Im Vorjahr gab's Rassismus-Vorwürfe: Bäcker Herrmann verkauft wieder dekorierte Faschingskrapfen
Die Faschingskrapfen-Deko der Bäckerei Herrmann wurde im Vorjahr zum Politikum. Die Antidiskriminierungsstelle Heilbronn hatte diese angeprangert. Droht jetzt ein neuerlicher Eklat?

In den Filialen der Bäckerei Herrmann in den Heilbronner Stadtteilen Sontheim und Böckingen liegen derzeit wieder bunt dekorierte Faschingskrapfen aus. Das mag manchen überraschen. Vergangenes Jahr hatte es einen öffentlichen Disput zwischen dem Inhaber der Bäckerei, Ralf Herrmann, und der Antidiskriminierungsstelle (Adi) Heilbronn gegeben. Die Heilbronner Stimme hatte darüber berichtet, und auch in den sozialen Netzwerken hatten Nutzer für die eine oder andere Seite Partei ergriffen. Was war passiert?
Bäckerei-Inhaber Ralf Herrmann hatte seine Krapfen in der Auslage mit kleinen Figuren dekoriert. Diese waren beispielsweise schwarz, trugen Baströcke und Knochenketten um den Hals. Das hatte eine Kundin auf den Plan gerufen, welche sich an die Antidiskriminierungsstelle Heilbronn wandte. In einem Schreiben wies die Adi den Bäcker darauf hin, dass mit den Figuren rassistische Stereotypen aus der Kolonialzeit reproduziert werden. Wie die Heilbronner Stimme damals berichtete, bat die Adi darum, die Dekoration "diskriminierungssensibel" umzugestalten, da diese auf einige Menschen verletzend wirken könnte.
Sind die Faschingskrapfen diskriminierend? Bäckerei Herrmann und Adi sind unterschiedlicher Meinung
Das Schreiben der Adi hält Ralf Herrmann nicht davon ab, die Krapfen dieses Jahr wieder anzubieten. "Ich sehe keinen Anlass dazu, die Krapfen nicht mehr zu verkaufen", sagt Herrmann gegenüber unserer Redaktion. "Ich habe letztes Jahr dazu gestanden und ich stehe dieses Jahr dazu." Für ihn steht fest: "Das ist keine Diskriminierung, das ist unsere Faschingstradition in Deutschland."
Von einer Trotzreaktion möchte er aber nicht sprechen. "Es geht nicht darum, die Adi zu ärgern", erklärt der 56-Jährige. "Wir brauchen die Adi, es gibt Diskriminierung in unserer Gesellschaft", betont er, fügt jedoch gleich hinzu: "Aber nicht bei solchen Faschingsköpfle." Ob er damit richtig liegt?
Seine Meinung stützt der Bäcker auf vielen positiven Mails, die er bekommen habe, unter anderem aus Afrika. "Das habe ich alles dokumentiert. Die Kunden sagen alle, ich soll weitermachen." Die Adi sei vergangenes Jahr nicht für ein klärendes Gespräch bei ihm vorbeigekommen, sagt Herrmann, er wäre aber zu einem solchen bereit gewesen.
Bäcker Herrmann verkauft wieder dekorierte Faschingskrapfen – Adi Heilbronn wurde dieses Jahr noch nicht alarmiert
Mirjam Sperrfechter von der Adi erklärt, in dem Schreiben aus dem vergangenen Jahr habe die Stelle ein Gesprächsangebot unterbreitet. "Er hat das Gesprächsangebot nicht angenommen. Ich habe nichts mehr von ihm gehört", sagt Sperrfechter. Dass die Bäckerei Herrmann nun wieder Krapfen mit Faschingsdekoration verkauft, tangiere die Adi aber nicht, so Sperrfechter. "Wir werden immer nur tätig, wenn jemand auf uns zukommt." Das sei in diesem Jahr bisher nicht geschehen. "Natürlich wäre es schön gewesen, wenn der Bäcker die Krapfen nicht mehr verkauft, aber wenn er es trotzdem tut, ist es seine Sache."
Die Antidiskriminierungsstelle war zuletzt auch Thema im Gemeinderat, besonders was die Zuschüsse angeht, die die Stelle erhält. Von mancher Seite war zudem die Frage aufgekommen, ob die Adi in der heutigen Zeit überhaupt sinnvoll ist. Für Mirjam Sperrfechter lautet die Antwort ganz klar: ja! Von 47 Einzelberatungen seien zwei in der Öffentlichkeit diskutiert worden. Die anderen 45 seien zur Zufriedenheit aller über die Bühne gegangen, berichtet sie. "Wir sind nicht der Öffentlichkeit verpflichtet, sondern den Ratsuchenden", stellt sie klar.
Bundesweite Aufmerksamkeit für Heilbronner Faschingskrapfen – Focus Online berichtet
Der "Hype" des Vorjahres, wie Herrmann es nennt, sei ihm eher unangenehm gewesen. Der Krapfen-Disput wurde unter anderem vom damaligen AfD-Politiker und Stadtrat Michael Seher in den sozialen Netzwerken geteilt. Zwei Vertreter der Partei sollen sich damals auch direkt bei ihm gemeldet haben, berichtet Herrmann. "Ich will damit nichts zu tun haben. Ich bin nicht rassistisch und nicht rechts", sagt er.
Die Aufregung um die Faschingskrapfen schlug auch überregional Wellen. Zuletzt berichtete "Focus.de" über den Vorfall und nahm auch andere Aktionen in den Blick, bei denen die Adi auf Diskriminierung hingewiesen hatte. Im vergangenen November warb die Heilbronner Tanzschule "Steps" mit einem Plakat für die Ballettveranstaltung "Das hässliche Entlein". Darauf waren drei gelbe Enten und eine schwarze Ente zu sehen.
Mirjam Sperrfechter lässt sich von der Focus-Berichterstattung nicht verunsichern. "Die sind ein bisschen hinterher. In dem Artikel steht ja nichts Neues", sagt sie. Aus der ganzen Aufmerksamkeit zieht sie auch Positives. Die Mitarbeiter der Adi hätten viel positiven Zuspruch bekommen und die Beratungszahlen seien nach oben gegangen. "Das war natürlich Werbung für uns", sagt Sperrfechter. Einige Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, seien durch die Berichterstattung erst auf dieses Angebot aufmerksam geworden, und können es nun wahrnehmen.