Was kostet die Heilbronner Seilbahn? Pariser Projekt könnte Hinweis geben
Heilbronn will den KI-Innovationspark Ipai mit einer Seilbahn an die Innenstadt anbinden. Über die Kosten schweigen die Beteiligten. Hinweise könnte ein ähnliches Projekt in Paris geben.
Harry Mergel will nicht den „Fluch der ersten Zahl“ riskieren. Bei einem Forum der Heilbronner Stimme wurde Heilbronns Oberbürgermeister kürzlich auf die möglichen Kosten der Seilbahn angesprochen, die den Ipai im Stadtteil Neckargartach über den Innovationspark Wohlgelegen und den Bildungscampus mit der Innenstadt verbinden sollen. Mergel nennt im aktuellen frühen Projektstadium keine Details und verweist auf Erfahrungen mit der Buga-Brücke.
Das Bauwerk mit der charakteristischen Blitz-Form verbindet den Hauptbahnhof mit dem neuen Stadtteil Neckarbogen. Die Brücke sollte ursprünglich um die sieben Millionen Euro kosten, letztlich waren es fast 19 Millionen Euro.
Wie teuer wird die Seilbahn in Heilbronn? Kaum offizielle Zahlen bekannt
Erfahrungen aus anderen Projekten zeigen, dass bei Seilbahnen 20 bis 30 Millionen Euro je Streckenkilometer realistisch sein könnten. Für die knapp 4,7 Kilometer in Heilbronn ergäbe das annähernd 100 Millionen Euro. Experten warnen aber vor Spekulationen und weisen darauf hin, dass die Rahmenbedingungen bei jedem Seilbahnprojekt andere sind.

Die einzige Zahl, die in dieser Hinsicht zum Heilbronner Vorhaben bekannt ist: Der sogenannte „Kapitaldienst für ortsfeste Infrastruktur“ wird in der ersten Bewertung eines Fachbüros mit knapp 2,3 Millionen Euro pro Jahr angegeben. Investitionen in die Infrastruktur werden je nach Nutzungsdauer der einzelnen Anlagenteile in jährliche Kosten für Abschreibung und Verzinsung umgerechnet – eben den Kapitaldienst.
Was teuer wird Heilbronns Seilbahn? Pariser Projekt könnte Hinweis liefern
Vergleiche mit anderen Vorhaben – etwa der geplanten Seilbahn in Bonn, die einen ganz ähnlichen Kapitaldienst ausweist – verbieten sich. Bonn hat auf Basis der Preise von 2019 kalkuliert. Zu groß ist die Zahl der Variablen wie Baukostenentwicklung, Finanzierungsbedingungen und Eigenheiten der jeweiligen Bahnen. Einen Fingerzeig könnte aber die Seilbahn C1 in Paris liefern. Sie verbindet die Créteil und Villeneuve-Saint-Georges im Südosten der französischen Hauptstadt miteinander.
Der Bau ist weit fortgeschritten, die Eröffnung soll Ende 2025 gefeiert werden. Dabei gibt es viele Parallelen zum Heilbronner Vorhaben. In beiden Fällen gibt es fünf Haltestellen. Die Stationen gelten als besonderer Kostenbetreiber. Die Streckenlänge ist mit 4,5 und 4,7 Kilometer ähnlich. In beiden Fällen sollen die Kabinen je zehn Passagiere fassen. C1 ist auf 1600 Personen pro Stunde ausgelegt, in Heilbronn sind es 1500. Freilich soll C1 mit 105 Kabinen durch die Lüfte gondeln – gegenüber 77 in Heilbronn.
Seilbahnen in Heilbronn und Paris: Parallelen und Unwägbarkeiten
Die Kosten für C1: 138 Millionen Euro inklusive der Kabinen. Viele Parallelen, viele Unwägbarkeiten. Ob das die Größenordnung für Heilbronn ist, bleibt offen. Ziemlich sicher: Für die Stadt Heilbronn könnte das Vorhaben zum Schnäppchen werden, auch wenn letztlich immer der Steuerzahler die Zeche begleicht.
Urbane Seilbahnen wurden 2022 in das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz aufgenommen und sind als förderfähige Vorhaben anerkannt. Bei einer Mindestgröße von 30 Millionen Euro können sie mit bis zu 75 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten im GVFG-Bundesprogramm gefördert werden. Mit Länderförderung können es bis zu 95 Prozent sein. Wären tatsächlich 138 Millionen Euro wie in Paris die Hausnummer, blieben für die Stadtkasse weniger als sieben Millionen.
Planer betonen, dass für Heilbronn Alternativen wie eine Stadtbahn zum Ipai geprüft worden seien, die Seilbahn aber als wirtschaftlichere Lösung abschneide. Trotzdem entzündet sich an dem Projekt heftige Kritik, zuletzt vom ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland (VCD). Derweil verweisen Experten darauf, das nicht nur die Höhe der Investition maßgeblich ist, sondern die Frage, ob der Nutzen die Kosten rechtfertigt – so wie zuletzt Dominik Berndt, Geschäftsführer des Unternehmens Cable Car World GmbH, im Gespräch mit der Heilbronner Stimme.
Seilbahnen als Verkehrsmittel: So werden Kosten und Nutzen verglichen
Die Berechnung des Nutzens erfolgt bei Verkehrsprojekten nach einem Standardverfahren. So werden etwa Fahrgastnutzen, Unfallfolgekosten, Flächenverbrauch und Schadstoffemissionen in Euro-Beträgen bewertet. Unter dem Strich ergibt sich nach der ersten Berechnung, dass der Nutzen im Heilbronner Fall die Kosten mit dem Faktor 1,27 überwiegt. Das ist kein überragender, aber ein ordentlicher Wert. Und er wäre ausreichend, um Fördergelder von Bund und Land zu bekommen.
Die Seilbahn C1 ist das erste Projekt dieser Art in der französischen Hauptstadtregion. Es soll Ende 2025 fertig sein und vier Kommunen im Pariser Südosten miteinander verbinden sowie den Anschluss an andere Verkehrsmittel wie die Métrolinie 15 herstellen. Die Detailplanungen begannen 2019, der Bau 2022. Die Projektbetreiber sehen ökologische Vorteile gegenüber anderen Verkehrsmitteln, unter anderem weil die Eingriffe am Boden vergleichsweise gering seien. 30 Betonstützen tragen die Konstruktion über die komplette Länge.
Mit fünf Stationen und rund 4,5 Kilometer Streckenlänge ist C1 in diesen Punkten vergleichbar mit dem, was in Heilbronn geplant ist. Die C1-Gondeln sollen eine Fahrzeit von 18 Minuten je Richtung brauchen. Im südfranzösischen Toulouse ist bereits eine urbane Seilbahn, genannt Téléo, in Betrieb. Sie hat allerdings nur drei Stationen, wesentlich größere Kabinen und sie überwindet einen Fluss und einen Hügel in der Peripherie der Stadt.