Das Radhaus auf seinem langen Weg zur Normalität
Der Betrieb der Heilbronner Fahrradgarage am Bahnhof läuft nur schleppend an. Bisher gibt es nur wenige Nutzer.

Da steht es nun am Bahnhof in seiner ganzen futuristischen Pracht: Das neue zwölf Meter hohe Heilbronner Radhaus mit seinen insgesamt 122 Stellplätzen für Fahrräder. Doch über den Probebetrieb ist das turmhohe gläserne Vorzeigeprojekt der Stadt bis heute nicht hinausgekommen, obwohl die finale Abnahme bereits Ende Oktober 2021 stattfand.
"Das Radhaus wird stufenweise in Betrieb genommen", klärt Pressesprecherin Suse Bucher-Pinell auf. Zunächst durften die Dauerparker den Betrieb testen, seit Freitag, 8. Juli, ist die Testphase nun auch für Einzelnutzer angelaufen, die per EC-Karte bezahlen. Darüberhinaus soll die Bezahlung künftig auch über die städtische Webseite und über eine App möglich sein. Eine Barzahlung ist generell nicht vorgesehen.
Zeitpunkt für Normalbetrieb noch offen
Die beiden Alternativen zur EC-Karte liegen derzeit aber nur in einer vorläufigen Version vor, erst wenn die Software-Entwicklung komplett abgeschlossen ist und funktioniert, geht das Radhaus in den Normabetrieb über. "Für die Herstellerfirma Wöhr aus Friolzheim ist dieses breit gefächerte Bezahl-Angebot eine Premiere", erläutert Bucher-Pinell. Wann der Normalbetrieb starten soll, ist noch völlig offen. "Wir starten erst, wenn die App funktioniert und alle Kinderkrankheiten beseitigt sind, betont Janine Schubert, Abteilungsleiterin im Amt für Straßenwesen beim Vor-Ort-Termin am Radhaus.
Zu den Kinderkrankheiten zählten in der Vergangenheit, dass der Zähler bei einem Langzeitparker nicht erkannt wurde. Langzeitparker bekommen einen RFID-Chip, mit dem sie ihr Fahrrad schnell einstellen können. Einmal wurde auch auf einer EC-Karte ein falscher Betrag abgebucht. "Diese Fehler haben wir behoben", versichert Schubert. "Aber die ganzen Abläufe sind viel komplexer als man denkt", so die Abteilungsleiterin. Übersichtlich sind dagegen die Gebühren für die Nutzer: Langzeitparker bezahlen 90 Euro im Jahr oder 27 Euro für drei Monate. Einzelparker müssen eine Gebühr von einem Euro pro Tag bezahlen, im Nachttarif 50 Cent.
Die Resonanz ist überschaubar
Dennoch ist die Resonanz bei den Nutzern noch überschaubar. Derzeit gibt es 27 Langzeitmietverträge. Hinzu kommen 35 Euro Zusatzeinnahmen durch Kurzzeitmieter. Demnach haben im Zeitraum vom 8. Juli bis 1. August lediglich ein paar Dutzend Nutzer ihr Fahrrad für maximal einen Tag geparkt und die Gebühr per EC-Karte entrichtet.
Einen deutlichen Schub erhofft sich die Stadt, wenn der Übergang in den Normalbetrieb geschafft ist. "Das kontaktlose Zahlen ist im Kommen, deshalb denken wir, dass wir eine sehr breite Zielgruppe abdecken", betont Stefan Papsch. "Das Ziel ist, mit den Einnahmen die jährlichen Unterhaltskosten des Radhauses zu decken", betont der Zuständige für Radverkehr im Amt für Straßenwesen.
Die laufenden Kosten für Reinigung, Winterdienst, Wartung der Technik, Versicherungen und die IT schätzt die Stadt auf 30.000 Euro netto im Jahr. Rechnet man die 2430 Euro Einnahmen, die die 27 Langzeitparker bringen und eine großzügig geschätzte Zahl von 50 Kurzzeitparkern an 300 Tagen, die 15.000 Euro einbringen hinzu, kommt man gerade mal auf etwas mehr als die Hälfte der anfallenden Kosten. Die Gesamtkosten für den Bau des Radhaus lagen bei 1,08 Millionen Euro, die Zuschüsse aus Bundes- und Landesmitteln betrugen 632.000 Euro. Bei der Planung 2017 schätzte die Verwaltung die Kosten noch auf gut 500.000 Euro.
Der automatische Einzug funktioniert
Immerhin funktioniert der automatische Einzug vor Ort gut. Per Sprachführung erläutert das System die Vorgehensweise bei der Einstellung und Abholung der Fahrräder. Mit einer Halterung wird das Fahrrad unmittelbar nach der Öffnung der automatischen Tür fixiert, wenige Sekunden später eingezogen und vom Roboter automatisch zum Stellplatz gebracht. Genauso funktioniert die Abholung.
Ein Manko ist, dass nur Standardräder und E-Bikes mit einem Gewicht bis zu 30 Kilogramm und Lenkerbreite von bis zu 76 Zentimetern abgegeben werden können. Größere Räder, Lastenräder oder Anhänger müssen draußen bleiben.
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