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„Schmuckstück“ oder Verkehrschaos?
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Ditib-Kulturzentrum mit Moschee kann kommen – so diskutierten die Heilbronner Gemeinderäte

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Der Heilbronner Gemeinderat hat entschieden: Die türkisch-islamische Ditib-Gemeinde kann an der Weinsberger Straße ein Kulturzentrum mit Moschee bauen. So äußern sich die Parteien zum Projekt.


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Der Weg für den Neubau eines modernen Kulturzentrums mit Moschee an der Weinsberger Straße in Heilbronn ist frei: Der Gemeinderat hat am Donnerstag in geheimer Abstimmung den entsprechenden Bebauungsplan bei 24 Ja- und 12 Nein-Stimmen sowie zwei Enthaltungen beschlossen. Damit ist das notwendige Baurecht, das bislang nicht bestand, geschaffen.  

Weg für Moschee-Neubau in Heilbronn frei – Ditib verzichtet auf Gastronomie und Einzelhandel 

Bereits seit mehr als 30 Jahren befindet sich an der Weinsberger Straße eine Moschee der türkisch-islamischen Ditib-Gemeinde. Die Gebäude gegenüber dem K3 sind jedoch in einem schlechten Zustand. Sie sollen abgerissen und durch einen fünfgeschossigen Neubau ersetzt werden. Dieser sieht ein Kulturzentrum mit Moschee, Vereins- und Schulungsräumen, Büroflächen und zwei Wohnungen vor. Auf die ursprünglich vorgesehenen Flächen für Gastronomie und Einzelhandel wird verzichtet. 

So soll der Moschee-Neubau nach den Plänen des Heilbronner Architekturbüros Müller einmal aussehen. Skizze: Architekturbüro Müller
So soll der Moschee-Neubau nach den Plänen des Heilbronner Architekturbüros Müller einmal aussehen. Skizze: Architekturbüro Müller  Foto: nicht angegeben

Zur Weinsberger Straße springt der Neubau im Erdgeschoss um neun Meter zurück, sodass ein Vorplatz entsteht. Die Obergeschosse schieben sich dagegen um drei Meter über das Erdgeschoss hinaus, wodurch ein überdachter Bereich zum Ein- und Aussteigen beziehungsweise Be- und Entladen geschaffen wird. Zusätzlich wird entlang der Weinsberger Straße ein begrünter Streifen angelegt, der die bestehenden Bäume besser zur Geltung bringen soll.

Moschee-Neubau in Heilbronn: Minarett ohne Funktion und eine Tiefgarage

Im nördlichen Bereich des Grundstücks befindet sich ein Minarett als Wahrzeichen der Moschee. Wie es in der Gemeinderatsdrucksache heißt, ist dieses Minarett nur ein bauliches Element und wird nicht, wie in muslimischen Ländern üblich, funktional genutzt. 

Die Gebäude der Ditib-Moschee sollen jetzt durch einen Neubau ersetzt werden.
Die Gebäude der Ditib-Moschee sollen jetzt durch einen Neubau ersetzt werden.  Foto: Seidel, Ralf

Für Besucher entsteht eine Tiefgarage mit 35 Stellplätzen. Die Zufahrt ist aus der Weinsberger Straße nur aus östlicher Richtung möglich, die Ausfahrt erfolgt nur in westliche Richtung. Die Zufahrt zur Tiefgarage ist nach 22 Uhr bis 6 Uhr morgens geschlossen.

Neubau der Moschee soll städtebauliche Situation in Heilbronn verbessern

„Positive Impulse“ für die Integration erwartet Thomas Randecker, Vorsitzender der CDU-Gemeinderatsfraktion, von dem neuen Kulturzentrum. Das Projekt sei in den letzten Jahren in die richtige Richtung weiterentwickelt worden.

Wichtig ist ihm, dass das Gebäude integrativ in die Stadtgesellschaft hineinwirke. Von einem „vorbildlichen Prozess“, an dessen Ende nun ein ordentlicher Bebauungsplan stehe, sprach SPD-Stadtrat Erhard Mayer. Er ist sicher, dass sich mit dem Neubau die städtebauliche Situation an dieser Ecke verbessert.

Einen flammenden Appell für das Kulturzentrum hielt Ferdi Filiz (Grüne): „Die muslimische Gemeinde hat alles getan, um die Anforderungen zu erfüllen. Die Gebäude werden die Innenstadt städtebaulich aufwerten.“ Der AfD warf er vor, das Bauvorhaben nur durch die AfD-Brille zu bewerten. Musab Sarpkaya von den Freien Wählern sieht die Stadt in der Verantwortung, für alle Religionsgemeinschaften gute Rahmenbedingungen zu schaffen: „Dieser Schritt ist deshalb notwendig und richtig.“

Neues Kulturzentrum in Heilbronn soll „Kritiker Lügen strafen“

Die Frage, wie wir zusammenfinden können, rückte Nico Weinmann in den Mittelpunkt. Dabei sprach sich der FDP-Stadtrat klar gegen eine Zwei-Klassengesellschaft aus und sieht die Verpflichtung, muslimischen Mitbürgern angemessene Räume für ihren Glauben zur Verfügung zu stellen.

„Was mit dem Kulturzentrum gebaut wird, ist keine Schande, sondern ein Schmuckstück“, rief Malte Hölch (UfHN) in die Runde. Ditib riet er, nach der Fertigstellung des Kulturzentrums für einen reibungslosen Verkehrsablauf zu sorgen: „Strafen Sie die Kritiker Lügen.“

AfD übt Kritik an Neubauplänen: „Verkehrschaos programmiert“

Kritik an den Neubauplänen übte für die AfD-Fraktion Thomas Pappert. Aufgrund der geringen Stellplätze und des befürchteten Parksuchverkehrs bei erwarteten mehr als 400 Besuchern hält er den Standort für ungeeignet. Auch sieht er wegen der Nähe von Ditib zu Präsident Erdogan die Trennung von Kirche und Staat bei der Finanzierung nicht gegeben.

Grundsätzlich, versicherte Pappert, gehe es ihm nicht darum, einen Moschee-Neubau zu verhindern. Probleme mit dem Projekt hat auch Pro-Stadtrat Alfred Dagenbach: „Vieles wurde in der Vergangenheit heruntergespielt und verniedlicht.“ Der Neubau werde in eine Lücke gepresst und das Verkehrschaos sei programmiert. Er plädierte nochmals für das ehemalige Tierheim-Areal an der Wimpfener Straße als Standort.

Der lange Weg zum Moschee-Neubau an der Weinsberger Straße

Die ersten Entwürfe für den Neubau stammen von dem österreichischen Architekturbüro Bernardo Bader. Dieses Büro hatte 2014 einen internationalen Wettbewerb gewonnen. Inzwischen führt das Heilbronner Büro Müller Architekten das Projekt weiter. 

Ein früherer Bebauungsplanentwurf hatte im Gemeinderat insbesondere hinsichtlich der Verkehrsführung und der städtebaulichen Wirkung Bedenken ausgelöst. 2023 einigten sich die DITIB-Gemeinde, Vertreter des Gemeinderats und der Bauverwaltung auf eine überarbeitete Planung. Diese wurde in einem städtebaulichen Vertrag festgehalten. In einem Durchführungsvertrag sind unter anderem Fristen für die Umsetzung, Vorgaben zur Fassadengestaltung und der Nachweis für die Finanzierung festgehalten. jof


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