Neues Bauprojekt im Neckarbogen: Mehr Gemeinschaft für weniger Quadratmeter?
Im zweiten Bauabschnitt des Heilbronner Neckarbogens entsteht das Gebäude "Neckarfuxx". Dort soll es für die zukünftigen Mieter viele gemeinschaftliche Flächen wie eine Dachterrasse oder ein Gästezimmer geben. Dafür soll die eigene Wohnfläche kleiner werden.

Eine Dachterrasse für alle mit Gemüsebeet und Platz zum Grillen, ein geteiltes Übernachtungszimmer für Gäste, ein großer Raum zum Fernsehen und Kartenspielen - gemeinschaftliches Wohnen ist heutzutage "ein richtig mächtiger Mega-Trend". So sieht das zumindest der Wohn- und Altersforscher Professor Ulrich Otto. Seit kurzem beschäftigt sich der Tübinger Wissenschaftler auch mit dem neuen Heilbronner Stadtquartier Neckarbogen, beziehungsweise konkret mit einem Bauprojekt, dem "Neckarfuxx".
Denn mit ihm entsteht auf einem der Grundstücke im zweiten Bauabschnitt des Neckarbogens ein Gebäude, in dem möglichst viele der oben genannten gemeinschaftlich genutzten Flächen Platz finden sollen. Das Motto der Planer: Weniger Quadratmeter, mehr Qualität.
Menschen wollen laut Forscher mehr soziale Gemeinschaft
Was genau das bedeutet, erklärt zunächst der Forscher Ulrich Otto: Der Bedarf an Wohnfläche gehe "fahrstuhlartig nach oben", berichtet er, mittlerweile sei der Durchschnitt bei fast 49 Quadratmetern pro Person. Dennoch beobachtet Otto seit einigen Jahren den Trend, dass Menschen zunehmend bereit seien, "auf wenige Quadratmeter zu verzichten zugunsten des sozialen Gefüges".
Damit sei nicht nur die Beliebtheit von Wohngemeinschaften gemeint, sondern auch Projekte wie der "Neckarfuxx". Für den Wissenschaftler ist das Bauvorhaben besonders spannend, weil in dem Haus nur Miet- und keine Eigentumswohnungen entstehen sollen. Eigentlich seien Eigentumswohnungen für gemeinschaftliche Teile besser geeignet, weil die Fluktuation der Bewohner geringer sei.
Pop-up-Gästezimmer und Dachpark geplant
Um dennoch eine gute Hausgemeinschaft zu bilden, erklärt einer der Projektentwickler, Markus Palm, brauche es Menschen, die etwas mit dem Konzept anfangen könnten und die Gemeinschaftsräume mit Leben füllten. Ideen seien genügend vorhanden: "Mein persönliches Highlight ist der Dachpark, auf dem man beim Urban Gardening oder beim Grillabend Zeit verbringen kann", erzählt er. Außerdem sei ein Pop-up-Gästezimmer geplant, also ein temporärer Wohnraum, um Gäste für ein paar Tage unterzubringen.
Im Erdgeschoss gebe es die Möglichkeit, in einer kleinen Gemeinschaftswohnung zu kochen, zu spielen oder zusammen fernzusehen, inklusive eines 40 Quadratmeter großen Gartens, in dem es einen Essbereich geben solle. Zusätzlich seien die Diele und das Treppenhaus als Raum der Begegnung angedacht sowie ein Multifunktionszimmer, zum Beispiel für Fahrradreparaturen oder eine Werkbank, je nach Wünschen der Mieter.
14 bis 15,50 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter
Die Projektentwickler stellen das Konzept in einer Online-Veranstaltung mit möglichen Interessenten vor, um Feedback zu ihren Ideen zu bekommen. Nach der Präsentation der Grundrisse der Wohnungen und der Gemeinschaftsflächen will ein Teilnehmer wissen, wie hoch die Miete sein wird. "Es ist schwierig, zu diesem Zeitpunkt eine klare Antwort zu geben", sagt Markus Palm.
Die Holzbaupreise würden steigen, der Projektentwickler D-Quadrat Real Estate befinde sich noch in der Vorplanungsphase. "Das heißt, das wird auch von den Erstellungskosten bestimmt. Von der Größenordnung her rechnen wir mit zwischen 14 und 15,50 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter", so Palm.
Belegungsplan, Putzregeln oder Hausordnung?
Eine andere Teilnehmerin fragt, wie die Absprache bei der Nutzung der Gemeinschaftsflächen ablaufen solle, mit einem Belegungsplan, Regeln zum Putzen, einer Hausordnung? Auch hier sei man noch in der Konzeptionsphase, antwortet Markus Palm. Ein Teil werde vermutlich vorgegeben, den anderen Teil dürfe die Hausgemeinschaft selbst bestimmen. "Das ist Neuland, dass Mieter sich Regeln geben müssen", sagt Otto. Sonst kenne er das nur von Baugemeinschaften, die die Wohnungen dann aber besitzen und nicht mieten würden. Im Idealfall, so hofft er, würde die Chance, viele Belange selbst mitzubestimmen, die Hausgemeinschaft aber stärken.
Verschiedene Größen
Den Zuschlag für das Eckgrundstück L6 an der Paula-Fuchs-Allee bekam der Projektentwickler DQuadrat Real Estate. Das Gebäude soll bis 2023 fertig sein und in Holzhybridbauweise errichtet werden. Es sind 19 Mietwohnungen in verschiedenen Größen, von 35 bis 110 Quadratmetern, angedacht. Geplant ist eine skalierbare Wohnform, bei der die kleinste Wohnung von 35 Quadratmetern das Grundmodul darstellt und mit anderen Wohnungen kombinierbar sein soll. Das Konzept sieht so vor, dass man die Wohnungsgröße den eigenen Lebensumständen - von Singlehaushalt über Familie bis hin zur Rente - anpassen kann.


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