Heilbronner Stadträte sind unterschiedlicher Meinung, was den Straßenstrich angeht
Heilbronn will dafür sorgen, dass nirgends in der Stadt Frauen am Straßenrand stehen und Sex gegen Geld anbieten. Einige Stadträte stehen hinter dem Vorhaben, andere äußern Kritik.

Die Hafenstraße in Heilbronn ist für Prostituierte, Zuhälter und Freier seit September tabu. Aus Sicht von Polizei und Rathaus bewährt sich das Verbot der Straßenprostitution in dem Gebiet. Das Sex-Gewerbe hat sich laut Rathaus in den Wohnungsbereich verlagert. Das ist erlaubt. Die Stadt strickt an einer dauerhaften Lösung. Das Ziel ist klar definiert: Dass Frauen irgendwo im Stadtgebiet an der Straße stehen und Sex gegen Geld anbieten, soll ein für alle Mal der Vergangenheit angehören. Das dauerhafte Verbot ist unter Stadträten umstritten.
Verbot führe zur Kriminalisierung von Prostituierten
"Ich halte nichts davon", sagt Malte Höch (FW) klipp und klar. Ein dauerhaftes Verbot löse keine Probleme. "Das Gewerbe wird nicht aussterben." Das Verbot führe nur dazu, dass Prostituierte in die Kriminalisierung rutschten.
Gewaltexzesse seien unzumutbar gewesen
Dagegen sagt Thomas Randecker (CDU): "Wir unterstützen das voll und ganz." Die Gewaltexzesse in der Hafenstraße, die zum vorerst zeitlich befristeten Verbot führten, seien für die CDU nicht hinnehmbar. "Wir sind aber nicht blauäugig." Die Familienclans würden versuchen, auch in der Wohnungsprostitution die Fäden zu ziehen. Dass Frauen nachts in der Kälte stehen, hält Randecker schlicht für unzumutbar. "Unzumutbar waren außerdem der Dreck und die Vermüllung in der Hafenstraße."
Konrad Wanner (Die Linke) sagt ebenfalls Ja zum dauerhaften Aus des Straßenstrichs. "Es hat sich in den vergangenen Monaten bewährt." Die Stadt solle die Mitternachtsmission unterstützen, damit deren Sozialarbeiter für Hilfsangebote einen besseren Draht zu den Frauen in den Wohnungen fänden.
Wichtig sei, dass Frauen selbstbestimmt arbeiten
"Es ist nicht der Weisheit letzter Schluss", meint Herbert Burkhardt (FWV). Prostituierte und Zuhälter würden auf andere Stellen ausweichen. "Wir treiben sie dann von einer Ecke der Stadt in die andere." Prostitution werde nicht verschwinden. "Man macht die Augen zu und sieht sie nicht." Es erschwere die Arbeit von Polizei und Sozialarbeit. "Es gibt Frauen, die machen das freiwillig, weil sie damit Geld verdienen", sagt Burkhardt. Problematisch werde es, wenn Frauen geschlagen und zur Sexarbeit gezwungen würden. "Entscheidend ist, dass die Gesellschaft darauf achtet, dass die Frauen die Arbeit selbstbestimmt ausüben."
Straftäter sollten konsequent verfolgt werden
Nico Weinmann (FDP) hält nichts davon, das Problem in ein Dunkelfeld zu verlagern. Vielmehr sollte der Staat Präsenz zeigen und Straftäter konsequent zur Rechenschaft ziehen, fordert er. Weinmann hatte in seiner Funktion als FDP-Landtagsabgeordneter so wie auch die AfD-Fraktion eine Kleine Anfrage zum Heilbronner Straßenstrich an die baden-württembergische Landesregierung gestellt. Selbst das Innenministerium erkenne, dass durch das Verbot eine Verlagerung der Prostitution in den nicht öffentlichen Raum erfolge und eine Kontaktaufnahme zu Prostituierten durch die Sozialarbeit deutlich erschwert werde. "Auch die Polizei erlangt so deutlich seltener Kenntnis von Straftaten", kritisiert Weinmann. Tätergruppen mit zumindest Clan-ähnlichen Strukturen sollten frühzeitig bekämpft werden, um Schlimmeres zu verhindern.
Machenschaften krimineller Clans nicht Tür und Tor öffnen
Straßenprostitution sei der schlimmste Auswuchs des Sex-Gewerbes, meint Rainer Hinderer (SPD). "Ich stehe hinter dem Vorhaben der Stadt." Es sei klar, dass dadurch eine Verlagerung stattfinde. Daran würde auch ein totales Verbot von Prostitution nichts ändern. Straßenprostitution jedoch öffne den Machenschaften der kriminellen Clans Tür und Tor. "Und dies auf dem Rücken der Prostituierten. Dem gilt es, einen Riegel vorzuschieben." Wichtig sei, dass die Frauen auch im häuslichen Bereich Zugang zu Hilfsangeboten der Mitternachtsmission erhielten.
Wohnungsprostitution lasse sich schwerer kontrollieren
Dr. Raphael Benner (AfD) sagt, er sei absolut gegen ein völliges Straßenstrich-Verbot. In seiner Fraktion werde das aber kontrovers diskutiert. Benner indes folgt der Argumentation der Mitternachtsmission. Wohnungsprostitution lasse sich schwerer kontrollieren. "Das wird von der Stadtverwaltung geleugnet." Die Fraktion werde einem unbefristeten Verbot zustimmen, fordere aber regelmäßige Berichte über die Situation. Gegebenenfalls müsse die Entscheidung neu überdacht werden.
Schauen, was für Frauen gut ist
Holger Kimmerle (Grüne) würde lieber die Ursachen von Prostitution bekämpft sehen. Mit Blick auf die brutale Gewalt im Milieu fragt er: "Wie konnte dieses Thema so abrutschen?" Er denkt, dass es insbesondere der Wunsch der Polizei sei, der Straßenprostitution den Garaus zu machen. "Wir müssen schauen, was für die Frauen gut ist."




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