Schwarzes Entlein auf Plakat: Antidiskriminierungsstelle steht nach Beschwerde in der Kritik
Die Heilbronner Antidiskriminierungsstelle (Adi) nimmt eine Tanzschule wegen vermeintlich rassistischer Plakatwerbung ins Visier. Inhaber und Publikum reagieren mit Unverständnis, Stadträte üben heftige Kritik am Vorgehen der Adi.

Drei gelbe Entchen, die in einer Reihe nach rechts schwimmen, ein schwarzes Entchen, das nach links schwimmt – die Tanzschule Steps und die 160 Schüler hatten sich ein putziges Motiv ausgesucht, um für ihre Auftritte am 25. und 26. November im Großen Haus des Heilbronner Theaters zu werben. Auf dem Spielplan stand eine moderne Ballettaufführung des Stücks "Das hässliche Entlein", für das die Schüler monatelang geprobt hatten. Die Akteure im Alter zwischen fünf und 60 Jahren erzählen die Geschichte "tänzerisch, in einer Mischung aus Ballett, Contemporary, Hip-Hop, Jazz und Modern Dance", heißt es in der Einladung der Tanzschule. Das Plakat hing auch an mehreren Straßen in der Stadt aus.
Doch während Schüler, Eltern, Trainer und die Inhaber der Tanzschule auf den Premierensamstag hin fieberten, ergriff die Heilbronner Antidiskriminierungsstelle (Adi) die Initiative. Susanne Leute erreichte ein überraschender Anruf einer Mitarbeiterin der Stelle, die beim Verein Stadt und Kreisjugendring angesiedelt ist. "Die Frau hat mir gesagt, dass das Plakat gar nicht geht und hat mich aufgefordert, mich zu entschuldigen", schildert die Geschäftsführerin der Tanzschule. Sie sei nach dem Telefonat regelrecht geschockt gewesen, sagt Leute.
Heilbronner Tanzschule Steps bekommt anonyme Mails mit üblen Angriffen
"Wir haben keine Sekunde daran gedacht, dass das Plakat anstößig sein könnte", versichert sie. "Auch Eltern die von dem Vorgang erfahren haben, waren völlig überrascht", sagt Leute. Schon zuvor hatte die Tanzschule zwei anonyme Mails mit üblen Angriffen bekommen. "Euer Plakat strotzt nur so von Rassismus", heißt es in einem der Schreiben, das der Redaktion vorliegt. Der Schreiber, der sich in der Mailadresse salaadin nennt, behauptet, dass er Anzeige erstattet habe und droht, die Bild-Zeitung einzuschalten.
Das Schreiben habe sie nicht so ernst genommen, so Leute. Sie habe sich auch lange überlegt, ob sie den Anruf der Adi überhaupt thematisieren solle. Schließlich entschuldigte sie sich bei der Begrüßung des Publikums vor der Vorstellung, falls sich jemand durch das Plakat verletzt fühle, was zu Irritationen unter den Besuchern führte.
Antidiskriminierungsstelle Heilbronn verweigert Antworten zum Vorfall
Die Antidiskriminierungsstelle, die in diesem Jahr schon bei ihren Aktionen gegen einen Heilbronner Bäcker wegen seiner Faschingskrapfen und ihrer Kritik an einer Aufführung im Heilbronner Theater für Wirbel gesorgt hatte, wollte sich auf wiederholte Nachfrage inhaltlich nicht zu dem Vorfall äußern, den sie aber bestätigte. "Wir waren in Kontakt mit der Tanzschule Steps", schreibt Mirjam Sperrfechter. "Wir werden Anlass, Art und Inhalt dieses Kontaktes nicht an Außenstehende weitergeben, wir sind zuallererst dem Schutz der ratsuchenden Person verpflichtet", schreibt die Leiterin des Stadt- und Kreisjugendrings weiter.
Dass es sich bei der Leiterin der Tanzschule nicht um eine ratsuchende Person handelt, der Fall längst öffentlich ist und die Presse kein Außenstehender ist, ignoriert sie völlig. Auch Fragen, auf welcher rechtlichen Basis die Adi agiert und was sie an dem Plakat stört, lässt Sperrfechter unbeantwortet.
Diskussion über Zuschüsse für Antidiskriminierungsstelle Heilbronn
Nach den genannten Vorfällen war die Antidiskriminierungsstelle, die vom Land sowie von der Stadt und dem Landkreis Heilbronn finanziert wird, zuletzt auch Thema im Heilbronner Gemeinderat. Unter anderen möchten CDU und FDP die rechtliche Grundlage klären, auf der die Adi agiert. Der jüngste Fall bestärkt die Fraktionen in ihrer Meinung. "Moralisierend, undifferenziert, abgehoben – mit dieser Vorgehensweise leistet die Antidiskriminierungsstelle dem an sich wichtigen Anliegen einen Bärendienst", betont der FDP-Fraktionsvorsitzende Nico Weinmann.
Christoph Troßbach verurteilt den Vorgang aufs Schärfste. "Die Adi drängt uns mal wieder ungefragt ihre Privatmeinung auf und belegt unschuldige Menschen mit dem Stigma der Diskriminierung. Einen öffentlichen Diskurs macht sie so unmöglich," sagt der CDU-Stadtrat. "Ich sehe mich in unserem Vorhaben bestärkt, die Zuschüsse einzufrieren oder gar völlig zu streichen, bis die Adi rechtsstaatliche Prinzipien akzeptiert", sagt Troßbach.
Für Susanne Leute, die sich mit ihrer Geschäftsführerkollegin Iris Joachim über zwei ausverkaufte Vorstellungen und viel Lob freuen konnte, ist der Fall "paradox". "In unserem Stück thematisieren wir ja gerade Ausgrenzung", betont sie. Und am Ende wird auch im Ballett, das auf dem gleichnamigen Märchen von Hans Christian Andersen basiert, aus dem vermeintlich hässlichen Entchen ein stolzer Schwan.