Historisches Schwabenhaus in Heilbronn wird abgerissen
Vielen blutet das Herz. Das Heilbronner Schwabenhaus wird abgerissen. Die Ruderschwaben sehen es mit gemischten Gefühlen: Sie bekommen mit Hilfe der Schwarz-Gruppe ein neues Wassersportzentrum.

Anwohner, Passanten, Rad- und Autofahrer ahnten es schon, als Sportler im Laufe des Oktobers Boot für Boot flussaufwärts ruderten und nicht mehr zurückkamen. Wie Pressesprecherin Doris Vollmer bestätigt, haben die Mitglieder der Heilbronner Ruderschwaben tatsächlich ihr Stammhaus, das historische Schwabenhaus an der Rosenbergbrücke, geräumt. Inzwischen sind sie Zug um Zug in ihr neu gebautes, aber noch nicht ganz fertiges Wassersportzentrum neben dem Freibad Neckarhalde umgezogen.
Postwendend tauchten an der Badstraße 48 die Bagger auf. Die Immobile gehört schon seit 2020 der Schwarz-Gruppe. Wie Maria Theresia Heitlinger von der Schwarz Unternehmenskommunikation auf Stimme-Anfrage bestätigt, werde nach diversen Anbauten auch das Hauptgebäude abgerissen, das 1909 gebaute Schwabenhaus.
Kein Kulturdenkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes

Etlichen Heilbronnern blutet das Herz. Kunsthistorikerin Heitlinger ist sich dessen bewusst. Sie weiß aber auch: „Das ehemalige Vereinsheim befindet sich in einem sehr schlechten Zustand und ist daher für eine Nutzung durch die Schwarz Gruppe nicht geeignet.“ Im Kern handle es sich um einen Bau aus der Nachkriegszeit, der zwar Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet, aber im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört worden sei. „Nach erheblichen baulichen Eingriffen in der Nachkriegszeit existiert nur noch geringe historische Bausubstanz“, erklärt die Schwarz-Sprecherin. Deshalb sei das Gebäude auch kein Kulturdenkmal im Sinne des Denkmalschutzgesetzes.
Das Areal, das direkt an einen Verwaltungsstandort von Kaufland grenzt, will Schwarz „für weitere Entwicklungen an dieser Stelle vorbereiten“. Eine mögliche Neubebauung wird laut Heitlinger nach interner Klärung „wie üblich eng mit der Stadt abgestimmt“. Im Übrigen sei man sich der städtebaulichen Bedeutung dieses Standortes für den Bereich an der Südstraße, Olgastraße und Badstraße bewusst und werde deshalb „auf eine qualitätsvolle Lösung hinarbeiten“.
Mit einem weinenden, aber auch mit einem lachenden Auge blicken die 267 eingetragenen Ruderschwaben auf ihre verlorene Heimat. Eine Sanierung wäre finanziell, wegen der vielen baulichen Veränderungen im Inneren und der damit verbundenen Nutzungseinschränkungen wenig sinnvoll gewesen, heißt es.
Nur der Verkauf an die Schwarz-Gruppe machte den Weg zu einem Neubau frei. Ohne deren Finanzspritze hätte der Verein trotz Zuschüssen von Stadt und Württembergischem Landessportbund das Vier-Millionen-Euro-Projekt nicht stemmen können, hieß es 2021 beim Spatenstich. Doch diese Marke dürfte wegen allgemeiner Kostensprünge am Bau, speziell beim Holz, kaum gehalten werden können.
Neubau aus Holz in der Neckarhalde
Der moderne Holzbau des bekannten Heilbronner Architekturbüros Krummlauf Teske Happold war schon 2017 aus einem Wettbewerb als Sieger hervorgegangen. Grundidee ist es laut Gerd Krummlauf, sich in die Nachbarschaft zwischen alten Bäumen in den Park am Altneckar einzufügen, durch das gefaltete Dach und die mehreckige Form aber auch einen markanten Akzent zu setzen und damit „Identität zu stiften“. Der Zugang zu dem 1.700 Quadratmeter großen, bis zu 7,50 Meter hohen Komplex befindet sich im Süden, wobei die rund 750 Quadratmeter große Bootshalle nach Norden offen ist, um die Boote vom 47 Ar großen Vereinsgelände auf kurzem Wege direkt über einen öffentlichen Fuß- und Radweg zu einer sogenannten Slip-Anlage am Neckarufer befördern zu können.
Geschichte und Geschichten
Der Abschied vom Schwabenhaus fällt vielen Mitgliedern schwer, aber auch Außenstehenden, weil das Gemäuer jede Menge Geschichte und Geschichten birgt: Erstens wegen seines Baustils und seines Architekten Emil Beutinger. Als Oberbürgermeister war er 1933 von den Nazis aus dem Amt gejagt und 1945 von der US-Army wieder eingesetzt worden. Zweitens: Bauherr ist die altehrwürdige Heilbronner Rudergesellschaft Schwaben von 1879. In ihren Reihen finden sich neben Heerscharen erfolgreicher Breitensportler sogar Olympioniken oder etwa die Weltmeisterin Carina Bär.
Auch der einstige Mitbesitzer ist eine große Nummer, die Sektion Heilbronn des Deutschen Alpenvereins, mit über 16.000 Mitgliedern der größte Sportverein der Region. Weit und breit bekannt ist das Schwabenhaus nicht zuletzt wegen der vielen geselligen Zusammenkünfte, Vorträge und Versammlungen, die in dem lange auch als Gaststätte – und zuletzt sogar als Tanzschule – genutzten Gemäuer über die Runden gegangen sind.