Stimme+
Weniger Traditionsbetriebe
Lesezeichen setzen Merken

Metzgerei-Sterben in Heilbronn: "Wir wären pleite gegangen"

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Nach und nach sind viele Traditionsbetriebe aus Heilbronn verschwunden. Die verbliebenen Metzgereien berichten, wo die Probleme liegen und wie sie sich für die Zukunft aufstellen.


Externer Inhalt

Dieser externe Inhalt wird von einem Drittanbieter bereit gestellt. Aufgrund einer möglichen Datenübermittlung wird dieser Inhalt nicht dargestellt. Mehr Informationen finden Sie hierzu in der Datenschutzerklärung.

Metzgereien werden rar in Heilbronn. Zuletzt gab es immer wieder Schlagzeilen, weil langjährige Traditionsbetriebe für immer ihre Türen schlossen. Klumpp, Wirth, Reinwald und Nothwang haben nacheinander ihr Geschäft aufgegeben. Zuletzt verkündete die Metzgerei Hermann Berg in Biberach nach 160 Jahren ihr Aus

"Die Heilbronner Situation ist schon ungewöhnlich", findet Werner Häfele. Der 70-Jährige ist Seniorchef der gleichnamigen Kette, die ihren Sitz in Winnenden hat. Im Sommer übernahm der Familienbetrieb die Reinwald-Filiale in der Heilbronner Kernerstraße. Die Nachfolge zu sichern, gelingt aber oft nicht.

Metzgereien in Heilbronn haben Nachwuchsprobleme

Hört man sich bei den verbliebenen Metzgereien um, klagen diese besonders über Nachwuchsprobleme. Es kommen keine jungen Leute mehr nach, die den Job machen wollen, sagt etwa Christian Geiger. Der 35-Jährige hat mit seinen Brüdern die Nachfolge seines Vaters angetreten. Neben dem Hauptgeschäft in Nordheim betreiben sie eine Filiale am Marktplatz in Heilbronn. Zudem bieten sie Catering an und richten Events aus. Arbeit am Abend und am Wochenende geht damit zwangsläufig einher. Junge Leute sind dazu oftmals nicht mehr bereit, schildert Geiger seine Erfahrungen. 

Thomas Klein führt eine Metzgerei im Stadtteil Horkheim. Personal zu finden, sei schwierig. Er schufte oft zehn Stunden an sechs Tagen die Woche.  Das sei zu viel. "Das will ich meinen Leuten nicht zumuten", sagt der 48-Jährige. Auch die Nachfolge wolle er seinen Kindern nicht aufbürden. "Wir machen tolle Produkte, aber sie sind mit Liebe und Mühe gemacht."

Metzgerei Häfele macht sich zukunftssicher – mit Azubis aus Zimbabwe

Bei Werner Häfele ist die Nachfolge gesichert. Drei seiner vier Söhne seien in der Firma, ein Enkel nehme bald ein Foodmanagement-Studium in Heilbronn auf. "Aber wir sind eine Ausnahme", betont Häfele. Heutzutage hätten die Kinder der Metzger häufig eine höhere Schulbildung und wollen die körperlich schwere Arbeit nicht mehr verrichten. "Da kann ich vier, fünf Beispiele nennen", sagt Häfele. Den Mangel an Fachkräften gleiche man aus, indem man einfach mehr arbeite. 

Um seinen Betrieb zukunftssicher zu machen, hat er jüngst 15 Auszubildende aus Zimbabwe eingestellt. Ausbildungsplätze in Deutschland seien dort sehr gefragt, für viele ist es die Chance ihres Lebens. Er achte darauf, dass die jungen Männer in ihrer Heimat Deutsch auf B1-Level gelernt haben. So können sie die Berufsschule besuchen. Außerdem ist das afrikanische Land christlich geprägt – die Arbeit mit Schweinefleisch ist also kein Problem.

Für Werner Häfele geht diese Maßnahme mit großem persönlichen Engagement einher, aber es ist eine Investition in die Zukunft. Wenn in sechs bis acht Jahren seine Leistungsträger in Rente gehen, kommen gut ausgebildete Fachkräfte nach. 

Hohe Kosten stellen Heilbronner Metzgereien vor Herausforderungen

Für viele Metzgereien hakt es auch am Geld. Nicht nur die Personalkosten sind hoch, auch die Energiekosten für die Produktion. Thomas Klein hat sich mit einer eigenen Photovoltaik-Anlage auf dem Dach ausgerüstet. Aber das müsse sich erstmal entwickeln, bis es sich rentiert, sagt er. Mittlerweile hätten sich die Energiepreise wieder einigermaßen beruhigt, erklärt Werner Häfele. Besonders zu Beginn des Ukrainekriegs seien die Kosten aber eine Katastrophe gewesen. "Wenn das so weiter gegangen wäre, wären wir pleite gegangen."

Konkurrenz gibt es auch durch die Fleischtheken in Einkaufsmärkten wie Edeka und Rewe. Diese seien ein Besuchermagnet, sagt Christian Geiger. Seiner Einschätzung nach werden die Kunden mit günstigen Preisen an die Theke gelockt, der Gewinn werde aber mit anderen Produkten gemacht. Kleinere Metzgereien müssen aber im Gegensatz dazu am Fleisch selbst verdienen. Zudem könnten Discounter ihr Angebot in größeren Mengen einkaufen als eine einzelne Filiale.

Aber auch den Fleischtheken im Supermarkt gehe es tendenziell schlechter, schätzt Werner Häfele. Dort gebe es ebenfalls massive Personalprobleme, und die Öffnungszeiten seien oft entsprechend kürzer. 

Metzgerei Geiger stellt Produktpalette breiter auf

Christian Geiger bleibt trotz allem optimistisch. In seinem Familienbetrieb habe er das Angebot angepasst, die Produktpalette sei nun breiter. Neben Frühstück und Mittagstisch gebe es zum Beispiel ein Steak Tasting. Das Erlebnis stehe mehr im Fokus. Auch im Internet und den Sozialen Netzwerken präsentiert sich das Lokal modern. "Wenn sich kleine Metzgereien gut aufstellen, haben wir trotzdem eine gute Zukunft", sagt er.


Gastro Abonnieren Gastro Abonnieren
Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben