderbaren Sichtbeziehungen zwischen Jugendstiltheater im Norden und Stadtbad im Süden, inklusive Straßenbahn. Erst mit dem Umbau Heilbronns zur Autostadt ab den 1950ern wurde die 700 Meter lange Meile zu einer Art Stadtautobahn. Daran änderte sich auch mit der neuen Stadtbahntrasse kaum etwas.

Vorstoß von der SPD

Nun wagte die SPD im Gemeinderat einen Versuch, auf der Allee wenigstens jeweils rechts Fahrradschutzstreifen zu installieren. Räder und Pedelecs erlebten, nicht nur wegen der Corona-Bremse, einen Boom, argumentierte SPD-Rätin Tanja Sagasser-Beil. "Den Schwung gilt es zu nutzen, um das Fahrradfahren in Heilbronn noch attraktiver und sicherer zu machen." Derzeit gebe es auf der Nord-Süd-Hauptachse neben dem Radweg am Neckar leider keine schnelle Verbindung. Erfahrungen an anderer Stelle zeigten, dass sich Fahrradschutzstreifen und Autos "vertragen".

Doch im Bauausschuss machte die SPD jetzt einen Rückzieher. Die Gegenargumente der Stadtverwaltung seien nachvollziehbar: Vor allem aus Gründen der Verkehrssicherheit wären auf der Allee Radlerstreifen "nicht zielführend", so Christiane Ehrhardt vom Amt für Straßenwesen. Im Übrigen sei das schnelle Radeln auf der Straße erlaubt, ebenso wie die Schrittgeschwindigkeit auf dem Gehweg, so Baubürgermeister und Fahrradfreund Wilfried Hajek.

Grundsätzlich bieten die Regelwerke die Möglichkeit für Schutzstreifen auf vierstreifigen Fahrbahnen. Die Spuraufteilung betrüge auf der Allee dann 2,75 Meter für die linke Fahrspur und 2,25 Meter für die rechte, zuzüglich 1,50 Meter für Radler. Dies würde also passen, nicht aber Fahrtgeschwindigkeit und Kfz- und Lkw-Aufkommen in Spitzenzeiten, hieß es.


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Strenge Verordnung

Bei der zulässigen Geschwindigkeit von 40 km/h sei ein Schutzstreifen nur bei 2000 Autos/Stunde sicher und zulässig. Dieser Wert werde auf der Allee mit 2375 in Spitzenstunden überschritten. Die entsprechende Verordnung lasse tatsächlich die Markierung eines überbreiten Kfz-Fahrstreifens von 4,65 Metern und eines Radstreifens von 1,85 Meter zu. Diese Lösung gehe jedoch, so hieß es, mit dem Verzicht auf einen Kfz-Fahrstreifen einher. Und das kommt fürs Rathaus und für Räte nicht in Frage. "Das wäre eine Katastrophe", meinte AfD-Mann Raphael Benner, der damit ausnahmsweise für fast alle sprach.

"Wir bleiben dran, vielleicht lässt sich mit geänderten Rahmenbedingungen mal was ändern", meinte Tanja Sagasser-Beil. "Dass Autos so viel Platz haben, ist nicht in Stein gemeißelt", betonte auch Holger Kimmerle (Grüne). Wer "ein Herz für Radler" habe, müsse "von der Allee abrücken", so Thomas Randecker (CDU). Er sah in der Gymnasiumstraße eine passende Süd-Nord-Tangente. Dass Radler mit Schrittgeschwindigkeit bereits auf dem Gehweg fahren dürften, erinnerte Gottfried Friz (FDP). Dazu sei aber wie in den Fußgängerzonen "mehr gegenseitige Rücksichtnahme" gefragt, so auch Eugen Gall (FWV). Heilbronn müsse sich grundsätzlich mehr Gedanken machen, "wohin wir mit dem Radverkehr wollen", gab Konrad Wanner (Linke) zu bedenken. Gleichzeitig warnte Karl-Heinz Kübler (CDU) vor einer "ideologischen Politik gegen den motorisierten Verkehr". "Persönlich verletzt" zeigte sich Tanja Sagasser-Beil von Küblers einmal mehr bissigem Ton. Sie wünsche sich eine "rationalere Argumentation".


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Die Heilbronner Hauptstraße im Wandel der Zeit


Die Allee ist so etwas wie die Heilbronner Hauptstraße. Sie hat schon manchen Umbruch erlebt. Als die enge Altstadt vor 200 Jahren aus allen Nähten platzte, begann man die Stadtmauern zu schleifen und machte damit den Weg zur späteren Allee frei. 1846 bekam die 700 Meter lange und 45 Meter breite Meile eine Gestalt, die in ihren Grundzügen bis heute erhalten ist. Schon 1897 bog hier von der Kaiserstraße her die Straßenbahn ein. Die sogenannte Spatzenschaukel musste Ende der 1950er Jahre der Stadtautobahn weichen, die heute über 30?000 Kfz am Tag befahren.

In den 1970ern wurden Fußgänger an vier Stellen in Unterführungen gesteckt – und später wieder nach oben befördert: Als 1999 die Stadtbahn von Eppingen her die Allee erreichte und die Harmonie erweitert wurde, entstand an der Kreuzung zur Kaiserstraße ein urbaner Platz mit Autos, Bahn, Fußgängern. Nur die Radler scheint man damals vergessen zu haben. Sie dürfen, auch wenn sich das aus verständlichen Sicherheits-Gründen kaum einer traut, auf der Straße fahren – und parallel zur Stadtbahntrasse auf dem Gehweg. Für einen separaten Fahrrad-Schutzstreifen ist auf der vierspurigen Allee nach aktuellen Untersuchungen aber kein Platz. 


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