Buga plus Neckarbogen: Viel mehr als Party und Poser
Gelungener Auftakt zur Reihe Wissenspause im Deutschhof mit Aspekten zum Heilbronner Buga- Stadtteil Neckarbogen, seinen Vorzügen, Vorbildfunktionen und den aktuellen Konflikten.

Wer heute über den Neckarbogen spricht, kommt an der Party- und Poser-Szene, die wochenends die Nerven vieler Bewohner strapaziert, nicht vorbei. Man mag bedauern, dass die mit der Bundesgartenschau 2019 eingeleitete jüngere Heilbronner Erfolgsgeschichte und der Vorzeige-Stadtteil dadurch in ein schiefes Licht geraten könnten.
Man kann der Realität aber auch ins Auge schauen, ohne das Jahrhundertprojekt und seine vielen positiven Auswirkungen auf die Stadt und ihre Bürger zu beschädigen: So wie dies der Oberbürgermeister und der Geschäftsführer der Buga 2019 GmbH zum Auftakt der Sommer-Reihe Wissenpause unter dem Motto Heilbronner Einblicke 2021 taten.
Die Kranenstraße bleibt autofrei
Auf Einladung des Stadtarchivs Heilbronn reflektierten Harry Mergel und Hanspeter Faas am Montag Heilbronn als Stadt der Buga 2019. Unter Moderation von Archivdirektor Christhard Schrenk spannten sie den Bogen von der Vorgeschichte über das Sommermärchen 2019 bis in die Zukunft - ohne die Gegenwart auszublenden. So erfuhren die knapp 100 Besucher im Deutschhof nebenbei, dass die Kranenstraße autofrei bleibt und die Paula-Fuchs-Allee nicht in der Dimension zur Hafenstraße weitergeführt wird, wie zunächst geplant. Tenor: Beim Verkehr brauchen wir einen Paradigmenwechsel weg vom Auto.
Neuzeitliche "P&P-Probleme"

Der Debatte über Parkplatz- und Poserprobleme konnte Faas gar Gutes abgewinnen, zeige sie doch "wunderbar, wie cool und toll ein Stadtteil ohne Autos funktioniert". Um so mehr erstaune es ihn, "mit welcher Wucht es plötzlich in den Mittelpunkt gestellt wird", teils von denen, die dort in Ruhe wohnen wollten, aber am liebsten vor der Haustür parkten. Mergel nahm die "neuzeitliche P-&-P-Probleme" (O-Ton eines Besuchers), zum Anlass für Selbstkritik. Vielleicht habe man sich nach der Buga zu sehr auf den zweiten Bauabschnitt des Neckarbogens konzentriert und es versäumt, auf die aktuelle Lebenssituation zu schauen. "Aber wir arbeiten dran, stehen im Dialog", so Mergel, der zuversichtlich ist, die Konfliktlage zwischen Bewohnern und Besuchern zu entspannen. Wobei der Neckarbogen von Anfang an nicht nur als Wohngebiet, sondern auch als "Erholungs- und Freizeitraum für alle Heilbronner" konzipiert gewesen sei.
Schrenk erinnerte zunächst daran, wie andere große Schauen der Stadt einen regelrechten Schub gegeben hätten: 1897 die Gewerbe- und Industrie-Ausstellung, in deren Folge die Straßenbahn installiert worden sei. Oder 1985 die Landesgartenschau, die nach dem Schock des Pershing-Unglücks einen radikalen Stimmungsumschwung bewirkt habe. Faas bezeichnete diese Laga geradezu als "Türöffner für die Buga", auch weil sie vorgemacht habe, was man aus einer kaum genutzten Fläche machen kann. Dass die Akzeptanz in Heilbronn, anders als etwa aktuell in Mannheim, überwog, führt Mergel vor allem auf die breite Bürgerbeteiligung zurück.
Nachhaltig in viele Richtungen
Über nette Zahlenspiele fand das Trio inhaltliche Gradmesser für den Erfolg der Buga. Abgesehen vom Gemeinschaftserlebnis und dem Grün habe das Modellquartier in viele Richtungen nachhaltig gewirkt, in Architektur, Städtebau, Integration, Energietechnik und Mobilität, betonte der OB. So werde Heilbronn von außen anders wahrgenommen, was gleichzeitig den Stolz der Bürger befeuere. Anders als manchen Bürger habe ihn beim Rückbau der Gartenanlagen keine Wehmut beschlichen, sagte Faas, im Gegenteil, "weil daraus jetzt etwas Neues, Dauerhaftes erwächst".
Trotz Pandemie geht es weiter
Auch wenn die Pandemie die allgemeine Aufbruchstimmung etwas gedämpft habe: "Die Stadtentwicklung geht trotzdem weiter", sagte Mergel, der als Leuchtturmprojekt den Bildungscampus nannte. Er bilde auch die Grundlage für den Übergang des "starken Wirtschaftsstandorts von traditionellen Unternehmen zu Zukunftstechnologien". Mergel wollte auch nicht verhehlen: "Der Dieter-Schwarz-Stiftung sei Dank."
Sommer-Reihe Wissenspause
Unter dem Thema Heilbronner Einblicke startete am Montag die Reihe Wissenspause im Deutschhof, die das Stadtarchiv gemeinsam mit dem Schul-, Kultur- und Sportamt im Rahmen von "Heilbronn ist Kult" veranstaltet. An zehn Tagen, jeweils 12.30 Uhr, unterhält sich Archivchef Christhard Schrenk mit Experten über Themen, die für Heilbronn prägend waren. Der Eintritt ist nur mit einem kostenlosen Ticket möglich, das man vorab auf elektronischem Weg unter diginights.com oder bei der Tourist-Information, Kaiserstraße 17, erhält. Vor Ort gibt es nur Restkarten. Zudem gelten die aktuellen Corona-Regeln.
Nächster Termin
Die nächste Wissenspause findet am Dienstag, 6. Juni, im Deutschhof statt. Um 12.30 Uhr sprechen Justin Kircher und Viola Albrecht über die Weinstadt.